Überblick

Der EuGH hatte mit Urteil v. 6.3.2003[1] zu der Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungsbeziehungen bei dem Bezug von Kraftstoffen Stellung genommen, die der Leasingnehmer für Rechnung des Leasinggebers bezogen hat. Dabei wurde eine Lieferung von Kraftstoff durch den Leasinggeber an den Leasingnehmer verneint, sondern ein Vertrag über die Finanzierung von Treibstoff unterstellt. Der BFH hatte im April 2003[2] die Vorgaben des EuGH in seine Rechtsprechung übernommen. Der BMF gibt in seinem Schreiben vom 15.6.2004 Abgrenzungskriterien vor, nach denen entweder eine Lieferung von Kraftstoffen durch den Leasinggeber oder eine sonstige Leistung "Kraftstoffverwaltung" vorliegen soll. Um die Anpassung bestehender Verträge zu ermöglichen, wurde von der Finanzverwaltung eine Übergangsregelung bis Ende 2004 geschaffen.

 

Die Anweisung des Bundesministers der Finanzen

Obwohl der EuGH in seinem Urteil eine Lieferbeziehung zwischen der Mineralölgesellschaft und dem Leasinggeber auch vor dem Hintergrund ausgeschlossen hatte, dass der Leasingeber zu keinem Zeitpunkt über den bezogenen Kraftstoff tatsächlich verfügen kann, hat die Finanzverwaltung unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem die Möglichkeit für Lieferbeziehungen zwischen den beteiligten Vertragsparteien eröffnet.

Eine Lieferbeziehung zwischen Mineralölgesellschaft und Leasinggeber auf der einen Seite und Leasinggeber und Leasingnehmer auf der anderen Seite soll dann gegeben sein, wenn die folgenden Voraussetzungen alle vorliegen:

  • Zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer liegt keine gesonderte Vereinbarung über die Verwaltung von Kraftstoff vor, es liegen auch keine sonstigen vertraglichen Beziehungen über die Kreditgewährung beim Bezug von Mineralölprodukten vor.
  • Der Leasingnehmer betankt das Fahrzeug sowohl im Namen als auch auf Rechnung des Leasinggebers. Voraussetzung ist, dass dies für den Tankstellenbetreiber eindeutig erkennbar sein muss. Dies kann z. B. durch den Einsatz einer entsprechend bedruckten Tankkreditkarte erfüllt sein.
  • Der Leasinggeber hat die Betankung des Fahrzeugs in seinem Namen und für seine Rechnung nicht untersagt.
  • Das Entgelt für den Kraftstoff wird auf jeder Lieferstufe zwischen den beteiligten Parteien gesondert vereinbart, jeder trägt auf seiner Stufe das wirtschaftliche Risiko (z. B. Zahlungsausfall).
  • Bei Leistungsstörungen sind Schadensersatzansprüche in der Leistungskette (Leasinggeber gegenüber Mineralölgesellschaft und Leasingnehmer gegenüber Leasinggeber) geltend zu machen.

Soweit diese Voraussetzungen vorliegen, ergibt sich die folgende Leistungskette:

Wenn solche Lieferungen in der Leistungskette vorliegen, handelt es sich bei der Lieferung des Kraftstoffes und anderer Mineralölprodukte nicht um eine unselbstständige Nebenleistung des Leasinggebers zu der Hauptleistung "Leasing", sondern es liegt eine eigenständig zu beurteilende Hauptleistung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vor.

Nach der Auffassung der Finanzverwaltung handelt es sich bei beiden um Lieferungen, die jeweils an der Tankstelle ausgeführt sind und somit steuerbar und steuerpflichtig sind, soweit die Tankstelle im Inland belegen ist.

Keine Lieferung von Kraftstoffen in der Leistungskette ist gegeben, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht alle vorliegen. In diesem Fall ist von einer Lieferung des Kraftstoffes an den Leasingnehmer und von einer sonstigen Leistung ("Finanzierungsgeschäft") zwischen dem Leasinggeber und dem Leasingnehmer auszugehen. Dies soll insbesondere dann vorliegen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es liegt eine Vereinbarung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer über die Verwaltung von Kraftstoff oder die Kreditgewährung im Zusammenhang mit Kraftstoffbezug vor.
  • Der Leasingnehmer betankt das Fahrzeug im eigenen Namen und/oder für eigene Rechnung. Dies soll insbesondere dann gegeben sein, wenn die Bezahlung ohne Einsatz einer Tankkreditkarte des Leasinggebers erfolgt.
  • Der Leasingnehmer nimmt die Betankung im eigenen Namen vor und lässt sich den gezahlten Betrag vom Leasinggeber erstatten.

In diesem Fall ergeben sich die folgenden Leistungsbeziehungen:

Praxis-Tipp

Für alle Leistungen vor dem 1.1.2005 wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Abwicklung als Lieferung zwischen Mineralölgesellschaft und Leasinggeber und Leasinggeber und Leasingnehmer behandelt wird, wenn die oben dargestellten Voraussetzungen nicht vorliegen sollten.

Auch kann bis zu diesem Zeitpunkt die Lieferung des Kraftstoffes als eine unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung "Leasing" angesehen werden.

 

Konsequenzen für die Praxis

Spätestens bis zum 1.1.2005 müssen Vereinbarungen zwischen einem Leasingeber und einem Leasingnehmer über den Bezug von Kraftstoffen vor dem Hintergrund der von der Finanzverwaltung aufgestellten Abgrenzungskriterien überprüft werden.

Obwohl der EuGH grundsätzlich Zweifel daran hatte, ob eine Lieferung von Kraftstoff an den Leasinggeber überhaupt vorliegen kann, da der Leasinggeber zu kei...

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