Rz. 105

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen von Gegenständen (§ 3 Abs. 1b UStG, vgl. § 3 Rz. 54) ist gemein, dass ihnen eine Gegenleistung fehlt, sodass ein Entgelt als Bemessungsgrundlage nicht in Frage kommt. Deshalb bedarf es – wie beim i. g. Verbringen eines Gegenstandes (vgl. Rn. 108) – einer "Ersatzbemessungsgrundlage". Diese ergibt sich aus § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG, der bestimmt, dass sich derartige Umsätze nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes bemessen. Das Tatbestandsmerkmal "Einkaufspreis" ist richtlinienkonform unter Berücksichtigung der zeitlichen Konkretisierung in § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG ("zum Zeitpunkt des Umsatzes") zu verstehen. Danach ist die Wertentwicklung des entnommenen Gegenstands im Zeitraum zwischen seiner Anschaffung und seiner Lieferung nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen, vgl. BFH vom 21.05.2014, Az. V R 20/13, BStBl II 2014, 1029.

 

Rz. 106

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Bis einschließlich 1989 wurden die ertragsteuerlichen Begriffe wie Teil- oder gemeiner Wert zur Wertbestimmung des Eigenverbrauchs herangezogen (vgl. Rn. 77).

 

Rz. 107

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Einkaufspreis bzw. die Selbstkosten zum Zeitpunkt des Umsatzes (Entnahmezeitpunkt und Zeitpunkt der unentgeltlichen Zuwendung eines Gegenstandes) werden m. E. i. d. R. am besten mit "Wiederbeschaffungswert" beschrieben. Zweifelsohne wird dieser Wert in der Praxis genauso schwer zu ermitteln zu sein wie zuvor der Teilwert. Dies gilt insbesondere für nicht marktgängige Gegenstände. Anhaltspunkte zur Wertfindung können sich auch aus dem Internet ergeben, z. B. bei Internet-Auktionen o. Ä.

 

Rz. 108

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Bemessungsgrundlage ist folglich nur nach einer Bewertung des Entnahmegegenstands zum Zeitpunkt der Entnahme zu finden, wobei gemeiner Wert und Teilwert nicht als Bewertungsmethode in Frage kommen. Vor einer Bewertung sind jedoch zwei weitere Überlegungen anzustellen, die sich nicht unmittelbar aus § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG erschließen. Für den Entnahmegegenstand ist nur insoweit eine Bemessungsgrundlage zu ermitteln, wie er dem Unternehmen zugeordnet worden ist. Rechtstechnisch spricht man auch vom Rahmen des Unternehmens, der üblicherweise im Zusammenhang mit § 2 UStG kommentiert wird (vgl. Abschn. 2.7 UStAE). Diese Zuordnungsentscheidung trifft der Unternehmer in dem Zeitpunkt, in dem der Gegenstand angeschafft oder hergestellt wird. Dies ist der Zeitpunkt, in dem der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Deshalb ist für die Frage, ob ein Gegenstand ganz oder teilweise in den Rahmen des Unternehmens eingegliedert worden ist, neben § 2 UStG insbesondere auch § 15 UStG zu beachten (vgl. die Kommentierung zu § 15 und Abschn. 15.2 Abs. 15a ff. UStAE).

 

Rz. 109

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Zuordnungsentscheidung trifft der Unternehmer autonom für umsatzsteuerrechtliche Zwecke. Inwieweit der Gegenstand ertragsteuerlich gewillkürtes, notwendiges oder sonstiges Betriebsvermögen darstellt, ist unbeachtlich. Beendet der Unternehmer seine Unternehmertätigkeit – etwa weil sein Einzelunternehmen von einer Personengesellschaft fortgeführt wird – erfüllen nicht an die Personalgesellschaft übertragene sondern ihr lediglich unentgeltlich überlassende Gegenstand den Tatbestand der Entnahme, vgl. BFH vom 21.05.2014, Az. V R 20/13, BStBl II 2014, 1029.

 

Rz. 110

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Gegenstände, die der Unternehmer zu weniger als 10 % unternehmerisch nutzt, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Für derartige Gegenstände ergibt sich folglich keine Besteuerung bei der Entnahme.

 

Rz. 111

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Hiervon abzugrenzen ist eine zweite Frage, die beantwortet werden muss, um zu einer zutreffenden Bemessungsgrundlage zu gelangen. Hat der Entnahmegegenstand überhaupt ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt? Hierbei geht es darum, dass nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 und S. 2 UStG nur dann ein einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellter Entnahmeumsatz vorliegt, wenn der zu entnehmende Gegenstand ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Kauft z. B. ein Unternehmer einen teuren Schreibtisch, den er für sein Büro nutzt von Privat, so hat er beim Kauf keinen Vorsteuerabzug, da der Verkäufer kein Unternehmer ist (Gleiches gilt auch bei Käufen von Kleinunternehmern i. S. v. § 19 UStG). Entnimmt der Unternehmer später den Schreibtisch, um ihn als Dekorationsstück in die Diele seines eigenen Wohnzwecken dienenden Einfamilienhauses zu stellen, liegt kein einer steuerbaren Lieferung gegen Entgelt gleichzusetzender Umsatz vor. Eine Bemessungsgrundlage ist mithin nicht zu ermitteln.

 

TIPP

Bei der Entnahme eines Gegenstandes ist zu prüfen, inwieweit der Gegenstand dem Rahmen des Unternehmens zugeordnet wurde und ob für den Gegenstand oder seine Bestandteile bis zur Entnahme ganz o...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge