Leitsatz

Die Haftung des Abtretungsempfängers (Factors) für Umsatzsteuer nach § 13c UStG ist nicht ausgeschlossen, wenn er dem Unternehmer, der ihm die Umsatzsteuer enthaltende Forderung abgetreten hat, im Rahmen des sog. echten Factorings liquide Mittel zur Verfügung gestellt hat, aus denen dieser seine Umsatzsteuerschuld hätte begleichen können.

 

Normenkette

§ 13c UStG, Art. 21 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 6. EG-RL, Art. 193, Art. 205 EG-RL 112/2006, § 44, § 48 Abs. 1, § 191 Abs. 1 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

In einem "Factoring-Vertrag" trat die B sämtliche bestehenden und künftig entstehenden Forderungen aus ihren Warenlieferungen und/oder Dienstleistungen gegenüber ihren Abnehmern an die A ab. Die in dem Vertrag als "Factor" bezeichnete A übernahm eine Kreditrisikogarantie, "belehnte" die ihr genehmen, unbestrittenen Forderungen unter näher bezeichneten Bedingungen bis maximal 80 %, bewertete die aktuellen Debitorenforderungen der B und setzte deren Belehnungswert täglich neu fest. Der Vertrag enthält ferner Regelungen zu Gebühren und zum Zinssatz.

Dem Vertrag entsprechend finanzierte A, die aufgrund der vereinbarten Kreditrisikogarantie das Risiko eines bonitätsbedingten Forderungsausfalls alleine trug, die abgetretenen Forderungen der B zu 80 % vor. Die restlichen 20 % zahlte A abzüglich Zinsen, Factoringkommissionen und ‐gebühren bei Bezahlung durch die Debitoren an B aus.

Das FA nahm die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A in Höhe der Umsatzsteuer aus den von der B an die A abgetretenen und von dieser in voller Höhe vereinnahmten Forderungen gemäß § 13c UStG in Haftung.

Das FG gab der Klage statt (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 20.3.2013, 14 K 3142/10).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klageabweisung.

Der BFH legte zur Begründung u.a. dar, der Wortlaut des § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG, der hinsichtlich der "Abtretung" keine Einschränkungen enthalte, umfasse nicht nur die Sicherungsabtretung, sondern alle Formen der Abtretung einschließlich derjenigen im Rahmen eines "echten" Factorings wie im Streitfall.

Jedenfalls dann, wenn der Factor – wie hier – die abgetretenen, ihm genehmen sowie unbestrittenen und nicht zahlungsgestörten Forderungen mit 80 % ihres Gegenwerts vorfinanziert und die restlichen 20 % abzüglich Zinsen, Factoringkommissionen und ‐gebühren an den leistenden Unternehmer auskehrt, komme auch in Fällen des "echten" Factorings eine Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG in Betracht. Denn insoweit habe das "echte" Factoring – ebenso wie eine mit abgetretenen Forderungen gesicherte Kreditgewährung – eine Finanzierungsfunktion. Ziehe der Factor in diesem Fall die an ihn abgetretenen nicht zahlungsgestörten Forderungen einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer ein, um hierdurch wiederkehrend den planmäßigen Rückfluss der gewährten Bevorschussung sowie die ihm verbleibenden Zinsen, Kommissionen und Gebühren zu erlangen, führe dies wie beim Einzug sicherungsabgetretener Forderungen gleichermaßen zu Umsatzsteuerausfällen, wenn der abtretende Unternehmer finanziell nicht mehr in der Lage ist, die von ihm geschuldete Umsatzsteuer zu entrichten.

Die Haftung des Abtretungsempfängers in Fällen, in denen – wie hier – dem Factor hinsichtlich des Rückflusses der gewährten Bevorschussung sowie der Zinsen, Kommissionen und Gebühren eine abtretungsbedingte Bevorrechtigung verschafft wird, entspreche dem Regelungszweck des § 13c UStG, der darin bestehe, Umsatzsteuerausfälle zu vermeiden und insofern eine "Garantiehaftung" zu begründen.

Soweit die Finanzverwaltung in Abschn. 13c.1 Abs. 27 Satz 1 UStAE davon ausgehe, dass in den Fällen des Forderungsverkaufs die abgetretene Forderung nicht durch den Abtretungsempfänger i.S.v. § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG als vereinnahmt gilt, "soweit der leistende Unternehmer für die Abtretung der Forderung eine Gegenleistung in Geld vereinnahmt (z.B. bei entsprechend gestalteten Asset-Backed-Securities (ABS‐)Transaktionen)", handele es sich hierbei um eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung, die – falls mit dieser Regelung auch Fälle der vorliegenden Art erfasst werden sollen – die Gerichte nicht binde.

 

Hinweis

Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStGan einen anderen Unternehmer (Abtretungsempfänger) abgetreten hat und (später) die festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger nach Maßgabe des § 13c Abs. 2 UStGfür die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, soweit sie in dem von ihm vereinnahmten Betrag enthalten ist (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG). Soweit der Abtretungsempfänger die Forderung an einen Dritten abgetreten hat, gilt sie in voller Höhe als von ihm vereinnahmt (§ 13c Abs. 1 Satz 3 UStG).

Gemäß § 13c Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Abtretungsempfänger ab dem Zeitpunkt in Anspruch zu ne...

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