Robotic Process Automation (RPA) in der Steuerkanzlei

Robotic Process Automation, also die Automatisierung standardisierter Prozesse mittels Softwareroboter/Bot, hat inzwischen zahlreiche Branchen und Unternehmen erreicht. Aber was bedeutet RPA für die Steuerkanzlei, gibt es bereits Beispiele und ist das ein notwendiges Zukunftsprojekt oder ein vorübergehender Trend? Der Artikel liefert einen Überblick.

Was ist Robotic Process Automation?

Robotic Process Automation (häufig abgekürzt mit RPA, übersetzt robotergestützte Prozessautomatisierung) meint die Automatisierung vorwiegend wiederkehrender manueller Tätigkeiten durch eine künstliche Intelligenz, z. B. durch Softwareroboter bzw. Bots. Dies bietet sich in der Kanzlei- und Unternehmenspraxis insbesondere bei manuellen Routinetätigkeiten an, die besonders fehleranfällig und monoton sind, aber gleichzeitig eindeutig strukturiert und regelbasiert sind.

Auch wenn es zunächst einmal so klingen mag, mit Softwarerobotern sind keine physisch existenten Maschinen gemeint, wie sie in der Fertigungsindustrie eingesetzt werden. Sondern es sind Software-Anwendungen, die eine menschliche Interaktion in Softwaresystemen nachahmen. Ein auf Robotic Process Automation basierter Bot übernimmt zum Beispiel die menschlichen Aktionen klicken, kopieren und einfügen in einer Software.

Das bedeutet für geeignete Unternehmens- bzw. Kanzleiprozesse werden automatisierte Arbeitsabläufe definiert und daraufhin die Software, das heißt der Robot/Bot von Softwareentwicklerinnen bzw. Softwareentwicklern entsprechend programmiert. Die Bots interagieren daraufhin mit den Anwendungen. Eine menschliche Arbeitskraft ist dann in diesem automatisierten Prozess nur noch für Situationen erforderlich, in welchen der Bot überfordert ist, – zum Beispiel bei fehlenden Angaben oder unplausiblen Werten.

RPA ist daher eine Technologie, die Unternehmen und Kanzleien vielfältige Möglichkeiten zur Automatisierung von Prozessen bietet und sollte in jeder Digitalisierungsstrategie mitbedacht werden.

Mehr zum Thema Digitalisierungsstrategie für Steuerkanzleien erfahren Sie auch in unserem Leitfaden zur digitalen Kanzlei.

Was bedeutet Robotic Process Automation in der Steuerkanzlei?

Steuerkanzleien, die sich erfolgreich für die Zukunft aufstellen wollen und gleichzeitig effizienter arbeiten möchten, sollten sich grundsätzlich mit der Digitalisierung beschäftigen. Die Frage ist, ob es zunächst ausreicht, einfach nur die Daten zu digitalisieren und weitestgehend auf Papier zu verzichten oder ob bestimmte Arbeitsschritte direkt mit KI-Technologie (Künstlicher Intelligenz) automatisiert werden. Diese Automatisierung läuft dann unter dem Schlagwort Robotic Process Automation (RPA). 

Wie und wo KI im Tax-Umfeld genutzt werden kann, lesen Sie im Interview mit Professor Peter Fettke, dem leitenden Wissenschaftler sowie DFKI Research Fellow am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

Bevor es also in der Kanzlei um die Automatisierung mit RPA geht, sollten Steuerkanzleien genau betrachten, welche Arbeitsabläufe sich dazu eignen und dann entsprechend für eine Standardisierung und Optimierung dieser Prozesse sorgen. Denn häufig gibt es in Kanzleien so viele Arten der Erledigung von Arbeitsabläufen, wie es Mitarbeitende gibt. Und erst wenn ein Ablauf gleich ist, eignet er sich auch für die Automatisierung. In der Steuerkanzlei geht es dabei häufig um das weitere Ausreizen der Datev-Systeme.

Mehr zum Thema Digitalisierung in der Steuerkanzlei und wie Sie dabei Ihre Mitarbeitenden für Transformationsprozesse gewinnen, erfahren Sie im Grundlagenartikel Digitale Transformation 4.0 im Unternehmen und in der Steuerkanzlei meistern.

Außerdem gilt dasselbe wie grundsätzlich in jedem neuen (Digitalisierungs-) Projekt: Wenn die Prozessautomatisierung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mitgetragen wird, kann sie nicht erfolgreich werden. Das bedeutet, die Mitarbeitenden müssen rechtzeitig informiert und ins Boot geholt werden. Dabei kann ein vollumfängliches Change Management hilfreich sein.

Ohne ein digitales Mindset bleibt in den Köpfen alles beim Alten und der Wandel droht zu scheitern. Um dem entgegenzuwirken, können sogenannte interne Change Manager aufgebaut werden, wie das geht, lesen Sie hier

Wenn Sie sich dafür entscheiden, in Ihrer Kanzlei ein RPA-Projekt zu starten, dann stehen Sie damit natürlich nicht allein da. Es gibt inzwischen zahlreiche renommierte Beratungsunternehmen zum Thema. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie ein Unternehmen wählen, das sich mit Kanzleien und speziell Steuerkanzleien auskennt und im besten Fall bereits Referenzkunden vorweisen kann, bei denen ggf. sogar die Möglichkeit besteht, vorab in Kontakt zu treten.

