Globale Produktion bringt zusätzliche Komplexität

Die Optimierung der kundenbezogenen Vertriebssteuerung muss insbesondere der Internationalisierung der Lenzing AG Rechnung tragen und die globale Aufstellung der Produktion berücksichtigen. Insgesamt verfügt die Lenzing AG über sechs Faser-Produktionsstätten, von denen sich 3 in Europa, davon 2 in Österreich und eine in Großbritannien, und jeweils eine in den USA, in Indonesien und in China befinden.

Nicht alle Produkte werden in jedem Standort hergestellt, die einzelnen Werke produzieren jedoch de facto jeweils für den globalen Markt. Das kann beispielsweise bei einzelnen Produktgruppen dazu führen, dass in Asien nicht nur Fasern aus dem chinesischen Werk, sondern auch aus Indonesien und Europa verkauft werden.

Um Kunden aus Konzernsicht sinnvoll miteinander vergleichen zu können, bedarf es einer einheitlichen Berechnungsgrundlage über die verschiedenen Produktionsstätten hinweg. Der von der Lenzing AG gewählte Ansatz von global einheitlichen Standardkosten zur Harmonisierung der Produktionsstückkosten in den unterschiedlichen Werken wird im zweiten Teil des vorliegenden Kapitels vorgestellt.

2.2.1 Vertriebssteuerung zur Optimierung der Kundenprofitabilität

Kundenprofitabilität zur Vertriebssteuerung

Um die zuvor beschriebene Steuerung des Vertriebs aus der Produktsicht zu ergänzen, führt die Lenzing AG zusätzlich eine Bewertung ihrer Kunden hinsichtlich deren Profitabilität durch. Zur Beurteilung der Kundenprofitabilität kommt ein dynamisches Verfahren zum Einsatz. Abb. 4 im vorigen Kapitel gibt einen Überblick über die Berechnung der Kundenprofitabilität und der zugrundeliegenden Annahmen.

Eine zusätzliche Betrachtung der Kundenprofitabilität neben der Produktprofitabilität ist notwendig, da so kundenindividuelle Komponenten, wie z. B. Deckungsbeitragseffekte aus Produktmix, Service-Kosten für den Kunden, u. Ä. berücksichtigt werden. Nur so können kundenspezifische Vertriebsentscheidungen gesamthaft beurteilt werden (Beispiel: Beurteilung, inwieweit bei einem Kunden Preisnachlässe in einer Produktgruppe durch höhere Deckungsbeiträge bei anderen Produktgruppen überkompensiert werden können).

Da die Verkaufspreise – vor allem getrieben durch die Weltmarktentwicklung – und damit die Deckungsbeiträge unterjährig schwanken, wird der Kunden-Deckungsbeitrag relativ zu anderen Kunden in derselben Region, also als Peer Group betrachtet. So kann die Profitabilität einzelner Kunden besser beurteilt und die Vertriebsperformance akkurater gemessen werden, da Verbesserungen oder Verschlechterungen der Weltmarktpreis-Entwicklung nivelliert werden.

Typische steuerungsrelevante Fragestellungen einer strukturierten Marktbearbeitung können anhand der Kunden-Deckungsbeiträge anschaulich in einem Portfolio aus Umsatz und Deckungsbeitrag diskutiert werden (s. Abb. 4).

Abb. 4: Übersicht – Typische Steuerungsfragen anhand Kundenprofitabilität

Neben den erwähnten Beurteilungskriterien fließt auch die strategische Bedeutung des jeweiligen Kunden bei der Beantwortung der steuerungsrelevanten Fragestellungen ein.

2.2.2 Verwendung von Standardkosten in der Vertriebssteuerung

Standardkosten als einheitliche Berechnungsgrundlage

Damit im Rahmen des global gesteuerten Vertriebs die Profitabilität von Kunden aus unterschiedlichen Regionen sinnvoll miteinander vergleichen werden kann, bedarf es einer einheitlichen Berechnungsgrundlage der Produktionsstückkosten über die verschiedenen Werke hinweg. Zu diesem Zweck hat die Lenzing AG den Ansatz von global einheitlichen Standardkosten zur Harmonisierung der Produktionsstückkosten je Produktgruppe gewählt. Somit werden Kunden aus Deckungsbeitragssicht nicht dafür "belohnt" oder "bestraft", von welchem Werk sie ihre Fasern beziehen.

Die Entscheidung für das optimale Produktionsprogramm und die Allokation von Mengen auf Regionen wird im Sinne eines globalen Optimums im Sales & Operations Planning Prozess basierend auf den standortspezifischen Standardkosten getroffen und kann und soll damit auch nicht vom einzelnen Sales Manager beeinflusst werden.

Standardkostensatz als Basis zur Ermittlung der Kundenprofitabilität

Die globalen Standardkosten für die unterschiedlichen Fasern stellen dabei gewissermaßen einen global einheitlichen Kostensatz für das Produkt dar, den der Kunde unabhängig von seiner Region und dem liefernden Werk beziehen kann. Rechnerisch findet konzernweit eine Vereinheitlichung des Kostensatzes pro Produktgruppe statt, indem die unterschiedlichen Kostensätze über alle Werke hinweg auf einen gewichteten Durchschnitt angepasst werden. Dadurch ergibt sich ein konzernweiter einheitlicher Stückkostensatz, der als Grundlage für die Beurteilung der Kundenprofitabilität herangezogen werden kann. Durch diese Harmonisierungsmaßnahme ist die abschließende Beurteilung der Kundenprofitabilität unabhängig von dem tatsächlich zuliefernden Werk innerhalb des Konzerns. Unterschiedliche Zusatzkosten, wie beispielsweise für den Transport oder Zahlungskonditionen, sind bereits in den Nettoerlösen berücksichtigt.

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