Weitere Voraussetzung für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist, dass der Erwerber Unternehmer ist und beabsichtigt, das erworbene Unternehmen fortzuführen bzw. dass sich die vom Veräußerer und Erwerber erbrachten Ausgangsleistungen ähneln. Maßgeblich für die Fortführung ist der im Zeitpunkt der Übertragung mit dem übertragenen Wirtschaftsgut tatsächlich ausgeübte Geschäftsbetrieb. Dabei ist die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, von besonderer Bedeutung.[1]

Eine derartige "Fortführung" ist noch gegeben, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb z. B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt sinnvoll ändert oder modernisiert.[2]

 
Praxis-Beispiel

Wirtschaftlich unterschiedliche Ausgangsleistungen

Die Immobilienleasingfirma A verleast ein von ihr im Jahr 07 umsatzsteuerpflichtig erworbenes Mietgebäude im selben Zug zurück an den Veräußerer. A nahm aus dem Ankauf den Vorsteuerabzug vor. Im Jahr 11 veräußerte A das Mietgebäude umsatzsteuerfrei an B. Erwerber B vermietet das Mietgebäude an Dritte weiter, jedoch ohne leasingtypische Vertragsbestandteile.

Die Veräußerung des Gebäudes stellt keine Geschäftsveräußerung dar, da sich die beiden Tätigkeiten "Finanzierungsleasing" des A und "Vermietung" des B sich wirtschaftlich nicht ähneln. Deshalb schuldet Veräußerer A dem Finanzamt aufgrund des umsatzsteuerfreien Verkaufs des Gebäudes (ohne Option) eine anteilige Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.[3]

Bei einer im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden mehrstufigen Übertragung muss die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Geschäftstätigkeit nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen. Für das Vorliegen der Rechtsfolgen einer Geschäftsveräußerung auf jeder Stufe ist aber erforderlich, dass auf jeder Stufe der Übertragung der jeweilige Erwerber Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist.[4]

Dagegen liegt keine Geschäftsveräußerung vor, wenn der Erwerber von vornherein beabsichtigt, die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie den ggf. vorhandenen Warenbestand zu verkaufen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Verkauf eines vermieteten Ferienhauses

Beamter B veräußert zum 1.1.06 sein bisher an wechselnde Mieter umsatzsteuerpflichtig vermietetes Ferienhaus im Schwarzwald an den Unternehmer U. B erhielt aus der Herstel­lung des erst­mals zum 1.1.00 vermieteten Ferienhauses Vorsteuern vom Finanzamt i. H. v. 90.000 EUR.

Alternative 1: U vermietet das Ferienhaus ebenfalls an wechselnde Mieter:

Da Erwerber U den bisherigen "Vermietungsbetrieb" fortführt, liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor.[6]

Aus dem Verkauf ergeben sich weder für B noch für U direkte umsatzsteuerliche Folgen. Bei einer späteren vorsteuerschädlichen Änderung der Nutzung des Ferienhauses (z. B. private Eigennutzung) übernimmt Erwerber U die Gefahr der Vorsteuerberichtigung.[7]

Alternative 2: U nutzt das Ferienhaus von Anfang an ausschließlich für eigene Wohnzwecke:

Die Geschäftsveräußerung des B ist steuerbar, da der Erwerber U die Vermietung des Ferienhauses nicht fortführt. Die Lieferung des Gebäudes ist umsatzsteuerfrei.[8] Eine Option zur Steuerpflicht ist nicht möglich, da Erwerber U nicht für sein Unternehmen erworben hat. Deshalb muss Veräußerer B in 06 für die Jahre 06 bis 09 insgesamt 36.000 EUR Vorsteuern nach § 15a UStG an das Finanzamt zurückzahlen (4/10 von 90.000 EUR).

Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung kann aber auch dann vorliegen, wenn der Erwerber mit der Fortführung des Unternehmens erstmalig unternehmerisch tätig wird oder das Unternehmen nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt.[9]

 
Wichtig

Fortführung des erworbenen Betriebs erforderlich

Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung setzt jedoch voraus, dass der Erwerber zumindest im Zeitpunkt des Erwerbs die Absicht hatte, die wirtschaftliche Tätigkeit des Veräußerers fortzuführen. Diese Absicht muss gegenüber dem Finanzamt belegbar sein. Spätere Absichtsänderungen des Erwerbers haben jedoch keine Auswirkung auf die umsatzsteuerliche Einstufung der Geschäftsveräußerung.

Die Veräußerung des bloßen Kundenstamms des Produktionsbetriebs einer Bäckerei ohne Produktionsanlagen an den bereits vorher als Bäcker tätigen Erwerber ist keine Geschäftsveräußerung.[10]

Der Verkauf einer Kundenliste stellt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, wenn der Erwerber das Anzeigenblatt des Veräußerers nicht fortführt, sondern die Kundenliste für Zwecke der von ihm erstellten Presseerzeugnisse verwendet.[11]

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung eines zuvor selbst genutzten Grundstücks

V, Inhaber einer Maschinenbaufirma, lässt sich durch einen Bauunternehmer in 01 eine neue Werkshalle erstellen. Aufgrund starker Umsatzrückgänge veräußert V die Werkshalle Anfang 02 direkt nach Fertigstellung an die Immobiliengesellschaft E. E will die Werkshalle entweder vermieten oder weiterverkaufen.

Da der Erwerber E nicht die Absicht hatte, die Geschäftstätigkeit...

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