Rz. 143

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden. Das ist bereits bei Vorbereitungshandlungen für die unternehmerische Tätigkeit der Fall (z. B. Einholung von Marktanalysen, Rentabilitätsuntersuchungen, Anmietung von Immobilien, Ausstattung von Produktionsbetrieben, Anschaffung des Fuhrparks, Wareneinkauf vor Betriebseröffnung etc.). Diese Tätigkeiten belegen zudem – nachweisbar – die ernsthafte Absicht, später Umsätze auszuführen. Voraussetzung für die Anerkennung als Vorbereitungshandlung in diesem Sinne ist nicht, dass später nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausgeführt werden, dass also ein Leistungsaustausch stattfindet. Demzufolge begründet bereits die ernsthafte Absicht, entgeltliche Leistungen auszuführen, die Unternehmereigenschaft. Die Ernsthaftigkeit der Absicht ist durch objektive Merkmale nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Zum Ganzen: vgl. Abschn. 2.6 ­UStAE.

 

Rz. 144

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Im Hinblick auf Vorbereitungshandlungen, die ja bereits die Unternehmereigenschaft begründen können, ist folgender Fall (BFH vom 15.03.1993, BStBl II 1993, 561) zumindest bemerkenswert: Ein selbständiger Ingenieur mit Fachhochschulabschluss will seine Kenntnisse vertiefen und absolviert erfolgreich ein Studium an der Hochschule. Er kann aus den Studienkosten Vorsteuer abziehen, wenn er seine Tätigkeit nach der Unterbrechung durch das Studium wieder aufnimmt. (Die Abgrenzung Ausbildungs- bzw. Fortbildungskosten ist umsatzsteuerlich irrelevant.) Der BFH lässt in einem obiter dictum erkennen, dass ein Student, der beabsichtigt, nach dem Studium selbständig zu werden, nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.

 

Rz. 145

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Gegenstände, die nach dem 31.03.1999 bezogen werden, gelten nach Verwaltungsauffassung nicht für das Unternehmen bezogen, wenn sie zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden – relevant z. B. für Freizeitgegenstände (§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG; Abschn. 15.2 Abs. 17, 18, 21 ­UStAE).

 

Rz. 146

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

In Zweifelsfällen, z.B bei Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach typischerweise zur nichtunternehmerischen Verwendung bestimmt sind, ist bei der Prüfung der Unternehmereigenschaft ein besonderer Maßstab anzulegen (Abschn. 2.6 Abs. 3 S. 2 ­UStAE). Diese Fälle verfahrensrechtlich offen zu halten (z.B, durch § 164 AO), um später abschließend zu entscheiden, ist angesichts der EuGH-Urteile vom 08.06.1999, Rs. C-400/98, UR 2000, 329; vom 08.06.2000, Rs. C-396/98, UR 2000, 336) wenig hilfreich. Der EuGH sieht in einer Vorbehaltsfestsetzung einen Verstoß gegen die Rechtssicherheit und den Vertrauensschutz. Die Vorbehaltsfestsetzung nutzt nur insoweit, als sie vor Betrug und Missbrauch schützt, indem sie die entsprechenden Korrekturen vornehmen kann. In allen anderen Fällen versagt der EuGH trotz Vorbehaltsfestsetzung eine Korrektur des Vorsteuerabzugs. Der BFH hat auf diese Rechtsprechung reagiert und folgende Grundsätze aufgestellt (vgl. BFH vom 22.02.2001, Az: V R 77/96, UR 2001, 260; vom 08.03.2001, Az: V R 24/98, UR 2001, 214):

  • Sobald der Anspruch auf abziehbare Steuer entsteht, entsteht auch das Recht zum Vorsteuerabzug.
  • Als Unternehmer gilt, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 9 ff. MwStSystRL auszuüben und erste Investitionsaufwendungen dafür tätigt. Insoweit ist er vorsteuerabzugsberechtigt.
  • Der Umfang des Vorsteuerabzugs wird wesentlich durch die tatsächliche bzw. beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder der sonstigen Leistung zur Ausführung besteuerter Umsätze bestimmt.
  • Ob die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende unternehmerische Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Maßgebend ist der Zeitpunkt des jeweiligen Leistungsbezugs, der zum Vorsteuerabzug berechtigt.
  • Das dadurch entstandene Vorsteuerabzugsrecht bleibt vorbehaltlich einer etwaigen Vorsteuerberichtigung erhalten. Das gilt auch, wenn der Unternehmer auf Grund einer nach dem Bezug der Gegenstände oder sonstigen Leistungen – aber vor Aufnahme der Umsatztätigkeit – eintretenden Gesetzesänderung nicht mehr zum Verzicht auf die Steuerbefreiung dieser Umsätze berechtigt ist, selbst wenn die Umsatzsteuerfestsetzung nur gem. § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist.
 

Rz. 147

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Zum "erfolglosen Unternehmer" vgl. Rn. 39 ff. Die Konsequenz aus der EuGH-Rechtsprechung zum erfolglosen Unternehmer ist, dass die Unternehmereigenschaft grundsätzlich nicht rückwirkend aberkannt werden kann, es sei denn, es liegt ein Fall von Betrug oder Missbrauch vor. In diesem Zusammenhang ist auf Fehlinvestitionen einzugehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15.01.1998, Rs. C-37/95, UVR 1998, 95 m. Anm. Wagner) bleibt der Vorsteuerabzug beim Erwerb eines Investitionsguts auch...

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