Lernen, bewerten und darauf aufbauen

Herkömmlich wird unter einem Prototyp ein Produkt verstanden, welches schon die wesentlichen Funktionen beinhaltet und in absehbarer Zeit in Produktion gehen könnte. Im Design Thinking und in anderen agilen Innovationsmethoden sind hingegen nicht notwendigerweise bereits funktionale Prototypen gemeint. Im Vordergrund steht nicht der Stand im Entwicklungsprozess, sondern inwiefern der Prototyp geeignet ist, um von ihm zu lernen, um mit ihm in den Nutzerdialog zu treten. Tim Brown versteht unter einem Prototypen "eine Form, die uns hilft zu lernen, zu bewerten und auf ihr aufzubauen".[1]

Unterschiedliche Formen von Prototypen

Prototypen können die verschiedensten Formen annehmen: von einfachen Prototypen aus Papier oder Pappe bis hin zu voll funktionsfähigen Entwicklungsständen. Aber auch Techniken wie Storytelling oder Rollenspiele eignen sich dazu, eine Lösungsidee zu demonstrieren. Entscheidend ist, dass der Prototyp seinen potenziellen Nutzern gezeigt werden kann. Wie bei Scrum und allen agilen Methoden benötigt auch Design Thinking am Ende einer Iteration das Feedback vom Nutzer der angedachten Lösung. Das iterative Lernen steht im Zentrum des Prozesses. Ein sinnvoller Prototyp muss also nur so weit ausgearbeitet werden, dass er dieses Ziel erreicht, nämlich bestimmte Fragen zu beantworten, damit das Team an den Ideen weiterarbeiten kann. Es macht Sinn, vor der Erstellung des Prototypen die möglichen Fragen zu formulieren, die mithilfe der Ausarbeitung beantwortet werden sollen.

Visualisierung als Brücke für Dialog und Inspiration

Der Prototyp dient aber nicht nur der Validierung von Ideen, sondern der Inspiration zu neuen Ideen. Hier zeigt sich der gestalterische Aspekt des Design Thinking in Abgrenzung zu anderen Innovationsmethoden. Gestaltung ist nicht nur bloße äußere Form, also quasi ein Teil der Verpackung, sondern ist Auseinandersetzung mit dem Thema. Denken wir an einen Maler, der viele Skizzen malt und diese alle wieder verwirft, bis er am Ende ein einziges Bild gemalt hat und vielleicht alle Vorarbeiten entsorgt oder liegen lässt. Erst die Umsetzung der Ideen in Form ermöglicht es ihm, weitere Ideen und Modifikationen zu entwickeln. Der Gestaltungsprozess des Designers kennt hier im Grunde keinen Anfang und kein Ende – mit jeder Iteration wird die Aussagekraft größer und der Nutzen deutlicher.

 
Werkzeug Beschreibung
Paper Prototyping[2] Mithilfe von gezeichneten oder gedruckten Komponenten wird das Verhalten eines Produkts getestet.
High-Fidelity Prototyping Um eine höhere Ähnlichkeit mit dem endgültigen Produkt zu erreichen, wird statt einfacher Materialien (Stifte, Haftnotizen etc.) Software (z. B. Axure, Balsamiq, InvisionApp) eingesetzt, um die Bedienelemente originalgetreu zu entwerfen.

Abb. 3: Schnelle Illustration der Customer Journey als Leitfaden für das Storytelling

Abb. 4: Präsentation eines Paper-Prototypen (zusammengesetzt mit der POP-App), paralleles Erklären der neu gestalteten Customer Journey mit Storytelling-Techniken

[1] Brown, 2009, S. 90.
[2] Bailey et al., 2006.

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