Das Fernabsatzrecht findet Anwendung auf Fernabsatzverträge, also auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern ausschließlich per Telefon, per Internet oder über andere Fernkommunikationsmittel (E-Mail, Kataloge etc.) abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.[1]

Der Umstand, dass eine ganz überwiegende Zahl von Gebrauchtwagenkäufern eine verbindliche Kauferklärung erst nach einer Besichtigung und ggf. einer Probefahrt abgeben möchte, schließt nicht aus, dass auch eine signifikante Zahl von Verbrauchern allein aufgrund einer Internetannonce und der Fahrzeugbeschreibung einen Vertrag zu schließen bereit ist, sodass ein Händler ein Fernabsatzsystem einrichtet, um die Wünsche auch dieser Personengruppe zu bedienen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Händler Teil einer großen Gruppe von Autohändlern und -werkstätten ist und für die von ihm verkauften Gebrauchtfahrzeuge eine "Garantie "abgibt. Die erneute Unterzeichnung einer "Verbindlichen Bestellung…" würde selbst dann, wenn sie als erneuter Abschluss des Kaufvertrags zu bewerten hätte, keinen Verzicht auf ein gesetzliches Widerrufsrecht beinhalten, wenn davon ausgegangen werden muss, dass der Käufer sich bereits aufgrund seiner früheren Erklärung gebunden sah.[2]

Haben die Parteien einen Vertrag über Gartenbauarbeiten durch ein schriftliches Angebot des Unternehmers und telefonische Annahme des Kunden geschlossen und ist dem Vertrag zur Vorbereitung des Angebots aber ein gemeinsamer Ortstermin vorangegangen, dann gilt Folgendes: Der Vertrag ist nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Gibt der Unternehmer Angebote regelmäßig erst nach vorhergehendem Ortstermin ab, so ist sein Geschäftsbetrieb auch nicht auf den Fernabsatz ausgerichtet. In diesen Fällen liegt kein Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB vor.[3]

Anwaltsverträge können den Regeln für den Fernabsatz unterfallen und als solche widerrufen werden.[4] Ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem liegt regelmäßig nicht schon dann vor, wenn der Rechtsanwalt lediglich die technischen Möglichkeiten zum Abschluss eines Anwaltsvertrags im Fernabsatz wie Briefkasten, elektronische Postfächer und/oder Telefon- und Faxanschlüsse vorhält.[5]

Ein Rechtsanwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, muss darlegen und beweisen, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen.[6]

Laut BGH ist die gem. § 558b Abs. 1 BGB erklärte Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 558 Abs. 1, § 558a Abs. 1 BGB vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen nicht erfasst, sodass dem Mieter ein dahingehendes Widerrufsrecht nicht zusteht.[7]

Ein Immobilienmakler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem, wenn

  • er auf einem Onlinemarktplatz (hier: "ImmobilienScout24") von ihm vertriebene Immobilien bewirbt
  • er den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg herstellt und
  • der Vertrag in dieser Weise zustande kommt.

Es kommt nicht darauf an, dass die Durchführung eines solchen Maklervertrags nicht auf elektronischem Wege erfolgt.[8]

Es gelten zusätzliche Pflichten bei Fernabsatzgeschäften.[9] Der Unternehmer muss den Verbraucher[10] bei Fernabsatzverträgen vor Abschluss nach Maßgabe des § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 und 2 EGBBG unterrichten. Eine Online-Plattform ist aber nicht verpflichtet, dem Verbraucher vor Vertragsabschluss stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Sie muss dem Verbraucher lediglich ein geeignetes Kommunikationsmittel bereitstellen, über das er mit ihr schnell in Kontakt treten und effizient kommunizieren kann. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB ist daher insoweit unwirksam, weil europarechtswidrig.[11] U. a. muss er über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts nach § 312g BGB[12] sowie über

  • die Bedingungen,
  • Einzelheiten der Ausübung,
  • insbesondere den Namen und die Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, informieren,
  • zudem über die Rechtsfolgen des Widerrufs oder
  • der Rückgabe einschließlich des Betrags, den der Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat.[13]

Der Widerrufsrechtsausschluss des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ist regelmäßig nicht auf Werkverträge gem. § 631 BGB anwendbar, da bei ihnen der Schwerpunkt des Vertrags nicht auf dem Warenumsatz mit zusätzlicher Montage liegt, sondern in der Herstellung eines Werks.[14]

Bei einem "Kauf auf Probe", bei dem die Absendung des Bestellscheins durch den Kunden ohne weiteres Handeln des Kunden ein Fernabsatzgeschäft auslöst, muss der Unternehmer die Informationspflichten gem. Art. 246a § 4...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt ProFirma Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge