Rz. 47

Nach Art. 135 Abs. 2 S. 1 Buchst a MwStSystRL ist die Gewährung von Unterkunft im Rahmen des Hotelgewerbes und in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung steuerpflichtig, wobei die Mitgliedstaaten aber nach Art. 135 Abs. 2 S. 2 weitere Ausnahmen von der Befreiung regeln können (vgl. EuGH vom 03.03.2000, Rs. C-12/98, Juan Amengual Far, UR 2000, 123: den Mitgliedstaaten ist es gestattet, die Vermietung von Grundstücken durch eine allgemeine Vorschrift der Umsatzsteuer zu unterwerfen und nur die Vermietung von Grundstücken, die zu Wohnzwecken bestimmt sind, durch eine Ausnahmevorschrift von der Umsatzsteuer zu befreien).

Die deutsche Regelung schränkt die Steuerfreiheit durch Abstellen auf das "Überlassen von Wohn- und Schlafräumen", "zur kurzfristigen Beherbergung" "von Fremden" ein.

Für Beherbergungsumsätze gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG der ermäßigte Steuersatz (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 12 UStG).

2.4.1.1 Überlassung von Wohn- und Schlafräumen

 

Rz. 48

Nur die Überlassung von Räumlichkeiten für Wohn- und Schlafzwecke kann nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG steuerpflichtig sein. Steuerpflichtig ist insbesondere die Zimmerüberlassung durch Gasthöfe, Pensionen und Hotels. Ein gaststättenähnliches Verhältnis mit weiteren Dienstleistungen ist aber nicht erforderlich (Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 1 UStAE). Auch die reine Überlassung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern an Urlauber (vgl. hierzu  L’habitant, NWB 2017, 3490) oder die Vermietung von Zimmern etwa an Handelsreisende, Kurgäste oder Messebesucher ist demnach steuerpflichtig. Die Überlassung anderer Räume, wie etwa Laden-, Büro- oder Lagerräume ist dagegen steuerfrei, soweit nicht nach § 9 UStG wirksam zur Steuerpflicht optiert wird.

Werden Räume stundenweise überlassen, um dort sexuelle Handlungen vorzunehmen, ist dies keine Beherbergung im Sinne des § 4 Nr. 12 S. 2 UStG, mit der Folge, dass die Zimmerüberlassung in diesen Fällen nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist (BFH vom 24.09.2015, Az: V R 30/14, UR 2015, 950; Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 3 UStAE; kritisch Widmann, DStR 2015, 2823).

2.4.1.2 Kurzfristige Beherbergung

 

Rz. 49

Die Wohn- und Schlafräume müssen zudem zur kurzfristigen Beherbergung überlassen werden. Dies ist in Anlehnung an § 9 S. 2 AO der Fall, wenn der Vermieter die Räume nicht länger als 6 Monate zur Verfügung stellen will (vgl. BFH vom 27.10.1993, Az: XI R 69/90, UR 1995, 20; EuGH vom 12.02.1998, Rs. C-346/95, Blasi, UR 1998, 189). Entscheidend ist insofern weniger die tatsächliche Dauer der Vermietung, als vielmehr die Absicht des Vermieters die Räume nicht für einen dauerhaften Aufenthalt i. S. d. §§ 8 und 9 AO zur Verfügung zu stellen (Abschn. 4.12.9. Abs. 1 S. 2 UStAE). Anhaltspunkte hierfür sind neben der vereinbarten Vertragsdauer, der Kündbarkeit des Mietvertrages aber auch die tatsächliche Verweildauer des Mieters (vgl. BFH vom 08.08.2013, Az: V R 7/13, DStRE 2014, 28; Heidner in Bunjes, § 4 Nr. 12 Rn. 42).

 

Rz. 50

Bei der Überlassung von Räumen an Asylbewerber kommen in der Regel weitere selbständige Leistungen hinzu, etwa die Gewährung von Verpflegung, die Gebäudereinigung und die Überwachung, die grundsätzlich eigenständig zu beurteilen sind (vgl. oben Rz. 33).

Die Nutzungsüberlassung an Asylbewerber erfolgt regelmäßig auf Grundlage von Vereinbarungen mit dem zuständigen Hoheitsträger. Für die Beurteilung, ob eine (ausnahmsweise steuerpflichtige) Vermietung von Wohn- und Schlafräumen i. S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG 1980 vorliegt, "die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält", kommt es dabei auf die Umstände der Vermietung an den Hoheitsträger und nicht auf die Aufenthaltsdauer der einzelnen Flüchtlinge/Asylbewerber an (BFH vom 09.12.1993, Az: V R 38/91 BStBl II 1994, 585 und vom 25.01.1996, Az: V R 6/95, UR 1997, 181; vgl. auch Rundverfügung der OFD Frankfurt vom 22.11.2016, Az: S 7168 A – 15 – St 16). Liegt demnach eine langfristige Nutzungsüberlassung an den Hoheitsträger vor, weil diesem die Räume für mehr als 6 Monate zur Verfügung stehen, kommt aufgrund der Anmietung für hoheitliche Zwecke auch keine Option nach § 9 UStG in Betracht.

Soweit Räume an Aussiedler direkt überlassen werden, kommt es auf die Absicht des Vermieters bei Mietbeginn an. Sollte das Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern, kann von einer nur kurzfristigen Beherbergung ausgegangen werden (vgl. FG Saarland vom 06.02.2002, Az: 1 K 90/99, EFG 2002, 722).

 

Rz. 51

Bietet der Unternehmer dieselben Räume wahlweise zur lang- oder kurzfristigen Beherbergung von Fremden an, so sind sämtliche Umsätze steuerpflichtig (BFH vom 20.04.1988. Az: X R 5/82, BStBl II 1988, 795, Abschn. 4.12.9. Abs. 2 S. 2 UStAE). Hat ein Unternehmer den einen Teil der in einem Gebäude befindlichen Räume längerfristig, den anderen jedoch nur kurzfristig vermietet, so ist die Vermietung nur insoweit steuerfrei, als er die Räume eindeutig und in leicht nachprüfbarer Weise zur nicht nur vorübergehenden Beherbergung von Fremden bereitgehalten hat (BFH vom 9.12.1993, Az: V R 38...

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