Leitsatz

1. An den Grundsätzen der sog. Überversorgungsprüfung bei der stichtagsbezogenen Bewertung von Pensionsrückstellungen (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 13. November 1975 IV R 170/73, BFHE 117, 367, BStBl II 1976, 142; zuletzt Senatsurteil vom 26. Juni 2013 I R 39/12, BFHE 242, 305, BStBl II 2014, 174) wird festgehalten.

2. Auch wenn bei der Prüfung stichtagsbezogen auf die "aktuellen Aktivbezüge" des Zusageempfängers abzustellen ist, kann es bei dauerhafter Herabsetzung der Bezüge geboten sein, den Maßstab im Sinne einer zeitanteiligen Betrachtung zu modifizieren (gl.A. BMF-Schreiben vom 3. November 2004, BStBl I 2004, 1045, Rz. 19).

3. Die "aktuellen Aktivbezüge" umfassen auch variab­le Gehaltsbestandteile, die im Rahmen einer Durchschnittsberechnung für die letzten fünf Jahre zu ermitteln sind (gl.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1045, Rz. 11).

4. Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung prägen das – durch die betriebliche Altersversorgung zu ergänzende – Versorgungsniveau auch dann, wenn sie im Wesentlichen auf eigenen Beitragsleistungen beruhen.

 

Normenkette

§ 6a Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Halbs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH betrieb auch in den Jahren 2005 bis 2007 ein handwerkliches Unternehmen. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit dem früheren Alleingesellschafter C (geb. 1941) sah zunächst ein Bruttomonatsgehalt von 7.000 DM zzgl. Tantieme i.H.v. "bis zu 50 % vom Jahresüberschuss vor Steuer nach Feststellung der Bilanz" vor (eine Regelung zur privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz enthielt der Vertrag nicht).

Im Dezember 1993 erteilte die Klägerin eine Versorgungszusage (unverfallbarer Anspruch auf ein unveränderliches Ruhegehalt von 6.000 DM p. M. ab Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. auf Hinterbliebenenversorgung); einen Anspruch aus einer Rückdeckungsversicherung trat sie an C ab.

Im November 1999 übertrug C Anteile auf seine Söhne (jeweils 16.500 DM), die ebenfalls zu Geschäftsführern bestellt wurden. In diesem Zusammenhang wurde vereinbart, die Arbeitszeit des C (auf 30 Stunden je Woche) i.V.m. einer Herab­setzung des Bruttomonatsgehalts auf 6.000 DM (Grundlage: kalkulatorischer Gehaltsanspruch von 9.000 DM bei einer Arbeitszeit von 45 Stunden) zu reduzieren.

Im Streitjahr 2006 erhielt C bis einschließlich Februar ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.790 EUR. Ab März zahlte die Klägerin eine Pension i.H.v. 3.067 EUR (6.000 DM), insg. 30.677 EUR, und im Jahr 2007 36.813 EUR.

C erhielt ab März 2006 zudem eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung (mtl. 831,46 EUR). Sein Rentenanspruch beruht im Wesentlichen auf (eigenfinanzierten) Einzahlungen in die Sozialversicherung in der DDR (einzelunternehmerische Tätigkeit als selbstständiger Handwerksmeister).

Das FA meinte, es liege eine Überversorgung vor; spätestens ab dem Jahr 1995 hätte eine Anpassung der Versorgungszusage erfolgen müssen. Die Überversorgungsgrenze ermittelte es wie folgt:

Steuerpflichtiges Brutto im letzten aktiven Arbeitsjahr (2005), davon 75 %; abzüglich Sozialversicherungs-Rente und Direktversicherungs-Rente = maximale Betriebsrente (Überversorgungsgrenze).

Die Pensionsrückstellung für die Versorgung des C sei innerbilanziell zu korrigieren (2005: 151.458 EUR; 2006: 151.958 EUR; 2007: 152.909 EUR). Von den an C ausgezahlten Pensionsleistungen (2006: 30.677 EUR; 2007: 36.813 EUR) sei ein Teilbetrag i.H.v. 10.135 EUR (2006) sowie 12.163 EUR (2007) als vGA dem Einkommen der Klägerin hinzuzurechnen. Im Übrigen sei eine private Nutzung des Kfz als vGA zu behandeln (2005 und 2006: je 4.648 EUR).

Das FG hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2.12.2014, 6 K 6045/12, Haufe-Index 7553409, EFG 2015, 321).

 

Entscheidung

Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Das "Rüttelurteil" des FG gegen die sog. Überversorgungs-Rechtsprechung war nicht erfolgreich. Der BFH hat die von mehreren Senaten getragene Rechtsprechung auf der Grundlage der in der Literatur geäußerten und vom FG gestützten Kritikpunkte einer nochmaligen Prüfung unterworfen und keine hinreichende Veranlassung für eine Aufgabe der langjährigen Rechtsprechung (auf die sich die Rechtspraxis eingestellt hat) gesehen. Ob sich die Kritik wenigstens mit dem Gedanken anfreundet, dass Rechtsprechungskontinuität auch einen Wert hat, bleibt abzuwarten. Jedenfalls dürfte die Prognose, dass sich diese Entscheidung auch auf das noch beim BFH anhängige Revisionsverfahren I R 91/15 auswirken könnte (soweit es dort ebenfalls um "Überversorgung" geht), nicht als abwegig einzuschätzen sein.

2. Im Einzelnen:

  • § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 (und Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 4) EStG stellt eine ausreichend klare Rechtsgrundlage für die Überversorgungs-Rechtsprechung dar. Es geht um die Berechnung des Rückstellungsteilwerts nach dem sog. Stichtagsprinzip – eine Höherbemessung, die als Vorwegnahme künftiger Entwicklungen a...

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