Wie z. B. mit den folgenden Urteilen zur Unternehmereigenschaft bei Verkäufen über Online-Plattformen bekannt geworden, kann es auch zu Wettbewerbsverzerrungen und Betrug bei Nutzung der Online-Plattformen kommen. So z.  B. das BFH-Urteil vom 12.8.2015,[1] bei dem es um den Verkauf von 140 Pelzmänteln auf der Handelsplattform eBay ging, oder das Urteil des FG Köln,[2] bei dem es um eine Reihe von Verkäufen über eine Online-Plattform unter verschiedenen Mailadressen ging, die letztlich zu einer Anklage wegen Steuerhinterziehung führten.

4.1 Wann die Unternehmer mit Umsatzsteuer belastet werden

Für Waren, die ein Unternehmer in Deutschland über eine Online-Plattform verkauft, muss er grundsätzlich in Deutschland Umsatzsteuer zahlen. Das gilt auch für Waren, die aus dem Ausland kommen. Erfolgt die Lieferung von einem Unternehmen aus einem EU-Land an ein deutsches Unternehmen, gelangen diese gewerblich gelieferten Waren quasi unversteuert über die innergemeinschaftlichen Grenzen. Die Belastung mit der Umsatzsteuer bei diesem innergemeinschaftlichen Erwerb erfolgt erst in Deutschland, und zwar durch die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt.

Stammt die Ware von einem Unternehmer aus einem Drittland, also z. B. aus China, wird Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Damit soll verhindert werden, dass die Ware ohne Umsatzsteuer an den Endverbraucher gelangt. Ein Händler mit Sitz im Ausland (Drittland), hat folgende (illegalen) Möglichkeiten, sich der deutschen Umsatzsteuer zu entziehen:

  1. Er gibt bei der Einfuhr einen falschen Warenwert an. Die Folge: Die Einfuhrumsatzsteuer fällt zu niedrig aus oder wird erst gar nicht erhoben.
  2. Er registriert sich steuerlich nicht in Deutschland und führt die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab, sondern behält sie als Einnahme für sich.

4.2 Amazon als Logistikdienstleister

Die Waren bieten diese Händler im Internet an, vorzugsweise über große Handelsplattformen wie z. B. Amazon. Viele ausländische Händler bedienen sich dabei der Logistikzentren. Amazon übernimmt dabei die Rolle eines Logistikdienstleisters – und unterliegt als solcher nicht der Marktüberwachung durch die zuständigen Behörden. Es wird also nicht kontrolliert, ob die Verkäufe ordnungsgemäß der Umsatzsteuer unterworfen werden.

Den Zollwert legen die Händler beim Export ihrer Ware aus dem Drittland (z. B. aus China) selbst fest. Je geringer also dieser Zollwert ist, desto niedriger ist auch die Einfuhrumsatzsteuer. Bei einem Warenwert von unter 22 EUR wird gar keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben.

Darüber hinaus kümmert sich Amazon nicht um die steuerlichen Angelegenheiten seiner Kunden. Denn bei jedem Verkauf über seinen Marketplace erhält Amazon seine Verkaufsprovision und verdient mit. Gegen die Veröffentlichung von Kundendaten wehrt sich Amazon mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Steuerbetrüger können also ohne Angst vor Entdeckung ungestört ihren Geschäften nachgehen.

Ähnlich ist es bei der Einfuhr von Waren: Bei niedrigpreisiger Massenware ist eine Kontrolle kaum möglich, die falschen Wertangaben in der Zollanmeldung bleiben deshalb oft unentdeckt. Es ist leicht vorstellbar, dass bei den augenblicklichen steuerlichen Vorschriften ein Handel unter Inkaufnahme einer Steuerhinterziehung für Unternehmen aus Drittstaaten relativ leicht ist. Es kommt hinzu, dass eine Strafverfolgung meist daran scheitert, dass das Unternehmen im weit entfernten Ausland sitzt. Dort ist es in den allermeisten Fällen eben nicht möglich, von den betrügerischen Firmen die hinterzogenen Steuern einzutreiben.

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