Rz. 5

Neben dem Begriff des Einzelunternehmens bedarf der Begriff des Einzelunternehmers einer genaueren Betrachtung. Auffällig ist auf den ersten Blick die große Nähe zwischen dem Begriff Einzelunternehmer und dem handelsrechtlichen Begriff des (Einzel-)Kaufmanns. Diese Nähe erstreckt sich auch auf die Bedeutung der beiden Begriffe. Zunächst wird der handelsrechtliche Begriff des Kaufmanns betrachtet.

Dieser ist im HGB definiert. Demnach ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB). Ein solches Handelsgewerbe stellt gem. § 1 Abs. 2 1. Halbsatz HGB grundsätzlich jeder Gewerbebetrieb dar.[1] Allerdings ist der Begriff Gewerbebetrieb im Handelsgesetzbuch nicht weiter definiert.[2] Er wird lediglich mehrfach genannt;[3] auf eine Definition wurde bewusst verzichtet.[4]

 

Rz. 6

Allgemein anerkannte Kriterien für das Vorliegen eines Gewerbes im handelsrechtlichen Sinn sind:[5]

  • die Selbstständigkeit,
  • die Dauerhaftigkeit,
  • die Planmäßigkeit sowie
  • die Erkennbarkeit[6] der zu beurteilenden Tätigkeit.

Nach herrschender Meinung ist daneben auch eine Gewinnerzielungsabsicht notwendig, ohne dass allerdings tatsächlich Gewinne erzielt werden müssen.[7] Gelegentlich wird außerdem gefordert, dass die Tätigkeit nicht gesetzes- oder sittenwidrig sein darf.[8]

Zu den handelsrechtlichen Gewerbebetrieben zählen demnach Betriebe in Industrie, Handel und Handwerk, in Güter- und Personentransport sowie Finanzdienstleister und alle übrigen nicht freiberuflichen Dienstleister und das Versicherungsgeschäft.[9] Hingegen stellen Tätigkeiten wissenschaftlicher, künstlerischer, sportlicher oder freiberuflicher Natur kein Gewerbe dar.[10]

Auch das Steuerrecht kennt den Begriff Gewerbe. Der steuerrechtliche Begriff des Gewerbes ist in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG definiert.[11] Jedoch ist dieser von dem handelsrechtlichen Gewerbebegriff abzugrenzen.[12]

 

Rz. 7

Die Definition des Handelsgewerbes wird dadurch eingeschränkt, dass es sich dann nicht um einen Handelsgewerbebetrieb handelt, wenn zwar ein Gewerbebetrieb vorliegt, aber ein nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist (§ 1 Abs. 2 2. Halbsatz HGB; sog. Kleingewerbetreibender[13]). Folglich ist nur derjenige Kaufmann, der ein Handelsgewerbe i. S. v. § 1 Abs. 1 HGB betreibt und nicht als Kleingewerbetreibender anzusehen ist.[14]

Für die Beurteilung, ob ein nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, sind nicht bestimmte Größenmerkmale entscheidend, sondern das Gesamtbild des Betriebs.[15] Anhaltspunkte lassen sich dabei nicht allein aus der Umsatzhöhe, sondern beispielsweise auch aus der Zahl der Beschäftigten, der Funktion der Beschäftigten, der Vielfalt der Erzeugnisse und der Höhe des Betriebsvermögens ableiten.[16]

Das Kriterium der Notwendigkeit eines nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs gem. § 1 Abs. 2 2. Halbsatz HGB führt letztlich zu einer großen Zahl an Einzelfallentscheidungen. So wurde der Pächter einer Bundeswehrkantine trotz eines Umsatzes von rund 250.000 EUR nicht als Gewerbebetrieb angesehen, da sich die Geschäfte in einfachen und übersichtlichen Formen abwickeln ließen (Kleingewerbe).[17] Bei einem Damenbekleidungsgeschäft mit einem Jahresumsatz von rund 120.000 EUR, teilweise auf Ziel getätigten Geschäften, erheblichen Verbindlichkeiten und einer Filiale wurde wegen der Vielzahl der Geschäftsvorfälle hingegen eine kaufmännische Buchführung für notwendig erachtet (kein Kleingewerbe).[18] Handelsvertreter und Grundstücksmakler wurden schon als Kleingewerbe angesehen, obwohl sie Einnahmen von mehr als 100.000 EUR erzielten.[19] Der Betrieb eines Optikermeisters mit einem Umsatz von rund 85.000 EUR wurde aber aufgrund der nicht ganz einfachen Geschäftsvorgänge als Gewerbebetrieb eingestuft.[20]

Wird ein Handelsgewerbe betrieben und erfordert dies einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, liegt ein Gewerbebetrieb gem. § 1 Abs. 1 HGB vor. Es wird dann vom Kaufmann kraft Gewerbebetrieb oder auch vom Istkaufmann gesprochen.[21] Dies bedeutet, dass die Kaufmannseigenschaft ab dem Zeitpunkt der Aufnahme des Gewerbebetriebs vorliegt, ohne dass es einer besonderen Gründung bedarf.[22] Infolgedessen hat die Eintragung in das Handelsregister für den Istkaufmann nur deklaratorische Bedeutung, auch wenn sie gem. § 29 HGB obligatorisch ist.[23]

Bezüglich der großen Nähe zwischen den Begriffen Einzelunternehmer und (Einzel-)Kaufmann bleibt somit festzuhalten: Wer als (Einzel-)Kaufmann auf eigenen Namen und eigene Rechnung[24] ein Handelsgewerbe betreibt, kann auch als Einzelunternehmer bezeichnet werden, der ein Einzelunternehmen betreibt. Im Folgenden werden die Begriffe (Einzel-)Kaufmann und Einzelunternehmer daher synonym verwendet.

 

Rz. 8

Als Kaufmann kommen natürliche und juristische Personen sowie die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) infrage.[25] Allerdings kann nur eine natürliche Person Inhaber eines Einzelunt...

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