Fair Trade einfach nur mit "fairer Handel" zu übersetzen, ist sicher zu kurz gegriffen. Unter dem Titel Fair Trade verbirgt sich inzwischen eine lange Geschichte von Einzelaktionen und institutionalisierten Prozessen bis hin zu der nationalen Fairtrade-Organisation für Deutschland (früher TransFair), die das Fairtrade-Siegel der Fairtrade Labelling Organizations International (heute Fairtrade International) für fair gehandelte Produkte vergibt. Dahinter steht eine starke Organisation, die es sich u. a. zur Aufgabe gemacht hat, die Armut in der Welt zu bekämpfen.

Die zugrunde liegenden Standards, die ein (meist landwirtschaftlicher) Produktionsbetrieb in den betroffenen Ländern erfüllen muss, dessen Produkte mit einem Fairtrade-Siegel verkauft werden, entsprechen den internationalen Standards des Fairtrade International e. V. (FI). Diese Standards folgen den 3 Säulen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Soziales.[1]

Soziale Standards

Zu den sozialen Standards gehört "die Stärkung der Kleinbauern, Kleinbäuerinnen und Arbeiter und Arbeiterinnen, konkret durch":

  • Organisation in demokratischen Gemeinschaften (bei Kooperativen),
  • Förderung gewerkschaftlicher Organisation (auf Plantagen),
  • Geregelte Arbeitsbedingungen
  • Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit,
  • Diskriminierungsverbot.

Als ich vor 10 Jahren den ursprünglichen Text verfasst habe, stand hier noch zusätzlich: "Möglichkeiten zur Weiterbildung", "Sicherheit am Arbeitsplatz und Gesundheitsvorsorge müssen gewährleistet werden" und "die Verwaltung der Fairtrade-Prämie muss ermöglicht werden". Außerdem lautete der Punkt mit der Kinderarbeit etwas anders und zwar: "Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit" und auch der Punkt mit den Arbeitsbedingungen war anders formuliert, nämlich so: "die Arbeitsbedingungen müssen den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen".

Es klingt, als habe Fairtrade die Anforderungen herabgesetzt. Schaut man aber in die detaillierten Ausarbeitungen der Fairtrade-Standards für lohnabhängig Beschäftigte, findet man die folgenden Vorschriften, die deutlich machen, dass weniger eine Herabsetzung der Standards, sondern eher eine Konkretisierung erfolgt ist[2]: "3.3.1 Ihr Unternehmen darf keine Kinder anstellen, die jünger sind als 15 Jahre oder als die örtlichen Gesetze vorgeben, je nachdem, welches Alter höher ist."

"3.3.2 Ihr Unternehmen darf weder direkt oder indirekt Arbeitskräften unter 18 Jahren Aufgaben erteilen, die ihre Gesundheit, Sicherheit, moralische Unversehrtheit oder ihre Anwesenheit am Schulunterricht gefährden könnten."

Ökonomische Standards

Im Bereich Ökonomie sind die folgenden Anforderungen an Händler und Hersteller definiert:

  • Bezahlung von Fairtrade-Mindestpreis und Fairtrade-Prämie
  • Nachweis über Waren- und Geldfluss
  • Richtlinien zur Verwendung des Siegels
  • Transparente Handelsbeziehungen
  • Vorfinanzierung

Ökologische Standards

Außerdem sind die folgenden ökologischen Standards einzuhalten:

  • Umweltschonender Anbau
  • Schutz natürlicher Ressourcen
  • Verbot gefährlicher Pestizide
  • Kein gentechnisch verändertes Saatgut
  • Förderung des Bio-Anbaus durch den Bio-Aufschlag

Hier wurden gegenüber dem ursprünglichen Text von vor 10 Jahren andere Begriffe verwendet, inhaltlich fehlen die Positionen "Abfallmanagement" und "die Bewahrung der Biodiversität".

Für welche Branchen ist Fair Trade anwendbar?

Die Überprüfung der Einhaltung dieser Standards wird von der "unabhängigen" Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT vorgenommen (Tochtergesellschaft von Fairtrade International), deren Zertifizierungssystem selbst nach ISO 17065 Richtlinien zertifiziert ist, der internationalen Akkreditierungsnorm für Zertifizierungsorganisationen.

Die weltweit ca. 1.880 Organisationen und Plantagen in 71 Ländern, die nach den Fairtrade-Standards arbeiten, beschäftigen insgesamt über 1,8 Millionen Kleinbauern und Arbeiter. In der Produktdatenbank von Fairtrade Deutschland findet man 6.377 Produkte, die mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichnet sind.[3] Dieses Siegel ist ein Signal für die Konsumenten, das nicht identisch mit Bio-Siegeln ist, aber auch nicht überschneidungsfrei. Es gibt eine ganze Reihe von Produkten, die gleichzeitig auch das EU-Bio-Logo tragen (das mit dem "Euro-Blatt").

Da es bei Fairtrade im Sinne des Fairtrade-Siegels im Wesentlichen um Armutsbekämpfung in Afrika, Asien und Südamerika geht und man sich auf Landwirtschaft und landwirtschaftliche Produkte fokussiert, ist das Konzept nicht für jede Art Unternehmen anwendbar. Inhalten aber, die nicht landwirtschaftsspezifisch sind, kann sich natürlich auch jedes andere Unternehmen verpflichten, wie z. B. dem Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit.

Dass dies nicht etwa selbstverständlich ist, zeigen genügend Beispiele, die sogar durch die Presse gegangen sind, was danach trotzdem nur teilweise zu Veränderungen geführt hat. Da ist z. B. der Bekleidungsdiscounter kik zu nennen, dessen unwürdige Arbeitsbedingungen in Bangladesch von einem Fernsehteam des NDR 2010 aufgedeckt wurden (ausgestrahlt vom NDR in: "Panorama ...

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