OFD Hannover, 11.6.2008, S 7109 - 10 - StO 172

Bei der Übertragung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks (Betriebsgrundstück) auf einen Angehörigen sind verschiedene Gestaltungen bekannt geworden. Im Folgenden wird die steuerliche Beurteilung aller Beteiligten dargestellt. Dabei sind die ab 1.7.2004 geltenden Grundsätze, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH im Fall Seeling (Urteil vom 8.5.2003, Rs C-269/00, BStBl 2004 II S. 378) und des nachfolgenden BFH (Urteil vom 24.7.2003, BStBl 2004 II S. 371) ergeben, sowie die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 6.9.2007, BStBl 2008 II S. 65) zur Übertragung eines Miteigentumsanteils auf den Ehepartner bei anschließender Vermietung durch die entstandene Bruchteilsgemeinschaft als Geschäftsveräußerung im Ganzen berücksichtigt.

In den folgenden Sachverhalten war der Unternehmer bei Herstellung oder Erwerb des Betriebsgrundstücks zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt.

Sachverhalt 1

Ein Unternehmer überträgt seiner Tochter unentgeltlich ein Betriebsgrundstück. Aufgrund eines mit der Tochter geschlossenen Pachtvertrages verwendet der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke seines Unternehmens.

Rechtliche Beurteilung beim Unternehmer

Der Unternehmer entnimmt das Grundstück aus seinem Unternehmen. Mit der Übertragung auf die Tochter endet die rechtliche Bindung des Grundstücks an den Unternehmer, so dass auch die Zuordnung des Grundstücks zu seinem unternehmerischen Bereich endet. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke des Unternehmens verwendet. Denn diese Verwendung beruht nicht mehr auf der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, sondern auf der Entscheidung der Tochter, ihrem Vater das Grundstück zu verpachten, sowie auf der Entscheidung des Unternehmers, das Grundstück nunmehr im Rahmen eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses für sein Unternehmen zu verwenden. Die unentgeltliche Wertabgabe durch Entnahme ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). Die Schenkung an die Tochter ist ein unter das Grunderwerbsteuergesetz fallender Vorgang. Der Unternehmer kann nicht nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten. Bei der unentgeltlichen Wertabgabe führt der Unternehmer keine Lieferung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen aus. Vielmehr ist die Entnahme eine vom Willen des Unternehmers gesteuerte Wertabgabe aus seinem Unternehmen. Damit haben sich die Verhältnisse geändert, die beim Erwerb des Grundstücks durch den Unternehmer für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Der Vorsteuerabzug ist ggf. nach § 15a UStG zu berichtigen (Abschn. 215 Abs. 5 Nr. 3a UStR 2008).

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG kann nicht vorliegen, da die Tochter nicht das Unternehmen des Veräußerers fortführt, sondern eine neues (Vermietungs-) Unternehmen begründet.

Rechtliche Beurteilung bei der Tochter

Die Tochter erbringt mit der Verpachtung des Grundstücks eine steuerbare und nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfreie sonstige Leistung. Auf die Steuerfreiheit kann die Tochter unter den Voraussetzungen des § 9 UStG verzichten. Sie ist dann berechtigt, in den Pachtzinsabrechnungen Umsatzsteuer gesondert auszuweisen und ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

Sachverhalt 2

Ein Unternehmer überträgt seiner Ehefrau unentgeltlich einen Miteigentumsanteil an einem steuerpflichtig vermieteten Betriebsgrundstück. Die Ehegatten treten gemeinschaftlich in den bestehenden Mietvertrag ein, das Grundstück wird weiterhin steuerpflichtig vermietet. Die Ehegatten begründen keine gesonderte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Rechtliche Beurteilung bei der Bruchteilsgemeinschaft

Durch die Übertragung des Miteigentumsanteils entsteht kraft Gesetzes eine Bruchteilsgemeinschaft, die gleichzeitig mit ihrer Entstehung in den bestehenden Mietvertrag eintritt. Die Bruchteilsgemeinschaft als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG führt damit das Vermietungsunternehmen des Ehemanns fort und hat die Mieteinnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Ein Vorsteuerabzug kommt in Betracht, soweit die Bruchteilsgemeinschaft Leistungen für ihr Vermietungsunternehmen von anderen Unternehmen bezieht und darüber Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer erhält.

Rechtliche Beurteilung beim Ehemann

Es liegt beim Ehemann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG vor, die keine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG auslöst. Eine zusätzliche Überlassung des in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteils an die Bruchteilsgemeinschaft wird nicht mehr angenommen (Änderung der Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 6.9.2007, s.o.).

Rechtliche Beurteilung bei der Ehefrau

Bei der Ehefrau sind keine Folgen aus der Übertragung des Miteigentumsanteils zu ziehen. Umsatzsteuerlicher Vermietungsunternehmer ist die Bruchteilsgemeinschaft (s.o.). Eine zusätzliche Überlassung des übertragenen Grundstücksanteils an die Bruchteilsgemeinschaft wird nicht mehr angenommen.

Sachverhalt 3

Ein U...

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