Rz. 50

Nach § 147 Abs. 6 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde das Recht, selbst unmittelbar auf das DV-System dergestalt zuzugreifen, dass sie in Form des Nur-Lesezugriffs Einsicht in die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten nimmt und die vom Steuerpflichtigen oder von einem beauftragten Dritten eingesetzte Hard- und Software einschließlich der jeweiligen Meta-, Stamm- und Bewegungsdaten sowie der entsprechenden Verknüpfungen zur Prüfung der gespeicherten Daten nutzen darf. Unter dem Nur-Lesezugriff ist nach dem BMF-Schreiben das Lesen und Analysieren der Daten einschließlich der Nutzung der im DV-System des Steuerpflichtigen vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten (z. B. Filtern, Sortieren und Konsolidieren) zu verstehen.[1] Über entsprechende Auswertungsprogramme verfügen die Steuerpflichtigen zumindest in größeren Unternehmen meist schon für eigene Zwecke (Konzernrevision, Reportingsysteme u. Ä.). Daten können beispielsweise durch die Verknüpfung von Daten oder Dateien zur Gewinnung neuer Informationen sortiert werden. Filtern von Daten bedeutet z. B. das Herausziehen bestimmter Datensätze mittels statistischer Methoden oder nach eigenen Vorgaben des Prüfers sowie das Herausziehen bestimmter Informationen aus den Datensätzen.

Eine Unveränderbarkeit des Datenbestandes und des DV-Systems muss durch den Steuerpflichtigen oder einen von ihm beauftragten Dritten garantiert werden. Durch das Sortieren und Filtern der gespeicherten Daten durch die Finanzbehörde darf es zu keiner Veränderung des Datenbestandes kommen.[2]

 

Rz. 51

Mit dem unmittelbaren Datenzugriff werden die Außenprüfungsdienste in die Lage versetzt, das Buchführungssystem gezielt zu durchforsten, z. B. die Sachkonten einzusehen und den Inhalt des elektronisch verarbeiteten Buchungsbelegs zu einem beliebigen Geschäftsvorfall abzufragen. Einige Buchführungsprogramme ermöglichen darüber hinaus einen Zugriff auf einen Großteil der Rechnungsbelege am Bildschirm. Die in vielen Großunternehmen und größeren mittelständischen Betrieben eingesetzten ERP-Softwaresysteme ermöglichen beispielsweise, in Abhängigkeit vom jeweils eingesetzten Programm, Prüfungsfelder erheblich zügiger als nach der herkömmlichen Prüfungstechnik ohne unmittelbaren Datenzugriff zu prüfen.

 

Rz. 52

Der Z1-Zugriff auf die EDV-Systeme eröffnet dem Betriebsprüfer Einblicke in von der Betriebsprüfung bisher nicht originär betroffene geschäftliche Vorgänge, die zu weiterführenden Fragen oder Untersuchungen Anlass geben können. Erfahrungen aus Unternehmen, deren Wirtschaftsprüfer sich bereits seit vielen Jahren mit den dargestellten Prüfungstechniken im Rahmen ihrer Jahresabschlussprüfung beschäftigen, zeigen, dass hierbei eine Vielzahl von Vorgängen, wie z. B. Bewertungs- und Abgrenzungsfehler, falsche oder fehlende Mengen-/Preisangaben, verdeckte Lohnzahlungen, falsche Zuordnung von Kosten und Investitionen oder fehlerhaft erfasste Vor- und Umsatzsteuer aufgedeckt werden, die im Tagesgeschäft untergegangen, den Unternehmen nicht bewusst waren und die zu unangenehmen bzw. aufwendig zu klärenden Fragen seitens des Prüfers führen.[3]

 

Rz. 53

 
Hinweis
  • Der unmittelbare Datenzugriff in der Form des "Nur-Lesezugriffs" erlaubt es der Finanzbehörde nicht, mittels eigener Softwareprogramme, beispielsweise von WinIDEA, Auswertungen im DV-System des Steuerpflichtigen vorzunehmen, da dies durch das Gesetz nicht gedeckt ist. Deshalb besteht keine Gefahr, dass die Software des Steuerpflichtigen durch Viren beschädigt wird, die beim Einsatz von Analyseprogrammen der Finanzbehörde eingeschleust werden könnten.
  • Beim unmittelbaren Datenzugriff dürfen Prüfer nicht auf Kosten der zu prüfenden Unternehmen geschult werden. Verlangt wird lediglich die erforderliche Einweisung in das System. Die Finanzverwaltung wird ihre Prüfer, soweit erforderlich, schulen, damit das notwendige Systemverständnis als Handwerkszeug vorhanden ist. Plakativ ausgedrückt könnte man sagen, der Unternehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter muss den Prüfer in sein DV-System einweisen, "surfen" muss der Prüfer aber schon selbst.
  • Es sollte überprüft werden, ob auf den im Unternehmen eingesetzten DV-Systemen spezielle Protokollierungsprogramme installiert werden können, die automatisch protokollieren,[4] auf welche Daten der Prüfer elektronisch zugegriffen hat, um die Prüfungstätigkeit des Prüfers im eigenen DV-System verfolgen zu können. Denn bei einer Außenprüfung sollte der Steuerpflichtige stets wissen, was geprüft wurde und welche Verknüpfungen im Rahmen der Prüfung hergestellt wurden.
  • Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann der Prüfer auch, in Abhängigkeit vom konkreten Sachverhalt, eine vom Steuerpflichtigen nicht genutzte, aber im DV-System vorhandene Auswertungsmöglichkeit für den Z1-Zugriff verlangen. Eine Volltextsuche, eine Ansichtsfunktion oder ein selbsttragendes System, das in einer Datenbank nur die für archivierte Dateien vergebenen Schlagworte als Indexwerte nachweist, reicht regelmäßig nicht aus.[5] In der Prüfungspraxis ...

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