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Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören zu den Krankenfahrzeugen im vorgenannten Sinne nach wie vor allerdings nur solche Fahrzeuge, die nach ihrer gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung verletzter und kranker Personen bestimmt (eingerichtet) sind (vgl. Abschn. 4.17.2 Abs. 2 S. 1 UStAE). Danach sollte bislang die Beförderung mit sogenannten Kombifahrzeugen nicht unter die Steuerbefreiung fallen, eine Aufteilung eines (ggf. einheitlichen) Entgelts solle ausscheiden (vgl. LfSt Bayern vom 12.04.2006, Az: S 7174 – 1 St 35 N). Hierbei handelt es sich um Fahrzeuge, die lediglich partiell zum Transport körperbehinderter Menschen (Rollstuhlfahrer) besonders ausgestattet sind, im Übrigen aber (z. B. für die Beförderung geistig behinderter Menschen) keine besonderen Ausstattungsmerkmale aufweisen. Auch die Literatur folgt überwiegend der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Hettler, HFR 2005, 155 (156)). Allerdings sieht Pump (Die steuerliche Betriebsprüfung 2003, 278) keine Anhaltspunkte für eine (solch) enge Auslegung des Gesetzeswortlauts. In der Rechtsprechung ist diese Frage m. E. nach bislang ungeklärt. Das Niedersächsische FG hat in seinem Urteil vom 16.11.1984 (Az: V 385/81, EFG 1985, 269) kritisiert, dass die vorgenannte Auslegung der Finanzverwaltung im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze finde. Entgegen der Auffassung von Verweyen (in Hartmann/Metzenmacher, UStG, 7. Aufl., § 4 Nr. 17, Anm. 29) hat sich der BFH dieser Kritik des FG Niedersachen bislang nicht entgegengestellt. In seiner Nachfolgeentscheidung zum Urteil des FG Niedersachsen hat der BFH die Frage, ob das Fahrzeug seiner gesamten Bauart und Ausstattung nach besonders eingerichtet sein müsse, ausdrücklich dahingestellt gelassen, da es im streitgegenständlichen Fall bereits überhaupt an einer besonderen Einrichtung mangelte (BFH vom 16.11.1989, Az: V R 9/85, BStBl II 1990, 255). Auch aus dem Urteil des BFH vom 12.08.2004, Az: V R 45/03, BStBl II 2005, 314, ergibt sich nichts anderes, da auch hier ein sogenanntes Kombifahrzeug nicht Streitgegenstand war. Zuletzt hat das FG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 09.01.2009 (Az: 1 V 4533/08, EFG 2009, 707–708) es im Rahmen einer summarischen Prüfung nach wie vor als rechtlich zweifelhaft erachtet, ob der Ausbau der hinteren zwei Sitzbänke, eine Auffahrrampe und Befestigungsschienen für Rollstühle ausreichen, um ein Fahrzeug als "eingerichtet" für den Transport von Kranken und Behinderten i. S. v. § 4 Nr. 17b UStG zu qualifizieren (vgl. § 4 Nr. 17b Rn. 17). Diesem Beschluss lag damit ein gleichgelagerter Sachverhalt eines sogenannten Kombifahrzeugs zugrunde, da die Sitzplätze neben dem Fahrer und eine zweite dreisitzige Rückbank jeweils im Fahrzeug belassen wurden.

 

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Die enge Auslegung der Finanzverwaltung und der überwiegenden Literatur, die für die Beförderung mit Kombifahrzeugen die Steuerbefreiung versagt, ist m. E. abzulehnen. Sie findet weder eine Stütze im Gesetz (so auch Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 09.01.2009, EFG 2009, 707, Rn. 14) noch wird sie den tatsächlichen Gegebenheiten gerecht. So befinden sich in den typischerweise für den Transport von behinderten Menschen verwendeten Kleinbussen wohl immer im vorderen Bereich neben dem Fahrersitz ein oder zwei weitere normale Sitzplätze, die zum Transport von nicht behinderten Menschen geeignet sind. Dies würde aber, folgte man der Auffassung der Finanzverwaltung, in nahezu allen Fällen die Steuerbefreiung wegen des Vorliegens eines Kombifahrzeugs ausschließen. Ob neben der steuerfreien Beförderungsleistung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG zeitgleich (oder zeitlich nachfolgend, so BFH vom 12.08.2004, Az: V R 45/03, BStBl II 2005, 314) noch andere selbständige steuerpflichtige Beförderungsleistungen ausgeführt werden, ist m. E. für die Beurteilung der steuerfreien Beförderungsleistung ohne Belang. Im Fall der gleichzeitigen Durchführung mehrerer Beförderungsleistungen handelt es sich jeweils nicht um unselbständige Nebenleistungen. Entscheidend kann damit nur sein, ob die Beförderung der konkreten Person eine besondere Einrichtung des Fahrzeugs (wenn auch nur partiell) erfordert hat. Ein ggf. einheitliches Entgelt ist aufzuteilen (BFH vom 18.01.1995, Az: XI R 71/93, BStBl II 1995, 559). Nunmehr geht die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 07.04.2011 (BStBl I 2011, 306), umgesetzt in Abschn. 4.17.2 Abs. 2 S. 3 UStAE, allerdings ebenfalls von einer Entgeltaufteilung in steuerfreie und steuerpflichtige Beförderungsleistungen im Falle der Beförderung durch Kombifahrzeuge aus. Hier widerspricht die Finanzverwaltung ihrer eigenen engen Auslegung im Sinne einer "gesamten Bauart und Ausstattung" in Abschn. 4.17.2 Abs. 2 S. 1 UStAE. Allerdings stellt die OFD Niedersachsen in einer Verfügung vom 30.05.2011 (Az: S 7174 – 9 – St 181, DStR 2011, 1522) ergänzend zum BMF-Schreiben vom 07.04.2011 (BStBl I 2011, 306) klar, dass es für die Steuerbefreiung nach § 4 N...

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