Leitsatz

1. Erbringt ein Unternehmer an ein Studentenwerk im Rahmen eines "Public-Private-Partnership-Projekts" eine Bauleistung (Werklieferung), die mit einer zwanzigjährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, kann neben der Werklieferung eine eigenständige steuerfreie Kreditgewährung an das Studentenwerk vorliegen.

2. Das gilt auch dann, wenn in der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung kein Jahreszins angegeben worden ist (entgegen Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStAE).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 4, § 4 Nr. 8 Buchst. a, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG, § 118 Abs. 2 FGO, Art. 267 AEUV

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Organträgerin einer Organgesellschaft (OG), die im Rahmen eines sog. "Public-Private-Partnership-Projekts" (PPP‐Projekt) – einer vertraglichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Ressourcen einbringenden privatrechtlich organisierten Unternehmen zur Verwirklichung eines Projekts – im Auftrag eines Studentenwerks eine Studentenwohnanlage sanierte, wobei das Studentenwerk weder als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollte.

Die OG hatte die Finanzierung des Projekts sicherzustellen und die Studentenwohnanlage für die Dauer von 20 Jahren an das Studentenwerk zu vermieten.

Das FA war der Auffassung, dass die OG durch die Sanierung der Gebäude eine Werklieferung erbracht habe. Soweit die OG gegenüber dem Studentenwerk die Bauleistungen kreditiert habe, liege keine eigenständige – umsatzsteuerfreie – Kreditgewährung vor.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG nahm eine steuerfreie Kreditgewährung an (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.8.2011, 16 K 276/08, Haufe-Index 2859268).

 

Entscheidung

Die Revision des FA blieb erfolglos.

Das FG habe zu Recht entschieden, dass im Streitfall neben einer umsatzsteuerpflichtigen Werklieferung i.S.d. § 3 Abs. 4 UStG eine eigenständige nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Kreditgewährung vorliege. Die dahin gehende Würdigung des Sachverhalts durch das FG sei nicht zu beanstanden.

Unerheblich sei im Streitfall, dass in der zugrunde liegenden Vereinbarung (entgegen Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStAE) kein Jahreszins angegeben worden sei.

 

Hinweis

Im Falle einer Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Kreditgewährung nur dann als gesonderte Leistung anzusehen, wenn eine eindeutige Trennung zwischen dem Kreditgeschäft und der Lieferung bzw. sonstigen Leistung vorliegt. Dazu ist nach Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 UStAE erforderlich:

1. Die Lieferung oder sonstige Leistung und die Kreditgewährung mit den dafür aufzuwendenden Entgelten müssen bei Abschluss des Umsatzgeschäfts gesondert vereinbart worden sein. Das für ein Umsatzgeschäft vereinbarte Entgelt kann nicht nachträglich in ein Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung und ein Entgelt für die Kreditgewährung aufgeteilt werden.

2. In der Vereinbarung über die Kreditgewährung muss auch der Jahreszins angegeben werden.

3. Die Entgelte für die beiden Leistungen müssen getrennt abgerechnet werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.11.2013 – XI R 24/11

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