Rz. 118

Zentrale Methoden in der Vielzahl von wertorientierten Analyseinstrumenten stellen der maßgeblich von Stern Stewart & Co. entwickelte Economic Value Added (EVATM)[1] und der maßgeblich von der Boston Consulting Group (BCG) entwickelte Cash Value Added (CVA)[2] dar.[3] Die dazugehörigen mehrperiodischen Unternehmenswertanalysen können über den Market Value Added (MVA) und den Discounted Cash Flow (DCF) erfolgen, sind jedoch zur externen Jahresabschlussanalyse weniger geeignet, da für diese Wertanalysen Planbilanzen und Plan-Erfolgsrechnungen benötigt werden. Einperiodische Betrachtungen wurden in den letzten Jahren jedoch von vielen Unternehmen im Rahmen der Unternehmenssteuerung auch für die Kommunikation mit externen Marktteilnehmern genutzt und sollten nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) im Lagebericht dargestellt sein. Diese Entwicklung findet Ausdruck in der inzwischen weithin akzeptierten Schwäche der klassischen Abbildungsmodelle für die Steuerung von Unternehmen und das Zusammenwachsen von internen und externen Abbildungssystemen. Primär geht es darum, die Verzerrungen der Abbildungsmodelle zu bereinigen und die konzeptionelle Schwäche der Nichtberücksichtigung von angemessenen Eigenkapitalverzinsungen zu korrigieren. Dabei geht es nicht zwangsläufig um die alleinige Ausrichtung der Unternehmensführung auf die Interessen der Eigenkapitalgeber und das vorrangige Ziel der Maximierung des Eigenkapitalwertes (Shareholder Value). Vielmehr werden die Interessen der Eigenkapitalgeber in dem Geflecht der Interessen der übrigen Stakeholder in den Abbildungssystemen berücksichtigt.[4] Letztlich können diese Ziele durch die vorgestellten Bereinigungsrechnungen und die Verwendung von kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen deutlich problemloser erreicht werden, als mit den in der Praxis derzeit eingesetzten Methoden. Gleichwohl sollen diese kurz dargestellt werden.

[1] Vgl. Stewart, The Quest for Value: A Guide for Senior Managers, 1999; Ehrbar, Economic Value Added, 1999.
[2] Vgl. Lewis/Stelter/Casata, Steigerung des Unternehmenswertes – Total Value Management, 1995; Hostettler, Economic Value Added (EVA), 1998, S. 67 ff.
[3] Vgl. Lachnit/Müller, Unternehmenscontrolling – Managementunterstützung bei Erfolgs-, Finanz-, Risiko- und Erfolgspotenzialsteuerung, 2. Aufl. 2012, S. 255 ff.
[4] Vgl. Müller, Management-Rechnungswesen, 2003, S. 223 ff.

6.2.6.1 Economic Value Added

 

Rz. 119

Der EVATM misst retrospektiv den betrieblichen Übergewinn eines Unternehmens in einer Periode. Ein über den Kapitalkosten liegender Gewinn wird als Übergewinn bezeichnet. Inhaltlich kann der EVA als Bindeglied zwischen einer mehrperiodischen Investitionsrechnung und einer einperiodischen ROI-Betrachtung eingeordnet werden.[1] Die Bestimmung des EVATM kann alternativ gem. der

  • Capital Charge-Formel: EVATM = NOPAT – (CE x WACC)
    oder gem. der
  • Value Spread-Formel: EVATM = (ROCE – WACC) x CE

erfolgen. Grafisch lässt sich der zuerst genannte Zusammenhang durch das in Abb. 10 verwendete rechentechnisch verknüpfte Kennzahlensystem darstellen.

Abb. 10: EVATM-Kennzahlensystem[2]

 

Rz. 120

Zur Ermittlung des EVATM werden als Komponenten der Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) als ökonomisch zutreffender Gewinn, das Capital Employed (CE) als ökonomisch relevante Kapitalgröße, die Weighted Average Cost of Capital (WACC) als Gesamtkapitalkostensatz sowie der Return on Capital Employed (ROCE) benötigt, wobei sich Letzterer als Quotient aus NOPAT und CE ergibt.

 

Rz. 121

Bei der Nennergröße des ROCE, dem Capital Employed, handelt es sich um das stichtagsbezogene betriebsnotwendige Nettokapital, dessen tatsächlicher Wert ausgehend von den Buchwerten der Bilanz im Zuge der Aufbereitung der Jahresabschlussdaten über bestimmte Korrekturen bestimmt wird. Dabei werden üblicherweise 4 Arten von Korrekturen vorgenommen: Operating Conversion, Funding Conversion, Comparability Conversion und Shareholder Conversion.[3] Konkret werden dabei zunächst die Aktiva um die Buchwerte der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände bereinigt, wie z. B. um das Finanzumlaufvermögen. Die so aus der Betrachtung ausscheidenden Vermögenswerte müssen zu Marktwerten bewertet, allerdings später in eine umfassende Betrachtung der Unternehmenssituation und -entwicklung wieder miteinbezogen werden. Des Weiteren werden nicht aktivierte Miet- und Leasingobjekte mit ihrem jeweiligen Barwert einbezogen. Weiterhin erfolgt eine Korrektur zum Zwecke der Konsistenz des Steueraufwands sowie abschließend eine Berücksichtigung von stillen Reserven zum Zwecke der vollständigen Erfassung des Eigenkapitals. Ziel ist die Ermittlung der um bilanzrechtliche Verzerrungen korrigierten Kapitalbasis, wobei es zu Differenzen zwischen der internen Wertermittlung und der Sichtweise des Marktes kommen kann.[4] Zudem wird empfohlen, vom CE die nicht explizit zinstragenden kurzfristigen Fremdkapitalien (Abzugskapital) abzuziehen. Dies ist aber immer nur dann zutreffend, wenn die impliziten Zinsen nicht aus der Erfolgsrechnun...

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