Zukunftsmacher: Impact-Start-ups, die wirken

Voltfang: Gebrauchte Batterien als Leistungsträger der Energiewende


Voltfang; Gebrauchte Batterien für die Energiewende

Aus Batterien von Elektroautos werden neue Stromspeicher. Das Startup Voltfang zeigt, wie Energie nachhaltiger genutzt werden kann. Mit intelligenter Software und Requalifikation schafft es Lösungen für die Industrie – und leistet einen Beitrag zur Energiewende.

Alles begann mit einem alten Wohnmobil: Kurz nach Beginn ihres Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieurwesens-Studium kauften sich Afshin Doostdar, David Oudsandji, Roman Alberti einen Camper – zur Erholung nach anstrengenden Semestern. Als sie das alte Schätzchen mit einer PV-Anlage modernisierten, wollten sie auch einen Speicher einbauen. Dabei stellten sie fest, dass ausrangierte Speicher von Elektroautos relativ günstig auf dem Markt zu haben waren.

Kurze Zeit später bat ein Bekannter die Drei, ihm einen Stromspeicher zu bauen. "Wir haben uns vier Wochen in eine Garage eingesperrt und getüftelt, wie uns das mit Autobatterien gelingen kann", erinnert sich Afshin Doostdar. Sehr schnell sahen sie, dass in dieser Idee viel Potenzial steckte. Unterstützt durch Programme der RWTH Aachen entwickelten sie ihre Idee zur Marktreife. Schon bald gewannen sie Aldi Nord als einen ihrer ersten Kunden. "Da wussten wir, dass wir einen Nerv getroffen hatten", sagt Doostdar.

Stromversorgung schwankt, Speicher sind knapp

Die kontinuierliche Versorgung mit Energie ist eines der großen Themen der Energiewende. Woher sollen Unternehmen ihren Strom beziehen, wenn Sonne und Wind Pause machen? Speicher spielen daher in der Transformation eine große Rolle. Sie sollen dazu beitragen, die Grundlast sicherzustellen. Den Unternehmen gibt es zusätzliche Sicherheit, wenn sie wissen, dass sie mit ihren eigenen Stromspeichern die Versorgung für einige Zeit decken können.

Steckbrief:
Voltfang GmbH, Aachen

Gründer: Afshin Doostdar, David Oudsandji, Roman Alberti
Gründungsjahr: 2020
Teamgröße: 120 Mitarbeiter
Geschäftsidee: Voltfang entwickelt Energiespeicher für Industrie und Gewerbe, indem das Unternehmen Batterien aus Elektroautos wiederverwendet und mit intelligenter Software für eine effiziente, nachhaltige Stromversorgung sorgt.
Investoren: Im Juni hat Voltfang seine jüngste Series B Finanzierungsrunde über 15 Millionen Euro abgeschlossen. Die Runde wurde vom niederländischen Deeptech-Investor FORWARD.One* als Lead-Investor angeführt. Zu den weiteren Investoren zählen sowohl bestehende Partner wie Interzero, PT1, Helen Ventures, Daphni, Aurum Impact (das Family Office der Goldbeck-Familie), als auch neue Geldgeber wie Fiege Ventures und Newberry Investments.
Zielgruppe: B2B 

www.voltfang.de

Doch die deutlich gestiegene Nachfrage nach Speichern führt zu anderen Problemen: Woher sollen all die Rohstoffe kommen? Gleichzeitig gibt es Batterien, die ausrangiert wurden, aber noch für andere Nutzungen möglich sind. Hier greift die Lösung von Voltfang.

Ein zweites Leben für Autobatterien

Das Aachener Startup baut aus ausrangierten Autobatterien oder solchen aus Überproduktion Stromspeicher für die Industrie. "Batterien von Elektorautos sind für hohe Lastspitzen konzipiert, welches sie leistungsstärker als Batterien für stationäre Anwendung machen. ", erklärt Doostdar.  Der Vorteil: "Beim Auto sind die Batterien durch Schnelladen, Beschleunigen, mechanische Einwirkungen und Temperaturwechsel hohen Belastungen ausgesetzt. Bei Industriekunden, wo es um kontinuierliche Stromversorgung unter gleichbleibenden Bedingungen geht, ist die Belastung deutlich geringer." Die Batterien können in ihrem zweiten Leben daher oft bis zu 15 Jahre genutzt werden. Voltfang  gewährt eine 10-Jahres-Garantie auf ihre Batterien, unabhängig von der Anzahl der Ladezyklen. 

Voltfang Gründer

Für den effizienten Betrieb hat das Unternehmen eine Software entwickelt, das  "Venma". Es analysiert Lastprofile, steuert Lade- und Entladevorgänge und optimiert den Stromfluss. So lassen sich Erträge maximieren und die Nutzungskosten senken. „Mehr als die Hälfte unseres Engineering-Teams arbeitet an dieser Software, sie ist das Herzstück unseres Angebots“, betont Doostdar. In der Regel amortisiert sich die Investition für Unternehmen in drei bis fünf Jahren.

Das Kraftwerk Weisweiler ersetzen

Die Nachfrage ist groß. Vor fünf Jahren gegründet, hat Voltfang bereits mehr als 400 Systeme in Betrieb und über 6900 Autobatterien einer zweiten Nutzung zugeführt. Im August eröffnete Voltfang in Aachen Europas größte Second-Life-Batteriespeicherfabrik. Im Jahr 2026 werden ab April bis Jahresende planmäßig 250 MWh produziert. Bis 2030 soll die Produktionskapazität auf 1 GWh Speicherleistung pro Jahr steigen.

Gemeinsam mit JET Tankstellen realisierte Voltfang in Hamburg ein Pilotprojekt: Eine Schnellladesäule mit 300 kW Leistung nutzt Second-Life-Batterien, um ultraschnelles Laden zu ermöglichen, ohne teuren Netzausbau.

Viel Potenzial sieht Doostdar auch im Bereich der Großbatteriespeicher ab 3,2 MWh Kapazität.  Großspeicher sind für die Stabilität des Stromnetzes zentral: Sie gleichen Schwankungen aus, verhindern Netzengpässe und senken die Kosten der Energiewende. Ein Infrastrukturfond aus Frankfurt sichert die Finanzierung solcher Projekte mit einer Investition von 250 Mio EUR ab.

„Unsere Vision ist es, bis 2030 das Braunkohlekraftwerk Weisweiler durch unsere Speicher ersetzen zu können“, sagt Doostdar. Das nahe Aachen gelegene Werk erzeugt 1.200 MW Strom aus Braunkohle.

Voltfang will zeigen, dass Second-Life-Batterien nicht nur Abfall vermeiden, sondern eine tragende Rolle im Energiesystem übernehmen können. In ein bis zwei Jahren will das Unternehmen profitabel arbeiten.

Als nächstes steht der Gang ins europäische Ausland an: „Wir wollen europäischer Hersteller für nachhaltige Energiespeicher werden“, sagt Doostdar.

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