Prozesskosten als Objekt des Gemeinkostencontrollings

Prozesskosten stellen die Kosten dar, die durch die Ausführung von Prozessen in Unternehmen verursacht werden. Mit Ausnahme weniger Fertigungsprozesse und der bei diesen anfallenden Einzelkosten (Materialkosten, Fertigungslöhne) handelt es sich bei ihnen um Gemeinkosten. Die Bedeutung von Prozessen für die Gemeinkosten und des Prozesscontrollings spiegelt sich in dem klassischen Zitat von Miller/Vollman wider: "If, as we believe, transactions [i. S. v. Prozessen] are responsible for most overhead costs in the hidden factory, then the key to managing overheads is to control the transactions that drive them."[1] Seit den 80er-Jahren sind Prozesse in Wissenschaft und Unternehmenspraxis in den Fokus des Gemeinkostenmanagements gerückt, die Konzeption von verschiedenen Formen der Prozesskostenrechnung ist ein Ausdruck dieser Entwicklung.

Aufgaben und Instrumente des Prozesskostencontrollings

Prozesskostencontrolling kann als Teilmenge der in Abschnitt 2 beschriebenen Aufgaben des Gemeinkostencontrollings verstanden werden. Es kann einerseits auf Instrumente des Prozesscontrollings wie Prozesskennzahlen und Prozessbenchmarking,[2] andererseits auf (prozessbezogen bzw. -spezifisch anzuwendende) Methoden der Kostenrechnung und des Kostenmanagements zurückgreifen. Als zentrales Instrument bietet sich aber die Prozesskostenrechnung an, da sie eine Erfassung, Analyse, Prognose und Verrechnung von Prozesskosten ermöglicht und damit in vielfältiger Weise für das Prozesskostencontrolling nutzbar ist.

Prozesskostenrechnung

Kennzeichen der Prozesskostenrechnung ist die Verrechnung der von Prozessen verursachten Gemeinkosten über Bezugsgrößen, mit denen die Prozessmenge bzw. -häufigkeit gemessen wird. Sie existiert inzwischen in verschiedenen Varianten. Hier wird auf das im deutschen Sprachraum weit verbreitete System von Horváth/Mayer Bezug genommen.[3] Mit diesem wird angestrebt, den in den Gemeinkostenbereichen von Unternehmen entstehenden Ressourcenverzehr abzubilden, um auf dieser Basis die Gemeinkosten zum einen steuern und zum anderen besser den Produkten zurechnen zu können. Merkmale des Systems sind die

  • Konzentration auf repetitive, strukturierte Abläufe in den indirekten Bereichen,
  • Analyse abteilungsübergreifender Prozesse (sog. Hauptprozesse) neben den in einer Kostenstelle ablaufenden Prozessen (sog. Teilprozessen),
  • Untersuchung von Kostenbestimmungsfaktoren und Bildung von Bezugsgrößen zur Messung von Prozessmengen,
  • Bestimmung von Prozesskosten und Prozesskostensätzen sowie
  • Verrechnung auch fixer Kosten, um mittel- und langfristige Entscheidungen vorbereiten zu können.

Den Ablauf der Prozesskostenrechnung und deren Einbindung in die Kostenrechnung insgesamt zeigt Abb. 4.

Die Prozesskostenrechnung verfeinert die Kostenrechnung demgemäß vor allem auf der Ebene der Kostenstellenrechnung, indem sie dort zum einen mehrere Prozesse innerhalb einer Kostenstelle und zum anderen kostenstellenübergreifende Prozesse sowie deren jeweilige Kosten untersucht.

Ergebnisse der Prozesskostenrechnung

Auf die Details des Ablaufs einer Prozesskostenrechnung soll hier nicht eingegangen und dazu lediglich auf die Literatur verwiesen werden.[4] Stattdessen sei deren Nutzung im Rahmen des Gemeinkostencontrollings fokussiert. Die Prozesskostenrechnung unterstützt die Steuerung der Gemeinkosten vor allem, indem sie

  • bei den in ihrem Rahmen erforderlichen Tätigkeits- und Prozessanalysen unwirtschaftliche Abläufe und Strukturen sichtbar macht und eine Prozessstruktur schafft, die auch für die Etablierung eines Prozess(-kosten-)managements nutzbar ist,
  • Kosteneinflussgrößen und die von ihnen verursachten Kosten aufdeckt und es damit ermöglicht, gezielt mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen zur Senkung der Gemeinkosten zu ergreifen,
  • Prozesse und Prozessmengen, den Kapazitätsbedarf sowie die Prozesskosten erfasst, plant und kontrolliert und damit Auslastungsgrade sowie Veränderungen der Prozesskosten im Zeitablauf feststellt sowie die Möglichkeiten einer aussagekräftigen Budgetierung verbessert und
  • die Kostentransparenz sowie das Kostenbewusstsein in den Gemeinkostenbereichen tendenziell erhöht.

Abb. 4: Ablauf und Einbindung einer Prozesskostenrechnung[5]

Damit werden Entscheidungen über Maßnahmen zur Reduzierung oder Begrenzung von Prozesskosten initiiert und/oder vorbereitet. Diese können sich auf die Prozessstandardisierung, -verkürzung, -beschleunigung, das Outsourcing von Prozessen, die Kapazitätsanpassung etc. beziehen.

Daneben ermöglicht die Prozesskostenrechnung eine gegenüber der klassischen Zuschlagskalkulation verbesserte Zurechnung der Gemeinkosten zu Produkten und leistet damit indirekt einen weiteren Beitrag zum Gemeinkostenmanagement: Verbesserte produktbezogene Entscheidungen wirken sich tendenziell positiv auf die Gemeinkosten aus. Als Ergebnis einer Prozesskostenrechnung liegen auch die Prozesskostensätze (als durchschnittliche Kosten einer einmaligen Prozessdurchführung) von Tei...

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