Steuerkanzlei verkaufen - was Sie beachten müssen

Immer mehr Steuerkanzleien werden zu Teilen oder gänzlich verkauft. Die Gründe dafür variieren. Welche Aspekte beim Verkauf der eigenen Steuerkanzlei beachtet werden müssen und welche Kennzahlen bei der Preisermittlung eine entscheidende Rolle spielen, erfahren Sie hier.

Nachfolge gesucht: Warum immer mehr Steuerkanzleien verkauft werden  

Seit Jahren steigt die Zahl der Steuerberatungen in Deutschland. Wo im Jahr 2010 noch knapp 8.000 Steuerberatungen Mandanten betreuten, waren es 2021 bereits 11.000. Diese Steuerkanzleien werden von fast 90.000 Steuerberaterinnen und Steuerberatern betrieben. Ein Problem dabei: Diese werden aufgrund des demografischen Wandels immer älter.

Laut einer Statistik der Steuerberaterkammer waren 2021 mehr als 55% aller Steuerberaterinnen und Steuerberater älter als 50 Jahre. Knapp 30% sind aktuell bereits älter als 60 Jahre. Davon arbeiten nach wie vor knapp 70% in Selbstständigkeit. Das bedeutet, dass sich diese Berufsangehörigen Gedanken um ihre Nachfolge in der Kanzlei machen – und damit über einen potenziellen Verkauf nachdenken.

Entscheiden sich Steuerberater dazu, die eigene Kanzlei zu veräußern, sind einige Aspekte zu beachten. Über die Gesellschaftsform der Kanzlei hinaus spielen auch die Personalstruktur, der Mandantenstamm und der Digitalisierungsgrad in der Kanzlei entscheidende Rollen. Neben der Herausforderung, den eigenen Mandantenstamm in gute Hände zu geben, sollte zudem ein angemessener Preis für die Kanzlei erzielt werden.

In „Kanzleinachfolge: Was ist eine Steuerkanzlei wert?“ erläutert Fachjournalist Karsten Zunke,  warum Kanzleikäufer inzwischen wählerisch sind und warum digitalisierte Kanzleien höhere Kaufpreise erzielen.

Den Wert der Steuerkanzlei bestimmen – auf welche Kennzahlen es ankommt 

Um den Wert einer Steuerkanzlei zu bestimmen, kommen Verfahren wie das modifizierte Ertragswertverfahren, Umsatzmethoden oder Gewinnmethoden zum Einsatz. Unter Zuhilfenahme dieser Verfahren wird der Kanzleiwert errechnet und mit einem Faktor multipliziert, sodass ein Multiplikator zwischen 0,8 und 1,2 entsteht. Dieser Multiplikator spiegelt die Zukunftsfähigkeit der zu verkaufenden Steuerkanzlei wider und beeinflusst damit maßgeblich den Verkaufspreis. Die wichtigsten Kennzahlen bei der Bewertung der Steuerkanzlei sind die folgenden:  

Mandate

Die fundamentale Beurteilungsgröße in Bezug auf die Bonität einer Steuerkanzlei sind deren Mandate. Denn sie geben Auskunft über das zu erwartende Honorarvolumen einer Kanzlei und sind mit verantwortlich für deren Umsatz und Geschäftserfolg. Der Mandantenstamm stellt dabei den wichtigsten, immateriellen Vermögensstand dar. Doch Mandat ist nicht gleich Mandat. Mittels einer ABC Analyse wird die Qualität des Mandantenstamms einer Kanzlei gemessen. Dabei werden die Mandate je nach Umsatz und Deckungsbeitrag in A-, B- oder C-Kunden aufgeteilt. Zusätzlich kann sich die Altersstruktur des Mandantenstamms auch auf dessen Qualität auswirken, da sie die Akquisitionskraft im Zeitverlauf beschreibt.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Das Personal einer Steuerkanzlei wirkt sich ebenfalls auf die Wertermittlung aus. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kanzlei sind für den Umsatz verantwortlich, während sie gleichzeitig einen Großteil der Kosten verursachen. Bei der Preisermittlung spielen also sowohl die Anzahl der Mitarbeiter einer Kanzlei, deren Personalkosten als auch die Deckungsbeitragsrechnung eine Rolle. Letztere zeigt auf, in welchem Verhältnis die Personalkosten zu den Mandaten stehen. Sie beschreibt, wie hoch der Unternehmerlohn pro Mandat ist und gibt damit Auskunft über die Wirtschaftlichkeit der Steuerkanzlei.

Umsatz und Kanzleikosten

Bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung der Steuerkanzlei sind die Abschlüsse der letzten Jahre entscheidend. Sie beschreiben die Leistungsstruktur der Kanzlei und zeigen dank der effektiven und Planzahlen die Umsatzfähigkeit der Kanzlei auch über den Verkauf hinaus auf. Neben dem reinen Umsatz der Steuerkanzlei kommt es auch auf die laufenden Kosten an. Wie hoch sind beispielsweise die Raumkosten der Kanzlei? In welchem Verhältnis stehen sie zur Anzahl der Mitarbeiter? Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice? Ist die Zahl hoch dank hohem Digitalisierungsgrad in der Kanzlei, senkt das die Raumkosten.

Digitalisierungsgrad

Eine weitere, grundlegende Kennzahl ist der Grad der Digitalisierung einer Kanzlei. In Zeiten des digitalen Wandels beschreibt sie stellvertretend die Zukunftsfähigkeit der Steuerkanzlei. Eine Analyse dieser Kennzahl fragt beispielsweise danach, welche EDV-Programme in der Mandantenkommunikation zum Einsatz kommen oder wie Mandantendaten in der Kanzlei gesichert werden. 

Lesen Sie im Trendbericht, was eine digitale Kanzlei ausmacht und wie Kanzleien das begehrte Label „Digitale DATEV-Kanzlei“ erhalten.

Steuerkanzlei in Deutschland verkaufen – gewusst wie

Ist der Wert der Steuerkanzlei ermittelt, kann der Verkauf in die Wege geleitet werden. Doch wo werden Steuerkanzleien eigentlich veräußert?

Beim Verkauf einer Steuerkanzlei stehen Eigentümern diverse Optionen zur Verfügung. Zum einen können sie den Verkauf über Wirtschaftskanzleien, sprich über Fachanwälte für Gesellschaftsrecht oder M&A, laufen lassen. Das hat den Vorteil, dass die Berufskollegen sowohl die Vorbereitung mit Wertermittlung als auch die Organisation des eigentlichen Verkaufs inklusive Vertragsverhandlungen übernehmen.

Alternativ können Steuerkanzleien auch über Börsen zum Verkauf angeboten werden. Als IT-Dienstleister für Steuerberater bietet DATEV beispielsweise eine eigene Kanzlei-Börse an. Dort können Mitglieder in der regionalen Kontaktbörse ihre Steuerkanzlei inserieren. DATEV stellt den Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer her. Dank der Datenlage unterstützt DATEV auch bei der Wertermittlung der zu verkaufenden Steuerkanzlei und vergleicht Wettbewerber und deren aktuelle Stellung am Markt. Die Nutzung der regionalen Börse ist für Mitglieder kosten- und provisionsfrei.

Auch der nwb Verlag bietet die Möglichkeit, Steuerkanzleien über eine Kanzleibörse sowohl digital als auch analog zu inserieren. Als Fachzeitschrift für Steuer- und Wirtschaftsrecht bietet die nwb-Zeitschrift eine Ergänzung zum digitalen Inserat. Der Direktkontakt zu potenziellen Interessenten wird vollständig über die Onlineplattform abgedeckt.

Dritter Anbieter einer digitalen Kanzleibörse ist die Deutsche Bank. Sie bietet Kanzleivermittlung für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und greift auf ein großes Netzwerk zurück.

Vertragsunterzeichnung

Steuerkanzlei verkaufen: die wichtigsten Vertragsregelungen im Überblick

Hat sich ein Käufer gefunden, muss der Kaufvertrag ausgehandelt werden. Die wichtigsten Eckpunkte der Vertragsregelungen stellen wir im Folgenden vor:

  • Stichtag des Übertrags: Der Vertrag muss ein spezifisches Übergabedatum definieren. Nur so kann die verkaufende Partei ihren Austritt und die kaufende Partei ihren Eintritt in die Kanzlei entsprechend planen.
  • Inventar: Wenn die Kanzlei im Asset Deal verkauft wird und nicht nur Anteile veräußert werden, müssen alle Vermögensgegenstände vertraglich spezifiziert werden mittels einer übersichtlichen Inventarliste.
  • Vertragsbeziehungen: Jegliche Vertragsbeziehungen müssen im Kaufvertrag aufgelistet werden. Darunter zählen laufende Forderungen und Arbeiten, Arbeitsverträge, Mietverträge etc. Alle Verträge müssen beschrieben werden. Besonders bei Arbeitsverträgen bestehenden Personals muss auf eine arbeitsrechtliche Betriebsübergabe geachtet werden.
  • Mandantenstamm: Die Übertragung des Mandantenstamms, des höchsten, immateriellen Vermögensguts einer Kanzlei, erfordert eine schriftliche Einwilligung der Mandanten. Die Übergabe der Handakten ist separat zu regeln.  
  • Kaufpreis und Zahlungsbedingungen: Der Kaufpreis ist im Kaufvertrag festzulegen sowie die vereinbarten Zahlungsbedingungen.  

Selbstredend umfassen die oben genannten Eckpunkte nur einen Teil derer, die sich in den Vertragsregelungen zum Verkauf der Steuerkanzlei wiederfinden sollten. Entscheidend während des gesamten Verkaufsprozesses sind eine gute Beratung durch Fachanwälte, eine langfristige Vorbereitung und eine transparente Kommunikation mit allen Beteiligten.

Wie die Nachfolge in der Steuerkanzlei gelingt, zeigt diese Reportage über eine Kölner Steuerkanzlei: „Mit der Zeit gehen: Generationenwechsel in der Steuerkanzlei