Wissen schafft Nachhaltigkeit

Wissenschaft als Rückenwind für Nachhaltigkeitsmanager:innen


Wissenschaft als Rückenwind für Nachhaltigkeitsmanager

Die Welt braucht Wissenschaft, um nachhaltiger zu werden. Daher hat die Unesco das Jahrzehnt der Wissenschaften für nachhaltige Entwicklung ausgerufen. Wir stellen wissenschaftliche Institute vor, die Unternehmen bei Nachhaltigkeit unterstützen. Zum Auftakt: das Fraunhofer IPK.

Die Einladung aus Berlin kam für Ludwig Merz genau im richtigen Augenblick. Er hatte gerade die Leitung der Nachhaltigkeitsabteilung der Firma Hoppecke übernommen, als das in Berlin ansässige  Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK zum Projekt „KliMaWirtschaft“ einlud. Ziel war es, Firmen zu unterstützen, ein ganzheitliches Klimaschutzmanagement aufzusetzen. „Das hat genau zu dem gepasst, was wir damals brauchten“, erzählt Merz. 

Gemeinsam mit dem IPK erstellte er so die Treibhausgasbilanz, formulierte Reduktionsziele und erarbeitete eine Nachhaltigkeitsstrategie. „Für mich war das ein sehr guter Einstieg in das Nachhaltigkeitsmanagement. Ich hätte die Themen sonst nicht so kondensiert und praxisnah entwickeln und umsetzen können“, erzählt er. Ein weiterer Pluspunkt waren die Workshops im Projekt. Hier traf Merz auf Gleichgesinnte aus anderen Unternehmen. Der Austausch förderte nicht nur die Motivation, sondern brachte auch viele neue Ideen hervor.

Systematisch bewerten und gezielt verbessern

Das Fraunhofer IPK unterstützt als produktionstechnischer Forschungs- und Entwicklungspartner mit ausgeprägter IT-Kompetenz Unternehmen in Berlin dabei, Nachhaltigkeit systematisch umzusetzen. Schwerpunkte sind der Weg zur Klimaneutralität und kreislaufwirtschaftliche Aspekte. „Im Bereich Unternehmensmanagement spielt Nachhaltigkeit bei uns schon lange eine zentrale Rolle“, erklärt Felix Budde, Experte für Nachhaltigkeitsmanagement am IPK. Das Institut entwickelte Systemlösungen, Einzeltechnologien und Dienstleistungen für das Nachhaltigkeitsmanagement.  

So nutzte das IPK beispielsweise seine langjährige Expertise im Bereich Benchmarking und entwickelte ein eigenes Nachhaltigkeitsbenchmarking. „Wir haben einen Katalog mit 40 verschiedenen Kennzahlen entwickelt, der unterschiedliche Nachhaltigkeitsaspekte beleuchtet“, sagt Budde. Die Bandbreite reicht von Treibhausgasintensität, Luftschadstoffen und Abwasserintensität bis hin zu Verschuldungsgrad, nachhaltigen Finanzanlagen und Diversity-Indikatoren. Mit diesem Benchmarking können Unternehmen ihr Nachhaltigkeitspotenzial bewerten und gezielt Verbesserungspotenziale identifizieren – auch im Vergleich zu anderen Unternehmen. 

In vielen Fällen liefert das Benchmarking direkte Handlungsimpulse. Für den Bereich Treibhausgasemissionen stellt das IPK beispielsweise eine Klimaschutztoolbox mit 90 Maßnahmen bereit. Unternehmen können anhand verschiedener Filter die für sie passenden Ansätze auswählen. „Ebenso wichtig ist es aber, gemeinsam mit den Unternehmen eigene Maßnahmen zu entwickeln“, betont Budde. „Ziele, die auf den unternehmenseigenen Ideen und Erfahrungen basieren, entfalten meist eine größere Wirkung.“ Und wenn sich neue Herausforderungen zeigen, für die es noch keine Lösung gibt, kann das IPK an andere Experten innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft weitervermitteln. 

Anwendungsorientierte Forschung für den Mittelstand

Das Nachhaltigkeitsbenchmarking steht für zahlreiche Projekte des IPK, die Firmen in ihrem Nachhaltigkeitsmanagement unterstützen. „Nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigenen Forschungsabteilungen unterhalten, ist die Zusammenarbeit mit uns oft der beste Weg, aktuelle Forschungsergebnisse für die eigenen Ziele nutzbar zu machen“, erklärt Budde.

Mit seinen Projekten deckt das IPK zahlreiche Nachhaltigkeitsthemen ab – etwa die Kreislaufwirtschaft. So war das Fraunhofer IPK im Rahmen des Projekts „Battery Pass“ federführend für die technische Ausgestaltung des produktübergreifenden Systems für Digitale Produktpässe der Europäischen Union (EU DPP) verantwortlich. Die Ergebnisse wurden in der europäischen Standardisierung aufgegriffen und werden aktuell im Projekt „BatteryPass-Ready“ weiterentwickelt. Das Ziel lautet, ein Testsystem zu entwickeln, das Economic Operator und IT-Service-Dienstleister in der Einführung von digitalen Produktpässen unterstützt.

Innovationen für nachhaltige Geschäftsmodelle

Im Projekt BioFusion 4.0 stand die biologische Transformation in der Industrie im Fokus. „Wir haben untersucht, wie sich biologisch transformierte Geschäftsmodelle entwickeln lassen, die ökologische und wirtschaftliche Vorteile bieten“, so Budde. Ein Ergebnis des Konsortialprojekts ist unter anderem eine Taxonomie der biologischen Transformation im Produktionsgewerbe, die technologische Innovationen systematisch klassifiziert.

Und welchen Ratschlag hat Felix Budde für Unternehmen, die den Einstieg ins Nachhaltigkeitsmanagement suchen? „Ich kann nur empfehlen, sich sofort mit dem Thema zu beschäftigen und auf vorhandene Expertise zurückzugreifen. Parallel dazu sind eine Vielzahl an CO2-Reduktionsmaßnahmen mit Kosteneinsparungen verbunden, die es sowohl aus unternehmerischer als auch aus einer Nachhaltigkeitsperspektive schnell zu nutzen gilt. Auch wenn aktuell Unsicherheit wegen der Berichtspflichten herrscht: Der Aufwand für das Nachhaltigkeitsmanagement lohnt sich immer.“

Das zeigt auch eine aktuelle Auswertung des Projekts KliMaWirtschaft. Die 300 teilnehmenden Unternehmen haben durch die im Projekt entwickelten Maßnahmen mehrere hunderttausend Tonnen CO2 eingespart.

Weitere Infos

Über die Serie: Wissen schafft Nachhaltigkeit

Viele Unternehmen wollen nachhaltiger wirtschaften – doch oft fehlt der Zugang zu aktuellem Forschungswissen und konkreter Unterstützung. Dabei gibt es in Deutschland zahlreiche Institute, die genau hier ansetzen: mit fundierter Wissenschaft, praktischen Tools und individueller Beratung. Anlässlich der „Internationalen Dekade der Wissenschaften für nachhaltige Entwicklung“ der UNESCO wirft diese Serie einen Blick auf Forschungseinrichtungen, die Unternehmen bei ihrer Transformation unterstützen. Sie zeigt, wie Wissenschaft nicht im Elfenbeinturm bleibt, sondern in Betrieben wirksam wird – und wo Unternehmen unkompliziert ansetzbares Know-how finden können.


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