Leitsatz

1. Einer Mitteilung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG bedarf es, wenn die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zunächst vorgelegen haben und sodann in einem späteren Wirtschaftsjahr weggefallen sind. Dies gilt auch für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen aufgrund einer Gesetzesänderung entfallen sind (Anschluss an BFH-Urteil vom 29. März 2007, IV R 14/05, BFHE 217, 525, BStBl II 2007, 816).

2. Haben die Voraussetzungen zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen dagegen von Anfang an nicht vorgelegen, bedarf es auch dann keiner Mitteilung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn das FA die Gewinnermittlung nach § 13a EStG jahrelang nicht beanstandet hat. Ein schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen in den (vorübergehenden) Fortbestand der für ihn günstigen, aber fehlerhaften Verwaltungspraxis besteht nicht.

 

Normenkette

§ 13a Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 5 Satz 1, § 4 Abs. 1, Abs. 3 EStG, § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BewG, § 141, § 162 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin bewirtschaftete im Streitjahr 2011 einen reinen Weinbaubetrieb. Die Weinbaufläche betrug 38,42 Ar. Sie ermittelte ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG. Wirtschaftsjahr war der Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni. Für die Wirtschaftsjahre 2010/2011 und 2011/2012 ermittelte die Klägerin ihren Gewinn wie in den Jahren zuvor nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 EStG. Dem folgte das FA nicht. Es schätzte den Gewinn für diese Jahre vielmehr nach § 4 Abs. 3 EStG und erhöhte ihn entsprechend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das FG statt. Zwar sei es unstreitig, dass der Gewinn aus dem Weinbaubetrieb der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 nach objektiver Rechtslage nicht nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG, sondern nach § 4 Abs. 3 EStG oder durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln sei. Das FA sei jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht berechtigt gewesen, für vergangene Wirtschaftsjahre eine Gewinnermittlung nach allge­meinen Grundsätzen (§ 4 EStG) zu verlangen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.2014, 5 K 2518/13, Haufe-Index 8576482).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit, dass die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 im Streitjahr nicht vorlagen. Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH, der der erkennende Senat folgt, setzt die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG bis zur Neufassung der Vorschrift durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz vom 22.12.2014 (BGBl 2014 I S. 2417) und damit bis einschließlich dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 voraus, dass zu dem Betrieb der LuF selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören. Dies ist nicht der Fall ist, wenn sich die Tätigkeit auf eine Sondernutzung (wie beispielsweise den Weinbau, vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BewG) beschränkt (BFH, Urteil vom 14.4.2011, IV R 1/09, BFH/NV 2011, 1336, m.w.N.; BFH, Urteil vom 13.12.2012, IV R 51/10, BFH/NV 2013, 1005, BFH/PR 2013, 222; BFH, Beschluss vom 14.4.2011, IV B 57/10, BFH/NV 2011, 1331).

2. Liegen die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vor und ist der Steuerpflichtige vom FA darauf hingewiesen worden (§ 13a Abs. 1 Satz 2 EStG) oder ist ein solcher Hinweis nicht erforderlich, hat er seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Fehlt es an den hierfür erforderlichen Unterlagen, sind die Finanzbehörden gemäß § 162 AO zur Schätzung des streitbefangenen Gewinns befugt.

3. Einer Mitteilung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG bedarf es, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 EStGzunächst vorgelegen haben und in einem späteren Wirtschaftsjahr weggefallen sind. In diesem Fall führt der Wegfall der Voraussetzungen allein grundsätzlich noch nicht dazu, dass die Gewinnermittlung nicht mehr nach Durchschnittssätzen vorzunehmen ist. Erst die Mitteilung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG schließt als rechtsge­staltender Verwaltungsakt konstitutiv die Möglichkeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für die der Bekanntgabe der Mitteilung nachfolgenden Wirtschaftsjahre aus. Dies gilt auch für den Fall der Änderung der Voraussetzungen für die Anwendung des § 13a EStG – wie anlässlich einer Gesetzesneufassung – und soll der Rechtssicherheit dienen (BFH, Urteil vom 29.3.2007, IV R 14/05, BFH/NV 2007, 1750).

4. Haben die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, können sie auch nicht i.S.v. § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG"weggefallen" sein. Einer besonderen Mitteilung des FA nach § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG bedarf es daher dann nicht, wenn die Voraussetzungen zur Gewinnermittlung...

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