Kurzbeschreibung

Einstellung/Bewerberauswahl: Checkliste mit nach AGG diskriminierungsfreien Ablehnungsgründen und Tipps für ein "neutrales" Absageschreiben nebst interner Dokumentation.

Vorbemerkung

1. Das Absageschreiben

Ein Absageschreiben ist kein angenehmer Teil der Korrespondenz mit einem Bewerber. Viele Unternehmen wählen deshalb Formulierungen, von denen sie hoffen, dass sie den Bewerber nicht verletzen oder zusätzlich enttäuschen. Häufig finden sich in den Schreiben mehr oder weniger allgemeine Ausführungen zur Qualifikation des Bewerbers, oft mit dem Hinweis, dass dieser bei seiner Qualifikation durchaus Chancen in anderen Unternehmen habe.

Aufgrund der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorgesehenen Beweislastverteilung sollte sich der Arbeitgeber bei der Absage aber möglichst vorsichtig ausdrücken und kurz fassen. Das Absageschreiben sollte insbesondere keine unmittelbaren oder mittelbaren Hinweise auf eines der acht durch das AGG besonders geschützten Kriterien (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität, vgl. § 1 AGG) enthalten.

Tipp: Im Hinblick auf die Haftungsrisiken nach dem AGG sollte das Absageschreiben in der Regel keine materielle Begründung für die Nichtberücksichtigung des Bewerbers, d.h. auch keinen Hinweis auf die Gründe enthalten, die letztendlich zur Auswahl des Eingestellten geführt haben.

Kann der Bewerber nämlich in einem späteren Rechtsstreit Indizien beweisen, die bei dem Arbeitsgericht die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines der geschützten achtMerkmale entstehen lassen, muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt. Hat sich der Arbeitgeber bei seiner Absage gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer aber bereits auf bestimmte Ablehnungsgründe festgelegt, muss er damit rechnen, dass das Arbeitsgericht die Prüfung der Frage, ob eine Diskriminierung im Sinne des AGG vorliegt, auf diese im Ablehnungsschreiben ausdrücklich genannten Ablehnungsgründe beschränkt[1]. Er kann sich dann nicht nachträglich auf weitere Gründe zurückziehen, die vielleicht im Ergebnis geeignet sein könnten, sich als sachliche, nicht auf das geschützte Merkmal bezogene Gründe für eine unterschiedliche Behandlung im Sinne des AGG darzustellen.

2. Verhalten bei telefonischen Nachfragen

Häufig fragen Bewerber nach Erhalt des Absageschreibens in der Personalabteilung oder - falls ein Vorstellungsgespräch stattgefunden hat - bei dem Fachvorgesetzten telefonisch nach den Gründen für die Nichtberücksichtigung.

Tipp: Das keine besondere Begründung enthaltende Absageschreiben sollte nicht dadurch "entwertet" werden, dass telefonisch Auskünfte gegeben werden, die in einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung gegen den Arbeitgeber verwendet werden könnten. In der Regel sollte unter Hinweis auf die zahlreichen Bewerbungen und die Komplexität des Auswahlverfahrens eine den Bewerber individuell berücksichtigende Auskunft vermieden werden. Die Mitarbeiter der Fachabteilungen sollten keine Auskünfte geben und Anrufer allenfalls an die Personalabteilung verweisen.

Ein abgelehnter Stellenbewerber hat im Rahmen einer Entschädigungsklage nach bisheriger Rechtsprechung § 15 Abs. 2 AGG wegen behaupteter Benachteiligung keinen allgemeinen Anspruch auf Auskunftserteilung[2].

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben abgelehnte Stellenbewerber keinen Anspruch auf Auskunft, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde, gegen das Unternehmen, bei dem sie sich beworben haben.[3] Ebenso besteht kein Anspruch, nach welchen Kriterien das Unternehmen einen anderen Bewerber eingestellt hat. Ein solcher Auskunftsanspruch ergibt sich nach dem EuGH auch nicht aufgrund des Unionsrechts.[4] Die Weigerungshaltung des Arbeitgebers, keinerlei Informationen zu dem Bewerbungsverfahren Preis zu geben, könnte allenfalls ein Indiz für eine Diskriminierung sein. In Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH hat das BAG die Rechtsfrage des Auskunftsanspruchs des abgelehnten Stellenbewerbers auch im Rahmen des nationalen Rechts entschieden.[5]

3. Dokumentation

Falls abgelehnte Bewerber wegen einer angeblichen Benachteiligung (Diskriminierung) Ansprüche geltend machen wollen, müssen sie dies schriftlich und binnen einer Frist von zwei Monaten tun. Die Frist beginnt im Fall einer Bewerbung mit Zugang der Ablehnung. In der Regel wird der Arbeitgeber den genauen Zugang der Ablehnung zwar nicht beweisen können. Gleichwohl empfiehlt es sich, das Datum der Versendung des Absageschreibens intern zu dokumentieren und eine Kopie des Ablehnungsschreibens während eines mindestens 3-monatigen Zeitraums nach Versendung zu archivieren.

Letztlich muss aber jeder Arbeitgeber selbst entscheiden, welchen Dokumentationsaufwand er betreiben möchte, um sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung besser verteidigen zu können. Aus Kostengründen dürften sich einige auf die Archivierung von "Risikobewerbungen" beschränken.

Im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung...

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