Auch wenn die Vorteile eines Auslandsengagements auf den ersten Blick noch so groß erscheinen: Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und zu einer unbedachten Vorgehensweise verführen. Treffen Sie keine spontanen Entscheidungen, behalten Sie einen kühlen Kopf. Wenn es im Ausland nennenswerte Vorteile gibt, bestehen diese auch in ein paar Wochen oder Monaten noch. Investieren Sie zunächst Zeit und ggf. Geld in die Vorbereitung und Planung eines Auslandsengagements. Selbst wenn Sie zunächst 20.000–30.000 EUR ausgeben müssen, lohnt sich die Vorbereitung: Sie vermeiden Probleme vor Ort, halten hierdurch Ihren Zeitplan ein und erreichen Ihre Ziele. Die genannten Zahlen orientieren sich an Werten, die für kleine Unternehmen bzw. kleinere Vorhaben, wie die Eröffnung eines Export- oder Verkaufsbüros in einem anderen Land, anfallen. Ist das Vorhaben größer, etwa, wenn ein neuer Produktionsstandort aufgemacht werden soll, fallen schnell deutlich höhere Kosten an.

1.1.1 Risiken bewusst machen

Führen Sie sich zuerst vor Augen, dass die Entscheidung, mit dem gesamten Betrieb oder mit Teilen davon ins Ausland zu gehen, die größte und wichtigste Investitionsentscheidung für Ihren Betrieb ist. Das heißt, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, müssen Sie zunächst zahlreiche Informationen sammeln, Gespräche führen, umfassende Analysen vornehmen und sich auch persönlich im entsprechenden Land umsehen. Gleichzeitig sollten Sie sich noch einmal die zentralen Risikofaktoren ansehen, die Sie bei Ihren Arbeiten kennen und berücksichtigen müssen.

Jedes Auslandsengagement birgt mehr und größere unternehmerische Risiken als in Deutschland

Wenn Sie mit Ihrem Betrieb ins Ausland gehen wollen, müssen Sie sich darüber klar sein, dass es dort sehr viel mehr Risiken und Unsicherheitsfaktoren für Sie gibt als in Deutschland. Allein kulturelle und sprachliche Probleme sowie fehlende Netzwerke (Kontakte zu Geschäftspartnern, Behörden, Kunden usw.) führen immer wieder zu langen und meist ungeplanten Verzögerungen. Hinzu kommen Schwierigkeiten z. B. bei

  • der Personalbeschaffung,
  • der Qualifikation des Personals,
  • der Produktqualität,
  • der Besetzung von Schlüsselpositionen mit eigenem Personal oder
  • der Kommunikation zwischen heimischen und ausländischen Standorten trotz Internet und sozialer Medien.

Die Folgen sind finanzielle Engpässe und Probleme, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass ein Standort wieder aufgegeben werden muss, wenn man sich nicht im Vorfeld um Lösungsmöglichkeiten bemüht.

1.1.2 Bisherige Erfahrungen analysieren

Für jeden Unternehmer lohnt es sich, rechtzeitig vor Planung und Start eines Engagements im Ausland genau zu prüfen, ob es im Betrieb bereits Erfahrungen mit dem Auf- oder Ausbau von Standorten gibt.

Auch wenn Sie bisher keine Auslandserfahrungen haben, können Sie erste Erkenntnisse gewinnen, wenn Sie inländische Entscheidungen zur Standortwahl analysieren:

  • Wie sind Sie vorgegangen, als Sie Ihren Betrieb auf- oder ausgebaut haben?
  • Was waren kritische Erfolgsfaktoren und wie haben Sie Informationen dazu gesammelt?
  • Haben Sie Ihren Standort schon einmal verlegt oder hat es hierzu Überlegungen gegeben?
  • Wie weit sind diese gediehen?
  • Haben Sie evtl. (inländische) Filialen gegründet oder einen zweiten Produktionsstandort eröffnet?
  • Haben Sie mit einer Partnerfirma einen Standort eröffnet oder sind Sie eine Kooperation eingegangen?
  • Gibt es Mitarbeiter mit Erfahrungen beim Aufbau von Standorten oder bei einer Expansion, am besten auch im Ausland?

Die Analyse hilft Ihnen, zu erkennen, wie komplex bereits inländische Entscheidungen sind. Sie erleichtert es Ihnen, sich dem Thema Auslandsstandort kritischer, d. h. mit realistischen Vorstellungen zu nähern.

 
Praxis-Tipp

Aus den Erfahrungen Anderer lernen

Am besten ist es, Sie unterhalten sich ausführlich mit einem oder mehreren Mitarbeitern, die bereits an einer Standortentscheidung beteiligt waren. Diese haben negative und positive Erfahrungen selbst gemacht, kennen mögliche Stolpersteine genau und können Ihnen helfen, die Fehlerquote zu reduzieren. Eines muss Ihnen schon im Vorfeld klar sein: Eine Standortverlagerung – egal ob in Teilen oder als Ganzes – wird auch bei guter Vorbereitung und kritischer Auseinandersetzung nicht problemfrei ablaufen. Sie werden mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, auch mit Dingen, die Sie selbst bei bester Planung nicht absehen können, und sollten jeden Hinweis annehmen, der Ihnen hilft, die Fehlerquote zu senken.

Wenn es in Ihrem Betrieb keine Erfahrungen in Sachen Standortfrage gibt, prüfen Sie, ob Sie Geschäftspartner mit entsprechenden Kenntnissen haben, mit denen Sie sich austauschen können. Jedes Gespräch, jeder Hinweis führt letztendlich dazu, das Risiko zu reduzieren, Fehler zu machen oder wichtige Aspekte zu übersehen und erhöht Ihre Erfolgsaussichten.

 
Achtung

Standortentscheidungen sind uneingeschränkt Chefsache

Wenn Sie sich entscheiden, Ihren Betrieb teilweise oder vollständig ins Ausland zu verlagern, müssen Sie sich um alle wichtigen Dinge persönlich kümmern. Sie können jedoch Mitarbeit...

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