Haben Sie die Vorbereitungen abgeschlossen, geht es an die eigentliche Planung Ihres Projekts. Eine gute Planung hilft Ihnen, einen Großteil der Schwierigkeiten zu vermeiden und die Umsetzungsrisiken signifikant zu reduzieren.

Behandeln Sie Ihr Vorhaben, einen Standort im Ausland aufzubauen, als die größte und wichtigste Investitionsentscheidung, die Sie für Ihren Betrieb jemals durchführen werden. Als guter Kaufmann prüfen Sie im Normalfall mit einem Investitionsrechnungsverfahren ob sich die Anschaffung voraussichtlich lohnen wird, z. B. mit

  • der Kostenvergleichsrechnung,
  • der Kapitalwertmethode oder
  • einem Punktwertverfahren (Scoring-Modell).

Nichts anderes sollten Sie tun, wenn Sie planen, Ihr Unternehmen oder Teile davon zu verlagern. Sie müssen sich Punkt für Punkt mit den unterschiedlichen Fragestellungen befassen und sich die Ziele, Chancen und Risiken deutlich vor Augen führen. Am Ende erstellen Sie so eine Planung, die in konkrete Finanzzahlen mündet. Sie stellen fest, ob sich das Auslandsengagement tatsächlich lohnt bzw. wie hoch die zu erwartenden Vorteile sind.

1.2.1 Ziele formulieren

Klären Sie zu Beginn Ihrer Arbeiten verbindlich bzw. formulieren Sie, was Sie mit Ihrem Auslandsengagement vor allem erreichen wollen:

  • Kostensenkung?
  • Markterschließung?
  • Eine Mischung aus beiden Zielen?
  • Andere Ziele, z. B. weil ein großer Kunde seinen Standort verlagert? Sog. Following-Customer- oder Kielwasser-Strategie, die oft unfreiwillig stattfindet, will man keine Kunden, Umsätze und Gewinne verlieren. Hier sollten Sie unbedingt prüfen, ob es sich tatsächlich lohnt, einem Kunden zu folgen. Oft handelt es sich um große Unternehmen, die im Ausland ganz anders agieren können als kleine Firmen. Und häufig ist es so, dass man mit großen Unternehmen zwar hohe Umsätze, aber nur geringe Deckungsbeiträge oder Gewinne erzielt. Daher ist es in einem solchen Fall oft günstiger, sich um die Akquise neuer Kunden zu kümmern und weiter im Inland aktiv zu bleiben.

Auch wenn für Sie ein Motiv im Vordergrund steht, dürfen Sie die anderen Ziele und Beweggründe nicht vernachlässigen. Nur mit einer kostengünstigen Produktion beispielsweise werden Sie nicht dauerhaft am Markt erfolgreich sein. Sie müssen immer auch Ihren Markt (im Inland) bearbeiten, wenn Sie Ihre Produktionskosten durch eine Standortverlagerung reduzieren wollen.

Umgekehrt müssen Sie kostengünstig produzieren, wenn Sie im Ausland neue Märkte erschließen wollen. Oft können Sie – je nach Land – nicht die gleichen Preise wie in Deutschland erzielen. Das bedeutet auch, dass Sie nicht alle verfügbaren Finanzmittel für den Auslandseinsatz bereitstellen können, sondern ausreichend Gelder zur Bearbeitung des inländischen Markts zurückhalten müssen.

 
Praxis-Tipp

In diesen Fällen sollten Sie unbedingt die Kosten reduzieren

Verfolgen Sie das Ziel "Kostenreduktion" vor allem, wenn Sie

  • Massenware anbieten,
  • sich in einem Markt mit extremem Wettbewerbsdruck bewegen oder
  • Waren verkaufen, die leicht substituierbar sind.

Hier sind Sie stärker als in anderen Situationen auf eine kostengünstige Herstellung angewiesen. In allen anderen Fällen greift die Fokussierung rein auf Kostensenkung in der Regel zu kurz.

Möglicherweise schließen sich bestimmte Ziele gegenseitig aus. Verfolgen Sie z. B. das übergeordnete Ziel, die Innovations-, Technik- und Qualitätsführerschaft zu erreichen, gelingt dies in der Regel nicht allein durch niedrige Kosten. Sie müssen auch auf Faktoren wie

  • Produktionsqualität,
  • Zuverlässigkeit,
  • Qualifikationsniveau der Mitarbeiter,
  • Geheimhaltung und Verfügbarkeit von Entwicklungskompetenzen achten.

Wenn Sie hochpreisige Ware anbieten, kann der Aufdruck "Made in China" oder "Made in Taiwan" auch Image- und Umsatzverluste mit sich bringen. Sind Sie bei Ihren (deutschen) Kunden bekannt für Ihre hohe Flexibilität und kurze Lieferzeiten, ist ein weit entfernter Produktionsstandort möglicherweise kontraproduktiv. Alternativ müssen Sie im Inland hohe Lagerbestände aufbauen, was die Kostenvorteile zumindest teilweise wieder aufzehren kann.

1.2.2 Wahl der Rechtsform

Im MoMiG ist nunmehr geregelt, dass der Verwaltungssitz der Gesellschaft in der EU frei gewählt werden kann. Das bedeutet in der Praxis, dass Sie eine GmbH gründen können, die in Deutschland nach deutschem Recht gegründet wurde und hier ihren Satzungssitz mit gültiger Geschäftsadresse hat, ihr operatives Geschäft aber im EU-Ausland betreibt. Um Missbrauch vorzubeugen, müssen alle Gesellschaften im Handelsregister eine gültige inländische Geschäftsadresse angeben, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Tun sie das nicht, können Schriftstücke oder Willenserklärungen öffentlich zugestellt werden. Mit der Folge, dass rechtskräftige (Versäumnis-)Urteile gegen die Gesellschaft erwirkt werden können, ohne dass Sie davon erfahren. Zudem gibt es Regelungen zum Umgang mit Insolvenzen. Achtung: Hier kann es durch den Brexit in den kommenden Jahren zu Änderungen kommen, wenn Sie in Großbritannien aktiv werden möchten. Daher sollte hier in jedem Fall eine zusätzliche rechtliche Expertis...

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