Aber auch jenseits solcher Katastrophen kann die Anwendung von Global Sourcing bei jedem einzelnen Land typische Risiken bergen, welche sich im Laufe der Jahre dann auch wieder verändern können. So wurden bspw. von deutschen Unternehmen in der Zusammenarbeit mit chinesischen Lieferanten Probleme in folgenden Bereichen festgestellt:

  • Mängel bei Qualitätsmanagementsystemen, Einstellung zur Qualität und Prozessstabilität,
  • Anstieg der Löhne innerhalb von 10 Jahren um über 300 %,
  • Fluktuationsraten von bis zu 30 % pro Jahr (Deutschland ca. 5 %),
  • Rechtssicherheit nicht mit der in Deutschland vergleichbar,
  • zu wenig proaktive Kommunikation, Planungskompetenz und langfristige Orientierung sowie
  • fehlendes Know-how und Engineering.

Politische Risiken

Eine weitere Entwicklung ist, dass ab bestimmten Einfuhrumsätzen das importierende Unternehmen dafür eine Gegenleistung in Form von Kompensationen zu erbringen hat, damit das Land eine ausgeglichene Außenhandelsbilanz aufweisen kann.

 
Praxis-Beispiel

Kompensationskäufe im Argentinien-Handel

  • Da der BMW-Konzern in Argentinien keine Produktionswerke besitzt, kaufte BMW in Argentinien Reis, Leder und Autoteile, um die Pkw-Verkäufe nach Argentinien zu kompensieren. Die argentinische Regierung hielt monatelang bestellte BMW-Fahrzeuge im Zoll fest. Der BMW-Absatz brach in dieser Zeit um 44 % ein.
  • Der Hyundai-Konzern kompensiert seine Importe durch den Export von Erdnüssen.
  • Porsche, welches ein eigenes Weingut in Argentinien besitzt, will für jeden nach Argentinien exportierten Porsche mehrere tausend Liter Wein aus Argentinien exportieren.
  • Konzerne wie VW, Daimler und Ford haben durch bereits bestehende Werke in Argentinien weniger Problem mit der "Außenhandelsbilanz".

Die Devise, wer "im Land verkaufen will muss auch im Land produzieren", gilt nicht nur für Argentinien. Auch China verlangt bspw. den Aufbau einer lokalen Produktion und die Beteiligung von chinesischen Unternehmen als Zulieferer, wenn die importierenden Unternehmen keine hohen Einfuhrzölle für ihre Waren zahlen wollen.

In Tab. 1 werden die Chancen und Risiken von wichtigen Sourcing-Strategien aufgeführt.

 
Sourcing-Strategie Chance Risiko
Global Sourcing Ausnutzung von Konjunktur-, Wachstums- und Konjunkturschwankungen Weltweite kostengünstige Einkaufsmöglichkeiten, Risikoverteilung, Ausnutzung von Wechselkursschwankungen Transportrisiko, längere Reaktionszeit, Know-how-Verlust, andere Rechtssysteme, Währungsrisiko, andere Mentalität und Sprache
Local Sourcing
  • Kurze Transport- und Kommunikationswege
  • Just-in-Time möglich
  • Ökologisch nachhaltig
  • Flexibilität bei Änderungen
  • gleiche Mentalität, Sprache, Währung
Abhängigkeit von lokalen Gegebenheiten, höheres Preisniveau, zu enges Vertrauensverhältnis
Dual Sourcing Zwei Lieferanten im Wettbewerb, dadurch günstige Einkaufsbedingungen Risiko durch Ausfall eines Lieferanten
Multiple Sourcing Viele Lieferanten im Wettbewerb, dadurch günstige Einkaufsmöglichkeiten Hohe Bestellkosten und geringe Mengen pro Lieferant
Modular Sourcing
  • Verkürzung der Entwicklungszeiten
  • Weniger Lieferanten
  • Förderung gleichbleibender Qualität
  • Reduzierung der Logistikkosten
  • Gegenseitige Abhängigkeit
  • Lieferantenwechsel schwierig
  • Abgabe von Firmen-Know-how
Single Sourcing
  • Verkürzung der Entwicklungszeiten
  • Enge Zusammenarbeit
  • Geringe Bestell- und Transaktionskosten
  • Weniger Lieferanten
  • Zusammenarbeit über den gesamten Entwicklungszyklus
  • Geringe Flexibilität
  • Kurzfristiger Wechsel schwierig
  • Abhängigkeit von einem Lieferanten
  • Engpässe bei Ausfall des Lieferanten
  • Preisgabe von Firmen-Know-how

Tab. 1: Sourcing-Strategien und ihre Chancen und Risiken

Kostenvorteile häufig nur ex ante gegeben

Studien der Beratungsgesellschaft PwC ergaben, dass Global-Sourcing-Strategien oftmals teurer wurden als vorher geplant. Dabei wurde festgestellt, dass jedes vierte Handels- und Konsumgüterunternehmen den Kostenvorteil durch eine globale Beschaffung nicht beziffern kann. Zusätzliche Faktoren wie Steuern, Lieferausfälle und Informationstechnologien können zusätzliche Risikofaktoren darstellen.

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