Leitsatz (amtlich)

Die sich über mehrere Jahre erstreckende Verwaltungs-Testamentsvollstreckung ist in der Regel eine unternehmerische Tätigkeit.

 

Normenkette

UStG 1951 § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Bankdirektor. Er hatte im Veranlagungszeitraum 1967 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Außerdem übt er seit dem Jahre 1964 eine Testamentsvollstreckung aus, die nach dem sie anordnenden Testament bis zum Jahre 1982 andauern soll. Das Nachlaßvermögen betrug It. Erbschaftsteuererklärung bei Eintritt des Erbfalles rd. 10 Mio DM. Der Kläger hat - nach seinen Angaben - die für den Fortbestand und die Verwaltung des Firmenvermögens erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die Interessen der Kinder des Erblassers aus ihren Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften wahrzunehmen. Aus dieser Tätigkeit fließen ihm als Vergütung jährlich 25 000 DM zu. Im Jahre 1967 vereinnahmte er die Vergütung für zwei Jahre (= 50 000 DM).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) setzte mit Bescheid vom 17. November 1969 gegen den Kläger (unter Berücksichtigung von § 13 des Berlinhilfegesetzes) Umsatzsteuer 1967 in Höhe von 800 DM fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:

Zwar habe der RFH im Urteil vom 17. Oktober 1941 V 121/41 (RStBl 1942, 13) eine einmalige, zeitlich länger andauernde Testamentsvollstreckung als nicht nachhaltig angesehen, indem er auf den einmaligen Vorgang der Berufung abgestellt habe. Dem vermöge das Gericht jedoch nicht zu folgen, da diese Betrachtung unberücksichtigt lasse, daß der Testamentsvollstrecker in Erfüllung seines Auftrags oft über Jahre hinaus eine umfangreiche Tätigkeit entfalten und unternehmerische Entscheidungen treffen müsse. Ob die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers nachhaltig sei, müsse in Ansehung der Umstände jedes einzelnen Falles entschieden werden. Nach den Umständen des vorliegenden Falles sei sowohl von der Aufgabenstellung her als auch im Hinblick auf die Höhe der Vergütung, die auf die Dauer der Testamentsvollstreckung mehrere 100 000 DM betrage, Nachhaltigkeit gegeben (Hinweis auch auf das Urteil des BFH vom 13. April 1961 V 94/59, HFR 1961, 262, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 1 Nr. 1, Rechtsspruch 186).

Gegen diese Entscheidung des FG richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Umsatzsteuerbescheid 1967 aufzuheben. Zur Begründung trägt er vor:

Der RFH habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß eine einzelne Testamentsvollstreckung ohne Rücksicht auf deren Dauer oder Umfang den Begriff der Nachhaltigkeit nicht erfülle, daß es hierzu vielmehr zusätzlich des Vorliegens eines bestimmten, auf Wiederholung ausgerichteten Willens bedürfe (Urteil vom 22. Januar 1943 V 23/42, RStBl 1943, 221, mit weiterer Rechtsprechung). Hinzukommen müsse, daß die nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt werde.

Die Übernahme der Testamentsvollstreckung durch den Kläger sei für ihn sowohl objektiv als auch subjektiv eine einmalige, auf seine Freundschaft mit dem Erblasser gegründete Handlung. Weder der Umfang der Tätigkeit noch die Höhe ihrer Vergütung, die von der Höhe des Nachlaßvermögens abhänge und somit vom Umfang der Tätigkeit im wesentlichen unabhängig sei, könnten die Annahme der Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit begründen. Insofern habe das FG auch übersehen, daß die Übernahme der Verantwortung durch den Kläger für die von ihm zu treffenden Maßnahmen und Entscheidungen keine - geschweige denn eine nachhaltige - Tätigkeit darstelle, sondern allein die vom Willen des Klägers unabhängige, zwangsläufig eintretende Rechtsfolge der Übernahme des Amtes eines Testamentsvollstreckers sei.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es bleibt bei seiner Rechtsauffassung, daß der Kläger als Aufsichtsratsmitglied unternehmerisch tätig sei und daher mit allen von ihm entgeltlich erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer unterliege, auch wenn er damit die Grenzen seines eigentlichen Berufes überschreite.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das FG hat die Unternehmereigenschaft des Klägers im Ergebnis zutreffend bejaht. Der Kläger ist, soweit er als Aufsichtsratsmitglied tätig wird, Unternehmer (BFH-Urteil vom 27. Juli 1972 V R 136/71, BFHE 106, 389, BStBl II 1972, 810). Sollte die weitere Tätigkeit des Klägers als Testamentsvollstrecker von seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied unter dem Gesichtspunkt der Besorgung fremder Vermögensangelegenheiten (Überwachung der Geschäftsführung der Gesellschaft: BFH-Urteil vom 20. September 1966 I 265/62, BFHE 87, 8, BStBl III 1966, 688) erfaßt werden, würde sich auch insoweit die Frage seiner Unternehmereigenschaft nicht mehr stellen. Der Senat braucht diesem Gesichtspunkt jedoch nicht weiter nachzugehen, da auch für sich allein betrachtet die vom Kläger ausgeübte, sich über einen Zeitraum von 18 Jahren erstreckende Verwaltungs-Testamentsvollstreckertätigkeit eine Betätigung als Unternehmer ist.

Von den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen, die nach § 2 Abs. 1 UStG 1951 und den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen den Unternehmerbegriff bestimmen, hält der Kläger das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit nicht für gegeben. Der Senat kann dem Kläger indes nicht darin zustimmen, daß die von der Rechtsprechung als wesensbestimmendes Moment herausgestellte Wiederholungsabsicht - verneinend - allein daran gemessen werden müsse, daß hier nur ein einmaliger Auftrag ausgeführt werde. Der Kläger hat sich mit der Annahme des (privatrechtlichen) Testamentsvollstreckeramtes, d. h. mit einer einmaligen Übernahmehandlung in ein auf längere Dauer angelegtes Rechtsverhältnis begeben, dessen umsatzsteuerrechtlicher Gehalt nicht durch den (einmaligen) Akt der Übernahme, sondern durch die Vielzahl der durch die Aufgabenstellung des Amtes bedingten Handlungen bestimmt wird, die der Kläger in Erfüllung der übernommenen Verpflichtung erbringt. Die vom Kläger wahrzunehmende Aufgabe, die ihm in großem Umfang auch unternehmerische Entscheidungen abverlangt und für deren Wahrnehmung er eine am Objekt bemessene Vergütung erhält, stellt nach Auffassung des Senats eine Summe von vornherein auf Wiederholung angelegter Einzelhandlungen dar. Sie ist insgesamt eine auf Dauer berechnete, fortgesetzte, d. h. unternehmerische Tätigkeit. Denn auch die Schaffung eines auf die Erzielung von Einnahmen angelegten Dauerzustandes kann diese Voraussetzung erfüllen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1971 V R 41/68, BFHE 104, 266, BStBl II 1972, 238, mit weiterer Rechtsprechung).

Wie der Fall der Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung zu beurteilen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

2. Angesichts dieser Rechtslage ist der Einwand unbeachtlich, der Kläger erweise mit seiner Tätigkeit dem Erblasser nur einen Freundschaftsdienst. Ist die übernommene Tätigkeit nach ihren objektiven Merkmalen als eine unternehmerische Tätigkeit zu beurteilen, kommt es auf die Motive, die zu ihrer Übernahme geführt haben, nicht an (so bereits RFH-Urteil vom 7. April 1933 V A 150/33, RStBl 1933, 1215).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71681

BStBl II 1976, 57

BFHE 1976, 113

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