Beispiele für Robotic Process Automation in der Steuerkanzlei

Grundsätzlich eignet sich die robotergestützte Prozessautomatisierung für besonders zeitaufwendige und eintönige, manuelle Prozesse, die dazu noch hohe menschliche Ressourcen benötigen. In der Steuerkanzlei bietet sich RPA daher an für Aufgaben, die am PC mit zahllosen Mausklicks und/oder längeren Wartezeiten auf die Systeme verbunden sind.

Beispiele sind Datenübernahmeprozesse (wie Excel-Tabellen), das Zusammenführen, Extrahieren oder Formatieren von Daten aus verschiedenen Programmen oder das Ausführen von einfachen Anweisungen, die einem „Wenn-Dann“- Muster folgen. Ein konkretes Beispiel ist der Einsatz von RPA in der Buchhaltung. Hier kann RPA z. B. bei der Übertragung von Daten aus unterschiedlichen Quellen eingesetzt werden und bietet Erleichterung durch die automatisierte Erfassung von Belegen.

Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass RPA ein relatives starres System ist, welches klar vorgegebenen Mustern und eindeutigen Regelwerken folgt und immer wieder neu programmiert werden muss, wenn sich in der Anwendung etwas ändert. Besonders geeignet sind oftmals verwendete Prozesse mit wenigen Ausnahmefällen, die nur sporadischen Eingriff von Menschen erfordern und bei denen die menschliche Fehlerquote recht hoch ist. Für Mandate, die natürlich nicht immer nach demselben Muster betreut werden, ist RPA dagegen eher ungeeignet.

Welchen Mehrwert Chatbots in Steuerabteilungen versprechen und wie mit Hilfe von RPA zum digitalen Assistenten werden können, erfahren Sie im Interview mit Huw Lloyd und Christoph Schneider, Experten im Bereich Tax Technology und Transformation bei EY.

Robotic Process Automation und Datenschutz

Da RPA-Bots sensible Daten verarbeiten und diese über Systeme hinweg von einem Prozess zum anderen verschieben, herrscht bei Steuerkanzleien häufig Unsicherheit bezüglich des Datenschutzes. Das ist auch richtig, denn RPA-Implementierungen bieten durchaus eine Angriffsfläche für Cyber-Attacken. Die Software-Roboter benötigen Zugangsdaten und damit privilegierte Rechte, um die umfangreichen Prozessschritte – häufig über verschiedene Systeme hinweg – abzuarbeiten.

Gerade Kanzleien, die ja per se mit sehr sensiblen Mandantendaten arbeiten, sollten sich daher bewusst sein, dass die Sicherung der RPA-Zugangsdaten von erheblicher Bedeutung ist und das RPA-Entwicklung ein fortlaufender Prozess ist. RPA ist eben keine einmalige Aktivität, sondern muss sich stetig weiterentwickeln, auch um Schwachstellen und Bedrohungen zu erkennen und zu bewältigen.

Darüber hinaus sollten Kanzleien bedenken, dass Roboter in der Theorie zwar vollständig autonom arbeiten, in der Praxis aber häufig ein Eingriff durch Menschen erforderlich ist und auch diese administrativen Zugriffe müssen vollständig gesichert und überwacht werden.

Fazit – Robotic Process Automation in der Steuerkanzlei: ein notwendiges Zukunftsprojekt?

Robotic Process Automation (RPA) liegt im Trend – kein Wunder, denn die Automatisierung von Prozessen verspricht Unternehmen und Kanzleien effiziente Vorteile. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von monotonen Tätigkeiten entlastet und längerfristig können dadurch v.a. Zeit und Kosten gespart werden. Allerdings sollten sich Kanzleien nicht vorschnell in RPA- Initiativen stürzen: denn RPA hat ihren Preis. Im Regelfall ist einiges an Vorarbeit zu leisten sowie die oftmals individualisierte Softwareentwicklung selbst durch einen qualifizierten Anbieter.

Kanzleien sollten daher umfassend überlegen, welches Problem sie mit RPA angehen möchten und ob es überhaupt sinnvoll ist, diesen Prozess generell noch zu behalten bzw. zu optimieren.
Das bedeutet, der erste Schritt Richtung RPA hat gar nicht so viel mit Robotern zu tun, sondern vielmehr damit, bestehende Prozesse zu hinterfragen und zu überdenken. Ansonsten können Kanzleien schnell Gefahr laufen, veraltete oder ineffektive Prozesse mit den neuen Möglichkeiten von Robotic Process Automation lediglich schneller durchzuführen.

Grundsätzlich gilt: sind wiederkehrende, standardisierte und momentan noch händisch durchgeführte Prozesse gefunden, steht einer Automatisierung kaum etwas im Weg. Denn dann ist der Mehrwert für Steuerkanzleien groß: Zeitersparnis, effizientere Arbeitswese und gesteigerte Daten- und Prozessqualität führen zu mehr Zeit für das Wesentliche, nämlich der Beratung, Bindung und Akquise von Mandantinnen und Mandanten, etwas, das RPA auch in Zukunft nicht übernehmen kann.


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Schlagworte zum Thema:  Kanzleisoftware, Kanzleiführung