1 Einführung

 

Rz. 1

In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gibt es kein Mehrwertsteuersystem. Auf Bundesebene wird auch keine vergleichbare allgemeine Verkehrssteuer erhoben.

2 Sales Tax und Use Tax

 

Rz. 2

Die einzelnen Bundesstaaten der USA erheben in der Regel eine sogenannte Sales Tax. Dabei handelt es sich um eine umsatzorientierte Verkehrssteuer, die regelmäßig nur bei Umsätzen mit Letztverbrauchern im entsprechenden Bundesstaat erhoben wird, d. h. dies ist keine Allphasen-Mehrwertsteuer nach dem EU-System.

Da jeder Bundesstaat autonom entscheidet, ob und in welchem Umfang er eine Besteuerung vornehmen will, ist für die Prüfung der Rechtslage auf die Steuergesetze des jeweiligen Bundesstaats zu verweisen.

 

Rz. 3

Aktuell erheben 45 der 50 US Bundesstaaten sowie der District of Columbia und Puerto Rico eine Sales Tax. In Puerto Rico wurde der Versuch unternommen, ein Mehrwertsteuersystem einzuführen, doch ist dieser zunächst gescheitert. Einzelne Überseegebiete der USA haben ebenfalls Sales-Tax-Gesetze erlassen.

Alaska, Delaware, Montana, New Hampshire und Oregon sind die einzigen Bundesstaaten, in denen keine Sales Tax existiert.

 

Rz. 4

Zusätzlich werden in 37 Bundesstaaten lokale Steuern erhoben. Die Erhebung der lokalen Steuern geschieht normalerweise als Zuschlag zur Sales Tax. Dabei ist es denkbar, dass verschiedene lokale Gebietskörperschaften ("county", "district" und "city") jeweils besteuern, woraus sich im Extremfall vier Steuern auf einen Vorgang ergeben können.

 

Rz. 5

Der Begriff Use Tax ("Verbrauchssteuer") beschreibt eine Steuer, die in der Regel auf die Nutzung oder den Verbrauch von Waren oder Dienstleistungen erhoben wird, wenn hierauf keine Sales Tax angefallen ist. Dies schließt Fälle ein, in denen ein Unternehmer eine Ware steuerfrei erworben hat, sie später aber z. B. für private Zwecke verwendet, aber auch zahlreiche Fälle des grenzüberschreitenden Handels zwischen Bundesstaaten ("interstate commerce").

3 Steuerbarkeit

3.1 Nexus

 

Rz. 6

Zentraler Begriff ist der sogenannte Nexus. Ein Steuerpflichtiger hat nach den Steuergesetzen der meisten Bundesstaaten einen Nexus im entsprechenden Bundesstaat, wenn er dort über eine gewisse Mindestpräsenz verfügt. Nexus besteht in der Regel, wenn ein Unternehmer in einem Bundesstaat über Eigentum an Immobilien oder beweglichen Wirtschaftsgütern verfügt, sich dort Angestellte befinden oder Waren gelagert werden. Verkaufsfahrzeuge können ebenfalls einen Nexus begründen.

 

Rz. 7

Diese Präsenz kann sich allerdings auch durch einen Vertreter des Verkäufers im entsprechenden Bundesstaat ergeben. Ebenso kann ein Nexus angenommen werden, wenn im Namen und im Auftrag eines Unternehmens im entsprechenden Bundesstaat Reparaturen, Installationsleistungen oder Schulungsleistungen erbracht werden. Schließlich erlassen mehr und mehr Bundesstaaten (aktuell über 25) Gesetze, nach denen eine im Bundesstaat betriebene Internetseite einen Nexus begründen kann.

3.2 Hinweise zum Onlinehandel und Versandhandel zwischen Bundesstaaten

 

Rz. 8

Nach dem bisher in den USA gängigen System unterliegt der Onlinehandel und Versandhandel über eine Bundesstaatsgrenze zwar grundsätzlich der Besteuerung im Bestimmungsbundesstaat. Falls der Verkäufer dort nicht über Nexus verfügt, geht jedoch die Steuerschuld auf den Käufer über (Use Tax). Dieser muss sogar dann, wenn er kein Unternehmer ist, die entsprechende Steuer anmelden und abführen. Allerdings ist die entsprechende Compliance-Quote sehr gering und wird nach Studien aus den USA mit ca. 4 % der Fälle geschätzt.

Die Notwendigkeit eines Nexus, d. h. einer physischen Präsenz, als Anknüpfungspunkt der Sales-Tax-Pflicht des Verkäufers wurde auf ältere Rechtsprechung des Supreme Court, konkret die Entscheidungen National Bellas Hess, Inc. gegen Department of Revenue of Ill., 386 U.S. 753 (1967), und Quill Corp. gegen North Dakota, 504 U.S. 298 (1992), gestützt. Dabei war mit relevant, dass nach Bundesrecht die Bundesstaaten den Handel zwischen den Staaten nicht durch Vorschriften behindern dürfen. Eine solche Behinderung wurde insbesondere in der Notwendigkeit, ohne Präsenz im Zielstaat Steueranmeldungen abgeben zu müssen, gesehen.

Der Supreme Court hat allerdings in seiner Grundsatzentscheidung South Dakota gegen Wayfair, Inc. et al. vom 21.06.2018, No. 17-494, abweichend entschieden und angesichts der stark gewachsenen Bedeutung des e-commerce sowie der erheblichen Steuerausfälle seine ältere Rechtsprechung teilweise aufgegeben bzw. modifiziert. Das Urteil erging im konkreten Fall eines in South Dakota erlassenen Gesetzes, das bei Online-Verkäufern, die in einem Kalenderjahr mindestens 200 Transaktionen mit Kunden in South Dakota erzielten, oder die eine Umsatzschwelle von 100.000 $ überschritten, eine Sales-Tax-Pflicht begründete. Dieses Gesetz erklärte der Supreme Court für verfassungskonform.

Bereits während der Anhängigkeit des Verfahrens erließen diverse weitere Bundesstaaten vergleichbare Sales-Tax-Gesetze. Andere beschlossen diese nunmehr. Es ist davon auszugehen, dass zumindest Gesetze mit ähnlichen Mindestschwellen verfassungskonform sind, und immer mehr Bundesstaaten de...

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