Leitsatz

1. Vereinbaren Ehegatten zur Regelung der Vermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit ihrer Scheidung, dass sie vorerst Miteigentümer des weiterhin von einem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind genutzten Wohnhauses bleiben, und erhält der nutzende Ehegatte ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht für den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten, ist ein nach der Scheidung aufgrund des Ankaufsrechts erfolgter Erwerb vom früheren Ehegatten nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei.

2. § 3 Nr. 5 GrEStG begünstigt nicht den Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 5 GrEStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin und ihr früherer Ehemann (E) waren je zur Hälfte Miteigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das nach dem Auszug des E weiterhin von der Klägerin und dem gemeinsamen Sohn der Eheleute genutzt wurde. Die Ehe wurde 1991 geschieden.

Am 07.05.1990 schlossen die Klägerin und E im Hinblick auf die damals bereits beabsichtigte Scheidung einen notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag. Darin vereinbarten sie, dass es hinsichtlich des Grundstücks vorerst bei den bestehenden ­Eigentumsverhältnissen bleiben sollte. E räumte, auch mit Wirkung gegenüber seinen Rechtsnachfolgern, der Klägerin das Recht ein, seinen Miteigentumsanteil zu kaufen, sobald sie dies verlangte. Als Kaufpreis war der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts geltende hälftige Verkehrswert des Gesamtobjekts vereinbart. Sollten sich die Beteiligten darüber nicht einigen können, sollte der Kaufpreis durch ein Schiedsgutachten eines von der Industrie- und Handelskammer zu bestellenden vereidigten Sachverständigen mit bindender Wirkung für alle Beteiligten festgestellt werden. Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und in das Grundbuch eingetragen. E bestellte außerdem zugunsten der Klägerin ein Nießbrauchsrecht an seinem Miteigentumsanteil. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, war bis zum Tod des Längstlebenden der Miteigentümer ausgeschlossen.

E verstarb am 23.05.2003. Er wurde von seiner zweiten Ehefrau (K) beerbt.

Im Rahmen eines Zivilprozesses einigte sich die Klägerin mit K auf einen Kaufpreis für den Miteigentumsanteil von 75 000 EUR. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 12.04.2005 übertrug K der Klägerin den Miteigentumsanteil. Das FA setzte für diesen Erwerbsvorgang GrESt von 2 625 EUR gegen die Klägerin fest.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin eine Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 5 GrEStG u.a. deshalb beanspruchte, weil sie das Ankaufsrecht bereits wirksam gegenüber E ausgeübt habe, blieben ohne Erfolg. Das FG (FG Köln, Urteil vom 01.08.2008, 5 K 1751/06, Haufe-Index 2197548, EFG 2009, 1485) ging davon aus, dass die personenbezogenen Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt seien, weil die Klägerin den Miteigentumsanteil nicht von E, sondern von seiner Rechtsnachfolgerin K erworben habe. Auch wenn die Ausübung des Ankaufsrechts keiner Form bedurft habe, sei es dazu vor dem Ableben des E wegen der fehlenden Einigung über den Kaufpreis nicht gekommen.

 

Entscheidung

Das sah der BFH jetzt aus den unter Praxis-Hinweise genannten Gründen anders, hob das FG-Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Wird ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht über ein Grundstück wirksam ausgeübt, so liegt ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang vor, der es dem Ankaufsberechtigten ermöglicht, das Grundstück unter den vereinbarten Voraussetzungen kaufen zu können. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag den Kaufpreis nicht genau beziffert, sondern nur Ermittlungsmaßstab und -methode vorgibt. Im Streitfall lag ein aufschiebend bedingt vereinbartes Ankaufsrecht vor. Es stellte sich nach den konkreten Vertragsbedingungen zunächst die Frage, ob die Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerin bei einer Einigung mit ihrem früheren Ehemann E über die Höhe des Verkehrswerts des Miteigentumsanteils zivilrechtlich wirksam war. Das hatte das FG so gesehen und dem ist der BFH nunmehr entgegengetreten, weil aus seiner Sicht Feststellungen dazu fehlten, ob die Klägerin das Ankaufsrecht gegenüber E vor dessen Tod tatsächlich ausgeübt und damit einen Anspruch auf Übereignung des Miteigentumsanteils erworben hatte. Schon deshalb schickte der BFH den Fall zurück.

2. Der BFH gab dem FG allerdings detaillierte Hinweise, wie der Streitfall je nach dem Ergebnis der nachzuholenden Feststellungen zu lösen wäre: Ließe sich eine Ausübung des Ankaufsrechts gegenüber E feststellen, so läge ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vor und würde sich dann die weitere (und vom BFH in der "Segelanleitung" bejahte) Frage stellen, ob dieser nach § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei wäre. Ansonsten wäre die Besteuerung rechtmäßig und griffe § 3 Nr. 5 GrEStG nicht ein, weil dann ein nicht privilegierter Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten vorläge.

3. Wa...

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