Wer nach deutschen handelsrechtlichen Vorschriften buchführungspflichtig ist, ist nach § 140 AO automatisch auch steuerrechtlich buchführungspflichtig. Auch ausländische handelsrechtliche Vorschriften zur Buchführung können eine Verpflichtung zur deutschen Buchführung begründen.[1] Nach FG Münster[2] gilt Gleiches für einen an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft atypisch still beteiligten Gesellschafter, selbst wenn die Kapitalgesellschaft in Deutschland keine Betriebsstätte unterhält.[3] Auch ausländische gesetzliche Vorschriften können eine Buchführungspflicht nach § 140 AO begründen; dabei kommt es nicht darauf an, ob diese mit den deutschen Regelungen funktions- und informationsgleich sind.[4]

Weiterhin stehen Buchführungspflichten nach anderen deutschen Gesetzen, z. B. nach der Gewerbeordnung oder nach branchenspezifischen Vorschriften wie der Krankenhaus- oder der Pflege-Buchführungsverordnung, den deutschen handelsrechtlichen Regelungen gleich. Die Buchführungspflicht kann sich auch aus dem Energiewirtschaftsgesetz ergeben; sie gilt jedoch nicht für eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die ein Blockheizkraftwerk betreibt.[5]

Darüber hinaus werden Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte – nicht aber Selbstständige und Freiberufler i. S. v. § 18 EStG – nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO allein steuerrechtlich buchführungspflichtig, wenn

  • der Umsatz einschließlich des steuerfreien Umsatzes, jedoch ohne die Umsätze nach § 4 Nr. 8-10 UStG, mehr als 600.000 EUR beträgt, oder
  • der Gewinn mehr als 60.000 EUR, beträgt oder
  • der Wirtschaftswert der selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen mehr als 25.000 EUR beträgt.
 
Praxis-Tipp

Abweichung zwischen Handels- und Steuerrecht

Die Befreiung von Einzelkaufleuten von der Buchführungspflicht durch § 241a HGB gilt nicht automatisch auch für das Steuerrecht.[6] Beträgt der handelsrechtliche Jahresüberschuss z. B. 59.000 EUR, der steuerliche Gewinn wegen der Hinzurechnung handelsrechtlich abzugsfähiger, steuerrechtlich aber nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben 60.500 EUR, besteht zwar nicht handels-, jedoch steuerrechtlich die Pflicht zur Buchführung.

Bei der Prüfung, ob die steuerrechtlichen Buchführungsgrenzen überschritten sind, ist zu beachten, dass

  • als Umsatz der gesamte steuerbare Umsatz einschließlich der steuerfreien Umsätze, jedoch ohne die Umsätze nach § 4 Nr. 8-10 UStG gilt. Einzubeziehen sind auch nach dem Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare Auslandsumsätze.[7] Abzustellen ist stets auf den Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs;
  • als Gewinn der nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. § 13a EStG ermittelte, nach § 7a Abs. 6 EStG um Sonderabschreibungen, z. B. nach § 7g EStG, und erhöhte Absetzungen korrigierte Gewinn gilt; erhöhte Absetzungen sind nur insoweit dem Gewinn hinzuzurechnen, als sie die normale Abschreibung nach § 7 Abs. 1 bzw. Abs. 4 EStG übersteigen.[8] Bei Gewerbetreibenden ist auf den Gewinn des Wirtschaftsjahrs abzustellen. Land- und Forstwirte mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr – seit dem 1.1.2019 können Land- und Forstwirte nach § 8c Abs. 2 S. 1 EStDV auch das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr bestimmen – müssen dagegen den Gewinn des Kalenderjahrs ermitteln, also den Gewinn zweier abweichender Wirtschaftsjahre zeitanteilig in einen auf ein Kalenderjahr bezogenen Gewinn umrechnen;
  • es bei Personengesellschaften auf den Gewinn der Gesellschaft unter Einbeziehung der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen ankommt, nicht auf den Gewinn des einzelnen Gesellschafters;
  • es bei Land- und Forstwirten[9] im Hinblick auf den Wirtschaftswert der Flächen nicht auf die im Eigentum stehenden oder gepachteten, sondern auf die insgesamt bewirtschafteten Flächen ankommt. Lediglich von ihnen verpachtete Flächen bleiben außer Ansatz.

Die Buchführungsgrenzen gelten für jeden einzelnen Betrieb eines Steuerpflichtigen, also z. B. gesondert für ein von einem Land- und Forstwirt betriebenes Weingut sowie für eine angegliederte Gaststätte.

 
Praxis-Beispiel

Betriebsbezogene Buchführungsgrenzen

Ein Metzger erzielt mit seiner Metzgerei einen Gewinn von 35.000 EUR, mit dem als selbstständigen Gewerbebetrieb geführten Gasthaus einen Gewinn von 28.000 EUR. Es besteht keine Buchführungspflicht, auch wenn der Gesamtgewinn höher als 60.000 EUR ist. Ebenso sind die Umsätze beider Betriebe zu trennen, auch wenn sie wegen des Grundsatzes der Unternehmereinheit in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. -Jahreserklärung zusammengefasst werden.

Unterhält ein Steuerpflichtiger bereits einen Betrieb und übernimmt, z. B. durch vorweggenommene Erbfolge, einen weiteren Betrieb, ist die Buchführungspflicht für jeden Betrieb gesondert zu beurteilen, solange die beiden Betriebe nicht zusammengeführt werden.[10] Wenn der übernommene Betrieb bereits buchführungspflichtig ist, geht diese Verpflichtung über, ohne dass es einer Mitteilung des Finanzamts bedarf. Das gilt unabhängig davon, ob der Betrieb entgeltlich oder unentgeltlich erworben oder nur im Ganzen gepachtet wird.

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