Leitsatz

1. Zuwendungen eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze als Arbeitslohn zu beurteilen.

2. Der Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Leistungen ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen. Er kann anhand der Kosten geschätzt werden, die dem Arbeitgeber dafür erwachsen sind. In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Das sind nur solche Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können.

3. Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung – insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters – sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Abweichung vom Senatsurteil vom 25.5.1992, VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Arbeitgeber K feierte Firmenjubiläum; dazu lud K die gesamte Belegschaft (20.604 Personen) ein. Mit der Gesamtorganisation war Eventveranstalter C beauftragt. Ein Stadion wurde angemietet, man ging von ca. 15.000 Teilnehmern aus. K errechnete für die Veranstaltung Gesamtkosten von 1.812.822 EUR, insbesondere durch Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Das FA ermittelte dagegen Kosten von 2.095.235 EUR und gelangte bei 15.000 geschätzten Teilnehmern zu einem 110 EUR/Person übersteigenden Aufwand. Damit habe K zusätzlichen Lohn von 1.990.052 EUR zu versteuern; die LSt setzte das FA auf 497.513 EUR nebst Annexsteuern fest. Die Klage blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 7.10.2010, 16 K 1298/09 L, Haufe-Index 2706209). Die Freigrenze (110 EUR) sei auch bei Gesamtkosten von 1.795.868 EUR und 16.000 geschätzten Teilnehmern (=112,24 EUR/Teilnehmer) überschritten. Außerdem käme sogar noch geldwerter Vorteil aus den von K verauslagten Reisekosten hinzu (581.820 EUR).

 

Entscheidung

In Anwendung der unter den Praxis-Hinweisen erläuterten neuen Rechtsgrundsätze überschritten die Vorteile aus der Betriebsveranstaltung nicht die Freigrenze von 110 EUR. Deshalb entsprach der BFH der Klage in vollem Umfang.

 

Hinweis

Die bisherige Rechtsprechung gilt fort: Betriebsveranstaltungen können lohnsteuerrechtlich erhebliche Vorteile begründen, wenn die dadurch erbrachten Zuwendungen die Freigrenze von 110 EUR übersteigen (vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 12.12.2012, VI R 79/10, BFH/NV 2013, 637, BFH/PR 2013, 144). Aber zu Umfang und Bewertung von Vorteilen anlässlich von Betriebsveranstaltungen gelangt der Lohnsteuersenat nun zu einer grundlegenden Neuausrichtung. Denn er löst sich von der bisherigen kostenorientierten Betrachtungsweise des Vorteils, führt die Bewertung des Vorteils auf die Grundnorm des § 8 EStG zurück und beurteilt in einem 3. Schritt dann folgerichtig die vermeintlichen Vorteile der Arbeitnehmer aus Betriebsveranstaltungen eben nicht mehr danach, ob dem Arbeitgeber dadurch Kosten entstehen, sondern, ob der Arbeitnehmer dadurch tatsächlich einen Vorteil erlangt.

1. Angesichts der Freigrenze von 110 EUR sind die im Rahmen einer Betriebsveranstaltung vom Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer erbrachten Zuwendungen zu bewerten. Die bisherige Praxis – die Ausgangssachverhalte hier und in VI R 7/11 belegen das – bewertete gerne nach den dem Arbeitgeber entstandenen Kosten. Diese Ungenauigkeit korrigiert der BFH ausdrücklich: Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Dieser Wert kann geschätzt werden, auch durch Rückgriff auf die dem Arbeitgeber entstehenden Kosten. Aber entscheidend bleibt der – auch geschätzte – übliche Endpreis am Abgabeort.

2. Vorteile, die der Arbeitgeber im Rahmen von Betriebsveranstaltungen seinen Arbeitnehmern zuwendet, verursachen bei ihm Kosten. Aber nicht alle Kosten, die ihm durch eine Betriebsveranstaltung entstehen, begründen beim Arbeitnehmer lohnsteuerliche Vorteile. Deshalb zieht der BFH Grenzen; damit hat er schon in seiner Entscheidung v. 12.12.2012, VI R 79/10, BFH/PR 2013, 144 begonnen, nämlich dass Kosten für Buchhaltung oder Eventmanager keine Vorteile begründen. Hier führt der BFH dies fort: Auch Organisationskosten und Mietkosten für Räume zum Abhalten einer Betriebsveranstaltung begründen für sich betrachtet regelmäßig keinen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer. Dazu gehören typischerweise nur konsumierbare Leistungen (Speisen, Getränke, Musikdarbietungen). Damit löst sich der BFH von älterer Rechtsprechung, wonach Ausgaben für den "äußeren Rahmen" von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien.

3. Ohne Berücksichtigung der Stadionmiete (121.299 EUR) war die Freigrenze (110 EUR) nicht mehr überschritten. Und Reisekosten waren nicht einzubeziehen, denn die Teilnahme an der Veranstaltung war beruflich veranlasst; Reisekostener­stattungen sind also steuerfreier Werbungskostenersatz (§ 3 Nr. 16 EStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.5.2013 – VI R ...

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