2.1 Abbildung in der Handelsbilanz

Die Huber GmbH ist eine kleine Kapitalgesellschaft und hat am 22.10.01 ein Softwareprodukt für 3.600 EUR erworben, das sie handelsrechtlich über 3 Jahre abschreibt. Danach bucht sie in der Handelsbilanz über 3 Jahre eine jährliche Abschreibung i. H. v. 1.200 EUR (= 3.600 EUR : 3). Da die Huber GmbH die Software aber erst im Oktober 01 erworben hat, setzt sie im Jahr 01 nur die Abschreibung an, die auf die 3 Monate von Oktober 01 bis Dezember 01 entfallen.

Die Huber GmbH rechnet für die Handelsbilanz wie folgt:

 
Anschaffungskosten: 3.600 EUR
Abschreibung im Jahr der Anschaffung:  
1.200 EUR : 12 Monate × 3 Monate = – 300 EUR
Abschreibung in den 2 folgenden Jahren:  
Jahreswert von 1.200 EUR × 2 = – 2.400 EUR
Abschreibung (Rest) im 4. Jahr   – 900 EUR
Wert nach 4 Jahren       0 EUR

Buchungsvorschlag für das Jahr der Anschaffung:

 
Konto SKR 03/04 Soll Kontenbezeichnung Betrag Konto SKR 03/04 Haben Kontenbezeichnung Betrag
4822/6200 Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände 300 0027/0135 EDV-Software 300

2.2 Abbildung in der Steuerbilanz:

In der Steuerbilanz kann die Huber GmbH die erworbene Software entweder

  1. über die Nutzungsdauer von 3 Jahren abschreiben analog zur Handelsbilanz oder
  2. die Abschreibungsregelung für digitale Wirtschaftsgüter anwenden. Nach dem BMF-Schreiben vom 22.2.2022[1] kann für Computerhardware sowie für Betriebs- und Anwendersoftware (auch ERP-Software) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 1 Jahr zugrunde gelegt werden. Das BMF-Schreiben vom 22.2.2022 ersetzt das BMF-Schreiben vom 26.2.2021[2], das noch viele Anwendungsfragen offen ließ.

Um die Auswirkungen auf den Gewinn in der Steuerbilanz zu analysieren, rechnet der Jahresabschlussersteller der Huber GmbH beide Optionen durch. Dabei berücksichtigt er auch die Auswirkung auf den Ausweis von latenten Steuern in der Handelsbilanz. Da die Huber GmbH als keine Kapitalgesellschaft nicht zur Anwendung des § 274 verpflichtet ist, wendet der Jahresabschlussersteller § 274 HGB lediglich freiwillig an, was nach allgemeinerAuffassung als zulässig erachtet wird.[3] Hintergrund der freiwilligen Anwendung des § 274 HGB durch die Huber GmbH ist die verbreitete Auffassung, dass bilanzierende Kaufleute, die § 274 HGB nicht anwenden müssen und auch nicht freiwillig anwenden, eine Rückstellung für passive latente Steuern bilden müssen, wenn die Voraussetzungen des § 249 HGB erfüllt sind.[4] Davon ist auszugehen, wenn die am Bilanzstichtag bestehenden Differenzen zwischen handelsbilanziellem Wert und steuerlichem Wert sich im Zeitablauf (automatisch) abbauen und insgesamt zu einer Steuerbelastung führen. Da die Rückstellungspflicht aus § 249 HGB abgeleitet wurde, führt diese Auffassung dazu, dass letztlich alle bilanzierenden Kaufleute Verbindlichkeitsrückstellungen für passive latente Steuern nach § 249 HGB ausweisen müssen. Um die aktiven latenten Steuern ebenfalls ausweisen zu können, wendet die Huber GmbH § 274 HGB freiwillig an.

[3] Vgl. hierzu Grottel/Larenz, Beck'scher Bilanzkommentar, § 274 HGB, 12. Aufl., Rz. 85.
[4] Vgl. IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 26 in Bezug auf Personengesellschaften; Grottel, Beck'scher Bilanzkommentar, § 274a HGB, 12. Aufl., Rz. 6 m. w. N.

2.2.1 Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 3 Jahren (Option a)

Wird die handelsrechtliche Abschreibung ohne Anpassung in die Steuerbilanz übernommen, erfolgt auch in der Steuerbilanz eine Abschreibung über die Nutzungsdauer von 3 Jahren. In diesem Fall entspricht die handelsrechtliche Abschreibung der steuerlichen Abschreibung (AfA). Zwischen beiden Rechenwerken entstehen keine Unterschiede:

 
Jahr Buchwert 31.12. Handelsbilanz Buchwert 31.12. Steuerbilanz Differenz
1 3.300 3.300 0
2 2.100 2.100 0
3 900 900 0
4 0 0 0

Bei dieser Vorgehensweise sind keine Korrekturen in der steuerlichen Überleitungsrechnung notwendig. Infolgedessen ergeben sich auch keine Auswirkungen auf die Bildung latenter Steuern in der Handelsbilanz.

2.2.2 Abschreibung über 1 Jahr gem. BMF-Schreiben v. 22.2.2022 (Option b)

Nach dem BMF-Schreiben v. 22.2.2022 kann für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer grundsätzlich ein Zeitraum von 1 Jahr unterstellt werden. Nach Rz. 1.2 des BMF-Schreibens kann der Bilanzierende von dieser Annahme auch abweichen und eine längere (im Einzelfall ggf. realistischere) Nutzungsdauer zugrunde legen.

Bei Anwendung der Regelung des BMF-Schreibens sind u. a. folgende Aspekte zu beachten:

  • Da die Huber GmbH die Software unterjährig zum 22.10.01 erworben hat, stellt sich die Frage, ob die Anschaffungskosten im Jahr der Anschaffung (Jahr 01) komplett abgeschrieben werden dürfen oder ob die Abschreibung pro rata temporis auf die ersten beiden Jahre 01 und 02 zu verteilen ist. Die Huber GmbH hat das BMF-Schreiben vom 22.2.2022 sowie die Vorversion des Schreibens vom 26.2.2021 dahingehend analysiert. Nach der ersten Version des BMF-Schreibens vom 26.2.2021 war diese Frage offen. Erst das zweite, aktuell gültige BMF-Schreiben vom 22.2.2022 nimmt dazu in Rz. 1.4 wie folgt Stellung: "Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend zu § 7 Ab...

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