Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) sind für die klassische Buchhaltung (Papierbuchhaltung) jedem Fachmann ein Begriff und in der Praxis gewissermaßen "in Fleisch und Blut" übergegangen. Im Bereich der elektronischen Buchhaltung und Archivierung hingegen traten und treten immer wieder Fragen, Probleme und Unsicherheiten auf, die durch die Ausführungen im BMF-Schreiben vom 28.11.2019 schneller und besser zu lösen sind. Mit diesen Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, steht dem Praktiker ein Nachschlagewerk mit Erlasscharakter zur Verfügung, das auch künftigen Ansprüchen und Entwicklungsstufen Rechnung tragen soll.

1.1 Bedeutung für die Praxis

Sowohl das BMF-Schreiben vom 14.11.2014 als auch das BMF-Schreiben vom 28.11.2019[1] stellen klar, welchen Stellenwert die modernen technischen Möglichkeiten in der Nomenklatur der GoB einnehmen. Die inhaltliche Abfassung ist so gewählt, dass nicht nur gegenwärtige, sondern auch künftige Technologien mit ihrer Hilfe eingeordnet werden können. Dadurch, dass sämtliche Unternehmer – ob gewerblich oder freiberuflich – wichtigen steuerlichen Aufzeichnungspflichten unterliegen, erfährt ein derartiges Nachschlagewerk ein erhöhtes Maß an Bedeutung.

[1] BMF, Schreiben v. 14.11.2014, IV A 4 – S 0316/13/10003; BMF, Schreiben v. 28.11.2019, IV A4-S, 0316/19/10003 :0001.

1.2 "Bücher" i. S. d. GoBD

"Bücher" i. S. d. BMF-Schreibens[1] und damit der GoBD sind nicht nur klassische Aufzeichnungen in Papierform jedweder Art, sondern auch elektronische Aufzeichnungs- und Archivierungsmöglichkeiten. Bücher und Aufzeichnungen können gem. § 146 Abs. 5 AO auch auf Datenträgern geführt werden. Bedingung ist jedoch, dass die Form der Buchführung sowie der angewandten Verfahren den GoB entsprechen. In der Papierform spricht man von Grund-, Vor-, Neben- und Hauptbüchern. In diesem Zusammenhang sollten auch insbesondere AEAO zu §§ 146 Tz 2.1.4 und 146a Tz. 5 beachtet werden.

Im Bereich der elektronischen Buchführung bzw. elektronischen Aufzeichnungen ist die Rede von Haupt-, Vor- und Nebensystemen. Der Inhalt des Schreibens ist so abgefasst, dass die angesprochenen Grundsätze gegenwärtiger Methoden auch sinngemäß auf künftige Systeme übertragen werden können. Explizit wird davon gesprochen, dass einerseits grundsätzlich der Steuerbürger die Form, den Umfang und den Inhalt der Aufzeichnungen bestimmt, sofern dessen Auswahl den Erfordernissen der steuerlichen und außersteuerlichen Aufzeichnungsvorschriften genügt. Andererseits wird auch ausdrücklich ausgesprochen, dass durch das BMF-Schreiben keine abschließende abstrakte Definition der aufbewahrungspflichtigen Aufzeichnungen und Unterlagen erfolgen kann. Wegen der unterschiedlichen Betriebsabläufe, der vielfältigen aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Aufzeichnungen und Unterlagen sowie der eingesetzten Aufzeichnungs- und Buchführungssysteme wäre das ein schier unmögliches Unterfangen.

Neue Technologien erfordern u. U. eigenständige neue Definitionen. Im BMF-Schreiben vom 28.11.2019 wird erwartet, dass hierbei durch einen Analogieschluss festgestellt wird, ob das neue System die Erfordernisse erfüllt, die analog von einem klassischen Papiersystem erfüllt werden müssten. Grundsätzlich zählen alle außersteuerlichen und steuerlichen Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen zu Geschäftsvorfällen zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen, wenn sie zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung notwendigen und gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen bedeutungsvoll sind. Dazu können Unterlagen in Papierform wie auch in elektronischer Form jedweder Art vorliegen. Wichtig hierbei ist, dass diese Unterlagen dokumentieren, dass die Ordnungsvorschriften umgesetzt und deren Einhaltung überwacht wird. Inwieweit dies auch außersteuerliche Unterlagen und Berechnungen treffen kann, zeigt das Beispiel 1 im BMF-Schreiben vom 28.11.2019.

[1] BMF-Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003 :0001.

1.3 Beweiskraft der Buchführung und Aufzeichnungen bzw. Darstellung von Beanstandungen durch die Finanzverwaltung

Sinn und Zweck der steuerlich richtigen, vollständigen und ordentlichen Buchführung und der Aufzeichnungen ist, dass diese Daten der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Sollte deren Richtigkeit durch die Finanzverwaltung jedoch beanstandet werden, kann die Finanzverwaltung von diesem Grundsatz abweichen. Allerdings muss die Finanzverwaltung im Beanstandungsfall deren Grund in geeigneter Form darstellen.

1.4 Bedeutung der Begriffe "Aufzeichnungen", "Bücher" und "Geschäftsvorfälle"

Der buchhalterische Begriff "Bücher" entspringt handelsrechtlichen (auch historischen) Ausführungen. Zur Fertigung einer klassischen (Papier-)Buchhaltung wurden die entsprechenden Vorgänge in der äußeren Form eines Buches, einer Kladde, auf Papierkonten oder in einem (Papier-) Journal aufgezeichnet. Die äußere Form war hierbei jedoch unbeachtlich. Nach den Ausführungen des BMF-Schreibens vom 28.11.2019[1] umfasst der Begriff "Bücher" sowohl die klassischen (Papier-)Informationsträger als auch moderne digitale oder elektronische Datenträger. Dabei sind bei der Verwendung des Begriffs "Bücher" sowo...

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