rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entfernungspauschale. mautpflichtige Straße als kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Dies gilt ungeachtet dessen, ob die kürzeste Straßenverbindung über eine mautpflichtige Straße führt.

2. Eine längere Strecke ist nicht deswegen als „verkehrsgünstiger” i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG anzusehen, weil sie wegen der Ersparnis von Mautgebühren kostengünstiger ist.

3. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob Mautgebühren als Kosten für Straßennutzung von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst werden oder als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG neben der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen VI R 49/13)

BFH (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen VI R 49/13)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 1.000,00 EUR

 

Tatbestand

Streitig ist die Berechnung der kürzesten Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Der Kläger war im Streitjahr als Arbeitnehmer tätig. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für seine Fahrten zwischen der Wohnung in Rostock und der Arbeitsstätte in Rostock, … Aufwendungen in Höhe von … EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die einfache Entfernung zur Arbeitstätte betrug nach Angaben des Klägers 22 km. Der Kläger nutzte für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen PKW, Modell Hyundai ….

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 4. Oktober 2011 erkannte das Finanzamt (FA) nur Aufwendungen für Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 726,00 EUR an (= 220 Tage * 11 km* 0,30 EUR). Bei der Berechnung der Fahrtstrecke ging das FA davon aus, dass die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 11 km beträgt und durch den mautpflichtigen Warnowtunnel führt.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2011 legte der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die längere Fahrtstrecke durch die Rostocker Innenstadt als Werbungskosten zu berücksichtigen sei, weil die Mautgebühren für die Tunnelfahrten ungewöhnlich hoch seien. Bei 220 Arbeitstagen hätte er allein 990 EUR für die Mautgebühren zu zahlen. Es könne nicht sein, dass man einen Umweg fahren dürfe, wenn die Stadt „verstopft” und somit eine längere Fahrtstrecke verkehrsgünstiger sei, aber keine Steuervergünstigung erhalte, wenn aufgrund von unverhältnismäßig hohen Mautgebühren eine längere Strecke gefahren werde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Der Kläger hat am 25. Januar 2012 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor,

es sei zwar nicht zu bestreiten, dass die kürzeste Wegstrecke durch den Warnowtunnel führe. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass eine kostengünstigere Straßenverbindung als „offensichtlich verkehrsgünstiger” angesehen werden könne.

Nach den BFH-Entscheidungen vom 16. November 2011 (VI R 19/11, BStBl. II 2012, 520 und VI R 46/10, BStBl. II 2012, 470) komme es für das Tatbestandsmerkmal „offensichtlich verkehrsgünstiger” nicht allein darauf an, ob die längere Streckenführung zu einer Zeitersparnis führe. In seinen Entscheidungen habe der BFH verdeutlicht, dass auch andere Umstände als die von ihm erwähnten, wie Streckenführung und Schaltung von Ampeln, eine verkehrsgünstigere Straßenverbindung begründen könnten. Hierzu gehöre auch eine Streckenführung, die für den Kläger die kostengünstigere sei.

Der vom FA aufgemachten Vergleichsrechnung sei nicht zu folgen. Für ihn seien lediglich die Benzinkosten für die Inanspruchnahme der längeren Verbindungsstrecke entscheidend. Die übrigen Kosten fielen ohnehin an, unabhängig davon, ob er den Warnowtunnel benutze oder die um 11 km längere Strecke durch die Innenstadt. Sein im Streitjahr benutztes Fahrzeug Marke Hyundai (Typenbezeichnung TB Getz 1,1) habe einen durchschnittlichen Verbrauch von 6.349 Liter je 100 km. Im Jahr 2010 habe der durchschnittliche Preis für Super Bleifrei 1.345 EUR betragen. Hieraus hätten Benzinkosten von 0,085 EUR je km resultiert. Für die gesamte Umwegstrecke von 22 km pro Tag ergäben sich mithin zusätzliche Benzinkosten in Höhe von 1,87 EUR. Demgegenüber stünden nach Angaben des FA Kosten für die Benutzung des Warnowtunnels in Höhe von 4,50 EUR täglich. Die Benutzung der Umwegstrecke sei daher erheblich kostengünstiger und damit als offensichtlich verkehrsgünstigere Straßenverbindung zu berücksichtigen.

Die Mehrkosten für die Benutzung des Tunnels seien außergewöhnlich, weil die Errichtung des Warnowtunnels für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei...

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