Der Betrieb der BSC

Der erfolgreichen Entwicklung und Implementierung der BSC im Unternehmen folgte die Phase der intensiven Nutzung. Diese Phase war von besonderer Bedeutung, da die Balanced Scorecard in der Schmitz Cargobull AG ohne Implementierung in den Berichtsprozess des Controllings betrieben wurde. Somit bestand von Anfang an bei den Führungskräften des Konzerns der Konflikt, neben den Standardberichts­inhalten die Balanced Scorecard als gleichberechtigtes Kennzahlensystem zu akzeptieren.

4.1 Fehlende Machtpromotoren

Schleichende Abkehr von der BSC

Die erstmalige Implementierung eines neues Management- und Steuerungsansatzes bedarf eines Machtpromotors im Unternehmen. Zum Zeitpunkt der Entwicklung und Implementierung war der damalige Vorstandsvorsitzende der Antreiber für das Managementkonzept der BSC. Nach seinem Wechsel in den Aufsichtsrat wurden im Laufe der Jahre die Aktivitäten und Bemühungen um die BSC geringer und eine schleichende Abkehr von diesem Managementkonzept setzte ein (s. Abb. 4).

Abb. 4: Verlauf der BSC-Bedeutung

BSC braucht Befürworter auf Leitungsebene

Erkenntnis: Der dauerhafte Einsatz einer BSC wird nur dann erfolgreich gelingen, wenn es auf der obersten Ebene der Unternehmenshierarchie einen Befürworter und Förderer des Konzepts gibt.

4.2 Begeisterung im Verlauf der Zeit

Managementkonzepte verlieren ihren Reiz

"Die Balanced Scorecard ist eine Managementmode." Diese Behauptung von Kieser lässt sich seiner Meinung nach anhand einer Reihe von charakteristischen Merkmalen solcher Moden untermauern. Zu nennen sind insbesondere die rasant zunehmende Anzahl vor allem nicht-wissenschaftlicher Publikationen zur BSC und die Anreicherung ihrer Veröffentlichungen mit wörtlichen Zitaten von Topmanagern über deren positive Einschätzung der BSC[1].

Begeisterung lässt nach

Nach erfolgreicher Implementierung flossen viele Kennzahlen und Messgrößen in das Tagesgeschäft der einzelnen organisatorischen Ebenen und deren Berichtswesen im Konzern ein. Der Fokus der Führungskräfte im Unternehmen verschob sich zunehmend von der BSC hin zum Berichtswesen für das Management, in dem viele der Kennzahlen aus der BSC ebenfalls enthalten waren.

Abb. 5: Verlauf der Begeisterung

Zu Beginn eines neuen Managementkonzepts wird durch Literatur, Internet und Consultants eine regelrechte Euphorie hervorgerufen. Nach einiger Zeit und meist hohen Kosten für Beratung und Implementierung stellt sich die Ernüchterung ein mit der Erkenntnis, dass das neue Managementkonzept vielleicht doch nur "alter Wein in neuen Schläuchen" war. Somit sinkt mit zunehmender Zeit die Begeisterung für ein neues Managementkonzept (s. Abb. 5)[2].

Regelmäßige Auseinander­setzung ist notwendig

Erkenntnis: Neue Managementkonzepte kommen und gehen, ohne dass sich an den grundlegenden unternehmerischen Funktionen und Prozessen etwas ändert. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit dem neuen Konzept sowie eine sinnvolle und unternehmensbezogene Adaptierung sind für einen nachhaltigen Erfolg jedoch von elementarer Bedeutung.

[1] Vgl. Ahn (2005), S. 122.
[2] Vgl. Ahn (2005), S. 122.

4.3 Richtungsänderungen der Strategie

Inkrementelle vs. Einmalplanung

Marktveränderungen vollziehen sich häufig in kleinen, kaum merklichen Schritten, deren Auswirkungen für das einzelne Unternehmen langfristig gesehen jedoch fundamental sein können[1].

Die traditionellen und formalen Planungssysteme werden mehr und mehr ersetzt durch Methoden inkrementeller Planung; damit einher geht eine kontinuierliche Anpassung der Strategie.[2] Strategien sind meist nicht das Ergebnis eines formalen Top-down-Planungsprozesses; sie entwickeln sich eher ungeplant und dezentral aus Aktivitäten in strategischen Subsystemen, die auf Umweltherausforderungen reagieren[3].

Für die strategische Planung bedeutet dies, dass ein Zielzustand bei der inkrementellen strategischen Planung nie gegeben sein wird. Die kontinuierliche Verbesserung treibt das Unternehmen täglich ein kleines Stück in eine gewünschte Richtung, ohne dass es dazu einen formalisierten Auftrag gibt.

Abb. 6: Veränderungsprozess in Epochen

Unternehmen entwickeln sich innerhalb von Epochen

Die Unternehmensentwicklung gestaltet sich in der betrieblichen Praxis jedoch in Epochen (s. Abb. 6). Eine Epoche ist dabei ein größerer unternehmensgeschichtlicher Zeitabschnitt, dessen Ende durch einen einschneidenden Wandel der Verhältnisse gekennzeichnet ist. Innerhalb dieser Epochen findet tendenziell nur ein inkrementeller Wandel statt (s. Abb. 7)[4]. Eine solche Epoche, für die die Strategie des Unternehmens neu definiert und festgelegt wird, eignet sich unserer Ansicht nach hervorragend für das Konzept der BSC.

Der Schmitz-Cargobull-Konzern erlebte 1993 eine epochale Veränderung. Aufgrund eines Konjunktureinbruchs sank innerhalb eines Jahres der Umsatz von 600 Mio. DM auf fast 500 Mio. DM[5]. Die neu aufgelegte Unternehmensstrategie des Wachstums durch Verzicht führte das Unternehmen zurück in die Erfolgsspur. Das Konzept der BSC war jedoch 1993 noch nicht in Deutschland angekommen und konnte somit im Rahmen dieser Unternehmensstrategieumsetzung nicht eingesetzt ...

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