Anreizsysteme sind ein Instrument des Controllings, um das Verhalten der Mitarbeiter im Sinne der Erreichung der gesetzten Unternehmensziele zu beeinflussen und eine Harmonisierung der Interessen verschiedener Interessengruppen zu gewährleisten. Während die Vorstandsvergütung in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fällt, ist die Gestaltung von Anreizsystemen für nachgelagerte Hierarchieebenen Aufgabe des Vorstandes. Die Mitarbeiter sollen durch Anreizsysteme geführt und durch eine attraktive Anreizkombination motiviert werden zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Bezug nehmend auf die Funktionen Lokomotion, Information und Abstimmung des Controllings werden Anreizsysteme durch das Controlling gezielt eingesetzt um das betriebliche Handeln auf den Zweck der Wertschöpfung auszurichten.[1] Anreizformen können dabei sowohl immateriell, z. B. in Form von Entwicklungsmöglichkeiten, wie auch materiell, z. B. in Form von monetären Anreizen, sein.[2] Die Modellierung von monetären Anreizen erfolgt in der Regel mit Hilfe von Entlohnungssystemen, die ein Teilgebiet von Anreizsystemen bilden. Aufgrund der Beeinflussung des Verhaltens von Mitarbeitern können Anreizsysteme auch als Instrument der Compliance verstanden werden, um "Non-Compliance" zu verhindern.

Schlecht ausgestaltete Anreizsysteme gefährden normkonformes Verhalten

Während die Gestaltung von Anreizsystemen aus Controllingperspektive hauptsächlich den Zweck der Wertschöpfung berücksichtigt, stehen aus Compliance-Perspektive insbesondere die Einhaltung von gesetzlichen Regelungen und gesellschaftlichen Normen im Vordergrund. Anreizsysteme können daher als präventives Instrumentarium zur Verhinderung von "Non-Compliance" eingesetzt werden. Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von Anreizsystemen sowohl aus Controlling- wie auch Compliance-Perspektive ist deren Ausgestaltung. Anreizsysteme sollten u. a. immer eine Leistungsorientierung am Output des Mitarbeiters haben, allerdings sind nicht beeinflussbare Umweltfaktoren zu berücksichtigen. Beispielsweise können gesamtwirtschaftliche Veränderungen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der variablen Vergütung eines Vertriebsleiters haben, die dieser offenkundig nicht selbst zu verantworten kann. Sollten diese Umweltfaktoren in der Gestaltung des Anreizsystems nicht berücksichtigt sein, können die ehemals realistischen Ziele nun als unerreichbar eingeschätzt werden.

 
Praxis-Beispiel

Probleme bei Anreizsystem eines Vertriebsleiters

Der Anomie-Theorie[3] folgend, kann diese Situation dazu führen, dass das Verhalten des Vertriebsleiters aus der Compliance-Perspektive negativ beeinflusst wird. Aus der Diskrepanz zwischen den vorgegeben Zielen und den zur Verfügung stehenden Mitteln entsteht eine anomische Drucksituation den einzelnen Mitarbeiter. Diese kann etwa bewirken, dass der Vertriebsleiter illegale bzw. illegitime Mittel einsetzt um die durch das Anreizsystem gesetzten Ziele zu erreichen.[4] Zudem steigt der subjektive Nutzen für illegitime Handlungen mit der Höhe der Zielintensität.[5] In unserem Beispiel bedeutet dies für den betrachteten Vertriebsleiter, dass die Wahrscheinlichkeit für illegitime Handlungen durch den Vertriebsleiter steigt, wenn dieser einen hohen Druck empfindet, die vorgegebenen Ziele erreichen zu müssen.

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass bei idealtypischer Ausgestaltung der Anreizsysteme die beispielhaft genannten Umweltfaktoren zu berücksichtigen sind und somit keine unerwünschten Wechselwirkungen zwischen gewünschtem Anreiz und unerwünschtem Verhalten entstehen. Allerdings führen qualitativ minderwertig konzeptionierte Anreizsysteme dazu, dass unerwünschte Anreize entstehen, sodass Mitarbeiter dazu verleitet werden können illegitime Handlungen auszuführen.

[1] Vgl. Becker/Baltzer/Ulrich, 2014, S. 162.
[2] Vgl. Holtbrügge, 2007, S. 181.
[3] Vgl. Merton, 1957, S. 284 ff.
[4] Vgl. Becker/Holzmann/Ulrich, 2011, S. 42.
[5] Vgl. Opp, 1974, S. 82 ff.

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