3.1 Schwebendes Geschäft

Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn Vertragspartner verpflichtende Verträge abgeschlossen haben, die auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind und die Leistung noch nicht (auch nicht teilweise) erbracht wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um

  • einen einmaligen Leistungsaustausch handelt, wie z. B. bei einem Kaufvertrag, Werkliefervertrag, Dienstleistungsvertrag, oder
  • ein Dauerschuldverhältnis, wie z. B. bei einem Arbeitsvertrag, Miet- und Pachtvertrag, Leasingvertrag, Kreditvertrag, oder
  • einen Sukzessivliefervertrag, bei dem Lieferungen in Teilleistungen erfolgen, z. B. bei der Lieferung von Strom, Gas und Wasser.

Regelmäßig ist davon auszugehen, dass sich bei der Erfüllung eines Geschäfts Leistung und Gegenleistung ausgleichen. Aus diesem Grund werden schwebende Geschäfte grundsätzlich nicht bilanziert (Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte).

Bei Geschäften, die am Bilanzstichtag schwebend sind, wie z. B. eine Bestellung, ein Mietvertrag oder eine Lieferzusage, gilt die Vermutung, dass sich bei der Erfüllung des Geschäfts Leistung und Gegenleistung ausgleichen.

3.2 Verluste aus schwebenden Geschäften

Schwebende Geschäfte wirken sich auf die Buchführung normalerweise erst aus, wenn der Schwebezustand beendet wird, weil die Leistung teilweise oder ganz erbracht wird. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte liegt jedoch dann vor, wenn einem bilanzierenden Kaufmann am Bilanzstichtag aus einem schwebenden Geschäft ein Verlust droht. D. h., aus seiner Sicht übersteigt der Wert seiner Verpflichtung den Wert der Gegenleistung (Verpflichtungsüberschuss).

Die Verpflichtung muss sich also aus einem Geschäft ergeben,

  • das der Unternehmer mit einem oder mehreren Vertragspartnern abgeschlossen hat und
  • er verpflichtet ist, den Vertrag vereinbarungsgemäß zu erfüllen, sodass
  • er sich dem Verlust nicht entziehen kann.

3.3 Ansatzpflicht in der Handelsbilanz

Drohende Verluste können sowohl sich aus einem schwebenden Vertrag zur Beschaffung von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen ergeben (sog. Beschaffungsgeschäfte) als auch aus Geschäften zur Veräußerung von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen (sog. Absatzgeschäfte).

Der Ansatz von Rückstellungen ist in § 249 HGB geregelt. Für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind gemäß § 249 Abs. 1 HGB Rückstellungen für drohende Verluste zu bilden (Passivierungspflicht). Das IDW hat die Bilanzierung von Drohverlustrückstellungen im Standard IDW RS HFA 4 konkretisiert.

3.4 Ansatzverbot in der Steuerbilanz

Im Gegensatz zur handelsrechtlichen Passivierungspflicht besteht nach § 5 Abs. 4a EStG steuerlich ein Passivierungsverbot für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

 
Hinweis

Drohverlustrückstellungen aus Bewertungseinheiten i. S. d. § 254 HGB sind auch in der Steuerbilanz zu bilden

Allerdings sieht § 5 Abs. 4a EStG eine (enge) Ausnahme für den Fall vor, dass sich drohende Verluste aus handelsrechlichen Bewertungseinheiten nach § 254 HGB ergeben. Hintergrund ist, dass handelsrechtlich gebildete Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz zu übernehmen sind. Die Bildung von Bewertungseinheiten ermöglicht die zusammenfassende Bewertung von Grund- und zugehörigen Sicherungsgeschäften. D.h. unter bestimmten Voraussetzungen können Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderung oder Zahlungsströme mit Finanzinstrumenten zusammengefasst werden.

Immer dann, wenn eine so gebildete Bewertungseinheit nicht zum vollständigen Ausgleich des Risikos führt, verbleibt ein Verpflichtungsüberschuss, der als Drohverlustrückstellung sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz auszuweisen ist.

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