Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Vorsteuerabzugsfähigkeit von Leistungen eines Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Insolvenzschuldner hat als Unternehmer mit der Leistung des Insolvenzverwalters eine sonstige Leistung bezogen. Zwar endet die Unternehmereigenschaft grundsätzlich, wenn der Unternehmer keine Umsätze mehr tätigt. Unternehmerisch tätig ist aber auch noch derjenige, der sein Unternehmen abwickelt. Die Eingangsleistung des Insolvenzverwalters gehört zu den allgemeinen Aufwendungen des Insolvenzschuldners und berechtigt daher zum Vorsteuerabzug, denn die Kosten hängen direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Insolvenzschuldners zusammen.

2. Entscheidend für die Frage des Vorsteuerabzugs ist, ob die sonstige Leistung betrieblichen Interessen dient und die Ursache für diese Leistung dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist. Dieser Anteil an der Leistung lässt sich bestimmen durch Rückgriff auf das Verhältnis der unternehmerischen Verbindlichkeiten zu den Gesamtverbindlichkeiten des Stpfl.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 4, 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.10.2015; Aktenzeichen XI R 28/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Vorsteuerabzug für Leistungen eines Insolvenzverwalters.

Auf den Antrag des gerichtlich bestellten Nachlasspflegers wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass des am ….06.2006 verstorbenen Herrn A (nachfolgend Insolvenzschuldner) eröffnet und der Kläger mit Beschluss des Amtsgerichts B vom ….07.2006 (Az. 1) zum Insolvenzverwalter ernannt. Der Insolvenzschuldner betrieb bis zu seinem Tod die F Apotheke in B. Nach dem ersten Bericht und Gutachten des Klägers als zunächst vorläufigen Insolvenzverwalter vom 4.7.2006 war der Insolvenzschuldner zahlungsunfähig nach § 17 InsO wegen sofort fälliger, aber nicht bedienbarer Verbindlichkeiten. In seinem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 5.9.2006 geht der Kläger davon aus, dass der aufwendige Lebensstil des Insolvenzschuldners die Ursache der Insolvenz war. Zwar gebe es erhebliche Vermögenswerte, die Hauptverbindlichkeit bei der C Bank hätte der Insolvenzschuldner aber nicht mit den vergleichsweise geringen Einnahmen aus der Apotheke tilgen können. Diese Verbindlichkeit, dies ergibt sich wiederum aus dem zuvor genannten ersten Bericht des Klägers, rührte aus der Übernahme der Apotheke her. Die Hauptverbindlichkeit machte einen Anteil von 530.056 EUR der Insolvenzforderungen aus, die sich insgesamt auf ca. 889.393 EUR beliefen. Den Verbindlichkeiten des Klägers standen Aktiva aus dem Privatvermögen in Höhe von 753.415 EUR sowie dem Betriebsvermögen in Höhe von 12.400 EUR gegenüber.

Am 02.07.2012 reichte der Kläger auf elektronischem Wege die Umsatzsteuervoranmeldung des II. Kalendervierteljahres 2012 für den Insolvenzschuldner ein. Diese wies einen Vorsteuerüberhang von 10.219,37 EUR aus. Die erklärte Vorsteuer resultierte aus der Rechnung des Insolvenzverwalters vom 14.06.2012 in Höhe von 64.005,54 EUR, in der eine 19%ige Vorsteuer in Höhe von 10.219,37 EUR ausgewiesen war.

Mit Schreiben vom 16.8.2012 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum II. Kalendervierteljahr 2012 an. Unter dem 5.9.2012 erließ der Beklagte einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das II. Quartal 2012. Er setzte darin die Umsatzsteuer mit -3.372,39 EUR fest, was einer Kürzung des erklärten Betrages um 67 % entsprach. Hintergrund dieser Kürzung war eine Differenzierung hinsichtlich der Vorsteuerbeträge danach, ob die vom Kläger verwerteten Aktiva des Insolvenzschuldners aus dessen Privatvermögen oder aber aus dessen betrieblichem Vermögen stammten. Der Beklagte ging davon aus, dass 67 % der verwerteten Aktiva aus dem Privatvermögen stammten und folgte insoweit den Feststellungen im Umsatzsteuerprüfungsbericht vom 24.8.2012.

Dagegen wandte sich der Kläger mit fristgerecht erhobenem Einspruch, zu dessen Begründung er vortrug: Eine Differenzierung hinsichtlich der Vorsteuerbeträge, je nachdem, ob die verwerteten Aktiva bzw. Passiva des Insolvenzschuldners aus dessen Privatvermögen oder betrieblichem Vermögen stammten, sei nicht vorzunehmen. Der Kläger verwies insoweit auf das Urteil des Finanzgerichts – FG – Nürnberg vom 11.5.2010, 2 K 1513/2008 und die dazu anhängige Revision beim Bundesfinanzhof – BFH – unter dem Aktenzeichen IV R 9/11. Das FG Nürnberg habe in seinem Urteil, dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen hätte, den vollen Vorsteuerabzug gewährt.

Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 16.7.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er – zusammengefasst – aus: Mit seinem Urteil vom 26.09.2012, V R 9/11, BStBl II 2013, 346 habe der BFH das Urteil des FG Nürnberg aufgehoben, da der Beschluss des Insolvenzgerichts zur Festsetzung des Vergütungsanspruchs des Insolvenzverwalters keine Rechnung eines Dritten im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 4 UmsatzsteuergesetzUStG – darstelle. Eine darüber hinausg...

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