Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einer solchen Tätigkeitsstätte[1] dauerhaft zugeordnet ist. Bei einer vorübergehenden Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte begründet er dort keine erste Tätigkeitsstätte. Die dauerhafte Zuordnung des Arbeitnehmers wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen oder Weisungen bestimmt.[2] Die Zuordnung muss sich auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers beziehen; dies ergibt sich aus dem Gesetzestext[3], der mit der beispielhaften Aufzählung darüber hinaus das Kriterium der Dauerhaftigkeit beschreibt.

 
Achtung

Zuordnung pro forma ist keine Zuordnung i. S. d. Gesetzes

Eine Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen (z. B. Personalaktenführung), ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung tätig werden soll, ist keine Zuordnung i. S. d. Gesetzes.[4]

Insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Arbeitnehmer-Ehegatten/Lebenspartnern und sonstigen, mitarbeitenden Familienangehörigen ist entscheidend, ob die getroffenen Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten.[5]

Soll der Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten tätig werden und ist er einer bestimmten Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser oder an den anderen Tätigkeitsstätten ausüben soll. Auch auf die Regelmäßigkeit des Aufsuchens dieser Tätigkeitsstätten kommt es dann nicht mehr an. Nicht mehr entscheidend ist zudem, ob an der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll. Ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer an der festgelegten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich geschuldet sind und zum Berufsbild gehören.[6]

Da die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers eindeutig sein muss, ist sie vom Arbeitgeber zu dokumentieren. In Betracht kommen hierfür z. B. Regelungen im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in Protokollnotizen, dienstrechtlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reiserichtlinien, Reisekostenabrechnungen, der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber als Nachweis seiner Zuordnungsentscheidung vorgelegte Organigramme. Neben der bereits genannten, arbeitsrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber, bedarf es keiner weiteren, explizit einkommensteuerrechtlichen Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte.[7]

Die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung des Arbeitgebers muss nicht zwingend im Dienst- oder Arbeitsvertrag festgehalten werden, sondern kann auch mündlich oder konkludent erfolgen, unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist. Eine Zuordnungsentscheidung ohne expliziter Dokumentation kann sich z. B. ergeben aus Tarifverträgen, Protokollnotizen, dienstrechtlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reiserichtlinien, Reisekostenabrechnungen, dem Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.[8]

Der Arbeitgeber kann dienst- oder arbeitsrechtlich nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat (Negativfestlegung). Er kann allerdings darauf verzichten, eine erste Tätigkeitsstätte dienst- oder arbeitsrechtlich festzulegen, oder ausdrücklich erklären, dass organisatorische Zuordnungen keine erste Tätigkeitsstätte begründen sollen. In diesen Fällen erfolgt die Prüfung, ob eine erste Tätigkeitsstätte gegeben ist, anhand der quantitativen Zuordnungskriterien.[9]

Der Arbeitgeber kann zudem festlegen, dass sich die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte nach den quantitativen Zuordnungskriterien[10] richtet. Im Ergebnis ist eine Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers mittels dienst- oder arbeitsrechtlicher Festlegung somit lediglich erforderlich, wenn er die erste Tätigkeitsstätte abweichend von den quantitativen Zuordnungskriterien festlegen will.[11]

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Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte kraft Zuordnung

Ein Außendienstmitarbeiter des Bezirks Nordbaden soll einmal wöchentlich an den Firmensitz in Freiburg fahren, dem er von Arbeitgeberseite zugeordnet ist. Seine Aufgabe am Firmensitz besteht in der Erledigung von Büroarbeiten und der Teilnahme an Besprechungen.

Aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung ist Freiburg die erste Tätigkeitsstätte für das Reisekostenrecht. Es bleibt unerheblich, dass der Außendienstmitarbeiter weit überwiegend in Nordbaden tätig ist.

Die Zuordnung erfordert eine auf Dauer angelegte Tätigkeit. Davon geht das Gesetz typisierend aus[12], wenn

  • der Arbeitnehmer unbefristet,
  • für die Dauer eines Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus

an einer betrieblichen Einrichtung tätig werden so...

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