Entscheidungsstichwort (Thema)

Formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für ein berechtigtes Interesse i.S. des § 41 Abs. 1 FGO genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche eine Verbesserung der Position des Klägers herbeizuführen.

2) Eine Buchführung ist nicht schon deswegen formal ordnungswidrig, weil der Stpfl. ein Buchführungsprogramm verwendet, das wegen seines Alters nur 3,5-Zoll-Disketten und keine CD-Roms erstellen kann.

3) Bestreitet das FA die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bei Verwendung eines solchen Programms, kann der Stpfl. im Wege der Feststellungsklage die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung feststellen lassen.

 

Normenkette

AO § 147 Abs. 6; FGO § 41

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.05.2014; Aktenzeichen X K 11/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob gerichtlich festgestellt werden kann, dass eine Buchführung nicht allein aus dem Grund als formal ordnungswidrig anzusehen ist, weil ein Buchführungsprogramm verwendet wird, welches aufgrund seines Alters u.a. keine CD-Roms und keine WinIDEA-fähigen Daten erstellen kann.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an deren Kapital Herr S. H1. als Komplementär zu 98,5 % und seine Ehefrau F. H1. als Kommanditistin zu 1,5 % beteiligt sind. Sie stellt … und … aus … her.

Die Klägerin erstellte ihre Buchführung seit vielen Jahren mit dem Buchführungsprogram „Sage-KHK Classic Line (DOS)”. Die Software arbeitet auf der Grundlage des Betriebssystems „MS-DOS” oder „PC-DOS”. Das Programm ermöglicht nicht eine Datenspeicherung auf CD-ROMs oder DVDs, jedoch auf 3,5 Zoll-Disketten. Außerdem vermag das Programm nicht, WinIDEA- oder IDEA-fähige Daten zu erstellen. Wegen der Einzelheiten wird auf das von der Klägerin vorgelegte Handbuch des KHK-Programms verwiesen.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. führte bei der Klägerin aufgrund einer Prüfungsanordnung vom ….2004 und Prüfungserweiterungsanordnungen vom ….2004 und ….2007 eine Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2004 durch. In ihrem Betriebsprüfungsbericht vom ….2009 führten die Prüfer unter Tz. 2.1 aus:

„Gewinnermittlung/Aufzeichnungen

Es liegt eine EDV-Buchführung System „KHK Classic Line (DOS)” vor.

Mit der ersten Erweiterung der Prüfungsanordnung vom ….2006 auf die Jahre 2000 bis 2004 wurde der Firma ein Merkblatt mit Hinweisen zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung übersandt. Darin wurde der Hinweis aufgenommen, dass beabsichtigt sei, dass Datenzugriffsrecht mittels

Datenträgerüberlassung geltend zu machen und die Prüfungssoftware IDEA einzusetzen.

Zu Beginn der Prüfung im Unternehmen am ….2006 sollten die steuerlich relevanten Daten für den Prüfungszeitraum – zusammen mit den zur Auswertung notwendigen Strukturinformationen (Datensatzbeschreibung) – auf maschinell verwertbaren Datenträgern (z. B.CD-ROM. DVD) vorgelegt werden.

Dieser Hinweis auf den Erstzugriff per Datenträger wurde von der Firma nicht beachtet. Zu Beginn der Prüfung lag keine Daten-CD mit den steuerrelevanten Buchführungsdaten für die Jahre 2000 bis 2004 vor.

Nach den vom Frau U. erteilten Auskünften besteht wegen des Alters des eingesetzten Buchführungsprogramms keine Möglichkeit des Datenexportes auf externe Datenträger (CD/DVD).

Ein direkter Datenzugriff würde die laufende Büroarbeit blockieren.

In der Stellungnahme der Bfa. vom ….2007, Seite 2, wird vorgetragen, dass die elektronischen Daten auf Disketten zur Verfügung gestellt werden sollten. Hierbei verkennt die Bfa. offensichtlich den Umfang der Buchführungsdaten und die Notwendigkeit, die Daten auf unveränderbaren Datenträgern zur Verfügung zu stellen zu müssen.

Spätestens ab dem 1.1.2002 stellt dies einen Verstoß gegen die Grundsätze der Überprüfbarkeit maschineller Buchführungssysteme im Rahmen von Außenprüfungen dar (§ 146 Abs. 5 AO i.V.m. § 147 Abs. 2 und 6 AO).

Ab dem 1. Januar 2002 ist der Finanzverwaltung aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen im Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (Bundesgesetzblatt Teil I S. 1433, Artikel 7 und 8) das Recht eingeräumt, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellte Buchführung des Steuerpflichtigen durch Datenzugriff zu prüfen.

Bei der Datenträgerüberlassung sind der Finanzbehörde mit den gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen alle zur Auswertung der Daten notwendigen Informationen (z.B. über die Dateistruktur, die Datenfelder sowie interne und externe Verknüpfungen) in maschinell auswertbarer Form zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich die Daten bei Dritten befinden.

Entscheidet sich der Prüfer für eine Datenanalyse mit Hilfe dienstlich bereitgestellter Prüfungssoftware, müssen die dazu erforderlichen steuerlich relevanten Daten vom Unternehmen auf einem maschinell lesbaren Datenträger bereit gestellt werden.

Da nach eigenen Auskünften der Stpfl. in den Klageverfahren gegen die Prüfungsanordnu...

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