Kennzahlen sind ein wichtiges Instrument, um sich einen grundlegenden Überblick über die Stärken und Schwächen eines Unternehmens zu verschaffen. Sie helfen dabei, fundierte operative und strategische Entscheidungen zu treffen. Besonders für die Krisendiagnostik sind sie geeignet, Ursachen herauszufiltern und Empfehlungen für Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Kennzahlen sollten nur im Verbund beobachtet werden

Dennoch sind Kennzahlen kein Allerheilmittel für die Analyse der Unternehmensentwicklung. Der Aussagegehalt einzelner Kennzahlen ist begrenzt. Entscheidend ist der Gesamtkontext, in dem die Kennzahlen betrachtet werden. Die Entwicklung spezieller Kennzahlen bekommt erst dann Gewicht, wenn man sie mit dem Inhalt anderer Kennziffern vergleicht.

Qualität der Finanzbuchhaltung entscheidend

Die Botschaft von Kennzahlen ist außerdem stark abhängig von der Qualität der Finanzbuchhaltung. Abgrenzungsungenauigkeiten führen auch zu Unschärfen bei der Kennzahlen-Analyse. Dies ist häufig in mittelständischen Unternehmen zu beobachten.

Im Fallbeispiel hätte eine regelmäßige Kennzahlenanalyse folgende Aussagen über die Ursachen der Krise getroffen werden:

  • Die Geschäftsführung hat es versäumt, im Wachstumsprozess die Strukturen des Unternehmens anzupassen. Trotz Anstieg der Umsätze auf das Fünffache wurden keine Maßnahmen ergriffen, Aufgaben zu delegieren. Die Personalquote hat dies bereits frühzeitig erkennen lassen.
  • Die Geschäftsführung hat die strategische Entscheidung getroffen, zugunsten höherer Margen außereuropäische Auslandsgeschäfte zu implementieren. Die bewährten Zahlungsmodalitäten mussten aufgegeben werden, dadurch erhöhte sich das Ausfallrisiko deutlich. Die Kennzahlen zum Working Capital zeigen das deutlich auf.
  • Die Firmenleitung hat wesentlichen Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen. Ein betriebswirtschaftliches Konzept für das Wachstum gab es nicht. Die Aufzeichnung von Kennzahlen hätte den kaufmännischen Blick geschärft.
  • Auf Grund von sich verbessernden Liquiditätszuflüssen hat der Inhaber in das Unternehmen investiert, ohne über den tatsächlichen Bedarf und eine optimale Finanzierungsstruktur nachzudenken. Es wurden Wirtschaftsgüter angeschafft, die nicht primär auf die Unternehmensziele abgestimmt waren. SbA-Quote, Fremdkapitalquote, Anlagendeckung, Verschuldungsgrad wären nützliche Indikatoren für ein konzeptionelles Wachstum gewesen.
  • Es bestand keine sorgfältige Trennung zwischen den Geschäftsbereichen Verleih und Verkauf; so kam es zu Ungenauigkeiten im Kalkulationsmodell. Ein Blick auf die Materialquote mitsamt ihrer gravierenden Schwankungen hätten hier vielleicht rechtzeitig selbstkritische Fragen zur Änderung des Geschäftsmodelles aufgeworfen.

Ohne kaufmännisches Verständnis nützt Kennzahlenanalyse wenig

Abschließend ist noch anzumerken, dass die Aufzeichnung von Kennzahlen nicht zwingend im dargestellten Umfang zu betreiben ist. Für die meisten Unternehmen genügt es bei normalem Geschäftsverlauf, sich auf wenige Kennzahlen zu konzentrieren. Nur dann, wenn sie sich deutlich verändern oder sich Sondereffekte (Auftragseinbrüche, Wachstumsprozesse, neue Geschäftsfelder, Liquiditätsengpässe) einstellen, sollte tiefer in die Kennzahlenanalyse eingegangen werden.

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