Zur Identifikation neuartiger Risiken können externe Experten oder Mitarbeiter befragt werden. Expertenbefragungen sind vor allem bei der Identifizierung unternehmensexterner Risiken hilfreich. Expertenwissen kann entweder durch das Studium einschlägiger Fachliteratur oder direkte Befragung gewonnen werden. Zur Unterstützung einer systematischen Expertenbefragung ist eine strukturierte Vorbereitung, z. B. durch die Auswahl geeigneter Fachbücher und Fachzeitschriften bzw. Experten erforderlich. Zudem muss ein Fragenkatalog erstellt werden, mit dessen Hilfe die einzelnen Quellen analysiert bzw. Experten werden. Die Delphi-Methode ist eine Spezialform der direkten Expertenbefragung. Sie dient der Darstellung komplexer, unstrukturierter, langfristiger Sachverhalte und neuartiger Entwicklungen mit großem Zeithorizont. Durch die Delphi-Methode werden Expertenmeinungen kombiniert und zu einem Konsens verdichtet.[1]

Wegen interner Risiken Mitarbeiter befragen

Mitarbeiterbefragungen können zur Erfassung interner Risiken beitragen. Sie beziehen neben den Führungskräften alle Mitarbeiter, die risikorelevante Informationen aus den operativen Bereichen einbringen können, ein. Die Informationen können durch Interviews, Workshops oder schriftliche Befragungen mittels Risikoidentifikationsbögen eingeholt werden. Die Mitarbeiterbefragung bietet die Möglichkeit, eine große Zahl von Personen in die Risikoidentifikation einzubinden. Allerdings wird durch Mitarbeiterbefragungen häufig eine große Anzahl an identifizierten Risiken produziert. Außerdem werden aufgrund einer systematischen Verzerrung der Risikowahrnehmung vor allem aktuell erscheinende Risiken diskutiert, die nicht immer für das Unternehmen wichtig sind. Auch werden identische Risiken von den Mitarbeitern oft unterschiedlich benannt und daher doppelt erfasst.[2]

Soll die Mitarbeiterbefragung in Form eines Workshops durchgeführt werden, müssen zunächst die beteiligten Abteilungen, Funktionen und Prozesse sowie die zu analysierenden Risikofelder ausgewählt und die Workshop-Teams zusammengestellt werden. Die Zahl und die Dauer der Workshops sind abhängig von der Unternehmensgröße und dem Umfang der analysierten Risiken. Die Risikoidentifikation sollte im Workshop auf der Grundlage eines Risikokatalogs in Form eines Orientierungs- und Dokumentationsrasters erfolgen. Die Vorgaben sollten dabei nicht zu detailliert sein, damit auch neue Risiken identifiziert werden. Neben der reinen Nennung sollte bereits eine erste Relevanzabschätzung der Risiken durch die Mitarbeiter z. B. anhand der Höchstschadenswerte auf einer Skala von "1" (unbedeutend) bis "5" (bestandsbedrohend) erfolgen.[3]

 
Relevanzskala
Relevanzklasse Bedeutung Geschätzte Wirkung in % EBIT Erläuterung
1 Unbedeutendes Risiko < 5 % Beeinflussen weder den Jahresüberschuss noch den Unternehmenswert spürbar
2 Mittleres Risiko < 20 % Spürbare Beeinträchtigung des Jahresüberschusses
3 Bedeutendes Risiko < 100 % Starke Beeinträchtigung des Jahresüberschusses oder spürbare Reduktion des Unternehmenswerts
4 Schwerwiegendes Risiko >= 100 % Führen zu Jahresfehlbetrag oder erheblicher Reduktion des Unternehmenswerts
5 Bestandsgefährdendes Risiko > 500 % Gefährden mit einer wesentlichen Wahrscheinlichkeit den Fortbestand des Unternehmens

Abb. 3: Relevanzskala[4]

[1] Vgl. Schneck, 2010, S. 124 f.
[2] Vgl. Gleißner, 2017, S. 113 ff.
[3] Vgl. Gleißner, 2017, S. 116 ff.
[4] In starker Anlehnung an Gleißner, 2017, S. 118.

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