Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung wird der Prozess der Informationsverarbeitung und -analyse durch neue Technologien und Funktionalitäten unterstützt und teilweise auch automatisiert werden. Die steigende Automatisierung wird heute sehr kontrovers und auch emotional diskutiert.[1] Während die einen neue Möglichkeiten wie Predictive-Analytics als Unterstützung und Erweiterung betrachten, sehen die anderen darin in Anlehnung an die erste industrielle Revolution eine Herabsetzung und eine Quelle zukünftiger Arbeitslosigkeit von Wissensarbeitern und damit auch Controllern.

Es ist schwer zu sagen, wie sich die mit der digitalen Transformation verbundene Automatisierung tatsächlich auf den Arbeitsalltag von Controller auswirken wird. Wir sehen heute mehr Fragen als konkrete Antworten.

Sicher ist, dass die Automatisierung mit der vierten industriellen Revolution weiter zunehmen wird und dass es sich dieses Mal um eine Automatisierung des Geistes handelt. Faktum ist auch, dass die erste industrielle Revolution zu einer temporären technologischen Arbeitslosigkeit und zu einer teilweisen Entfremdung durch abstumpfende Fließbandarbeit geführt hat. Man vergleiche die Identifikation und Erfüllung eines Tischlers, der "sein" Produkt von Anfang bis zum Ende selbst erstellt, im Vergleich zu Industriearbeitern, die nur einen kleinen Arbeitsschritt und Beitrag zum Produkt leisten, diesen dafür monoton, wenn auch maschinell unterstützt, wiederholen. Der österreichische Philosoph Günter Anders konstatierte eine prometheische Scham vor der Überlegenheit der von uns selbst geschaffenen Apparate und hat es wie folgt formuliert: "Selbst der Schweiß bleibt ihm versagt".[2] Eine weitere gesicherte Erkenntnis in Bezug auf die Automatisierung ist, dass wir Fähigkeiten verlieren, wenn wir sie nicht oft genug ausführen. "Use it or loose it". Piloten, die nicht oft genug ohne Autopiloten fliegen oder ganz einfach das Kopfrechnen sind Beispiele dafür, wie wir durch die Unterstützung durch IT-System Fähigkeiten verlieren. Das Wall Street Journal hat dazu einen interessanten Artikel mit dem Titel "Automation makes us dumb" publiziert.[3] Aus den bisherigen Erkenntnissen der Automatisierung ergeben sich triefgreifende Fragen.

  • Führen Industrie 4.0, Big Data, etc. zu einem Kahlschlag in den Controlling-Abteilungen oder wird der durch Automatisierung mögliche Zeitgewinn zu einer Entspannung des Controller-Jobs, d. h. weniger Stress bei Deadlines und weniger Überstunden führen?
    Der berühmte britische Ökonom John Maynard Keynes beschrieb 1930 in seinem Artikel "Economic Possibilities for Our Grandchildren", dass in einer Welt des allgemeinen Wohlstands eine 15 Stunden-Woche genügt und die Menschen dank des technologischen Fortschritts kaum noch arbeiten werden müssen.
  • Führen Industrie 4.0, Big Data, etc. zur digitalen Entfremdung der Controllerarbeit, d. h. zu einem digitalen Taylorismus, in dem wir uns Algorithmen unterwerfen müssen bzw. zu digitalen Fließbandarbeitern werden?

    IT-Systeme bringen uns einerseits Zeitersparnis und Komfort, andererseits treiben sie uns vor uns her. Sie erweitern unsere Möglichkeiten, doch geben sie uns zugleich ihre eigenen Regeln vor. Manche sehen zwei Kategorien zukünftiger Wissensarbeiter: Jene, die Computern sagen, was sie zu tun haben und andere, denen Computer ihre Arbeitsschritte und Tätigkeiten vorgeben.

  • Wie wird es Controllern gehen, wenn sie maschinell erstellte Analysen im Rahmen von Predictive-Analytics angesichts unfassbarer Datenmengen nicht mehr hinterfragen können? Was, wenn der Hausverstand nicht mehr reicht?
  • Werden Controller ersetzbar? Wird es weiterhin heißen "A fool with a tool is still a fool" oder heißt es in Zukunft "A fool with a tool is cool"?
  • Werden Controller nach wie vor die Informationsversorgung des Managements konzipieren und steuern oder ändert sich das heutige Push-System- in ein Pull-System? Werden von Controllern konzipierte Standardberichte google-ähnlichen Abfragen des Managements weichen?

Ähnliche Fragen wurden bereits Anfang der 1990 Jahre im Rahmen der ersten "Artificial Intelligence"-Welle gestellt. Seitdem hat sich in den letzten 25 Jahren diesbezüglich im Arbeitsalltag von Controllern wenig geändert. Heute scheinen die technologischen Möglichkeiten (IBM-Watson, SAP-HANA, etc.) jedoch so weit zu sein, dass konkrete Auswirkungen auf die Arbeit von Controllern zu erwarten sind. Mit Sicherheit werden Hilfstätigkeiten und wenig qualifizierte Tätigkeiten im Controlling entfallen und unqualifizierte Positionen abgebaut werden, gleichzeitig aber neue höher qualifizierte Tätigkeitsfelder entstehen. Controller haben es selbst in der Hand, welche Rolle sie dabei spielen werden.

[1] Siehe dazu auch BCG, 2015.
[2] Vgl. Vasek, 2014.
[3] Vgl. Carr, 2014.

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