Leitsatz

Nach den Vorschriften des EStG bemessene AfA für Wirtschaftsgüter ist in voller Höhe bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 GewStG zu berücksichtigen, wenn der Zeitpunkt des Beginns der AfA mit dem Zeitpunkt des Beginns des Gewerbebetriebs zusammenfällt.

 

Normenkette

§ 7, § 10a GewStG, § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 S. 2 EStG, § 44 Abs. 2 S. 3 EStR

 

Sachverhalt

Eine Fonds-KG hatte aufgrund der 1997 entgeltlich erworbenen Konzeption eines Windparks zwei Windkraftanlagen erworben (Auftrag zur Lieferung im März 1998). Mit der Erstellung des Projekts wurde im Juli 1998 ein externes Unternehmen beauftragt. Nach einem erfolgreichen Probebetrieb im Dezember 1998 wurde der Windpark zum 31.12.1998 übergeben.

Die KG behandelte den Windpark als ein einheitliches Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von 12 Jahren und beanspruchte für 1998 die Hälfte der degressiven Jahres-AfA sowie eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG a.F. von 20 %. Das FA ging von sechs Wirtschaftsgütern mit unterschiedlichen Nutzungsdauern aus; eines der Wirtschaftsgüter sollte ein entgeltlich erworbener "Standortvorteil" sein.

Das FG ordnete die Kosten den Wirtschaftsgütern davon abweichend zu, ging teilweise von anderen Nutzungsdauern aus und gab der Klage teilweise statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.09.2009, 2 K 495/05 und 2 K 496/05, Haufe-Index 2255852, EFG 2010, 200).

 

Entscheidung

Die Revision des FA wies der BFH zurück. Ausgehend von den mit Urteil vom gleichen Tag IV R 46/09 (BFH/NV 2011, 1232, BFH/PR 2011, 300) aufgestellten Grundsätzen sei der Windpark in drei Wirtschaftsgüter zu gliedern, die einheitlich nach der für die Windkraftanlage geltenden Nutzungsdauer (damals 12 Jahre) abzuschreiben seien. Danach ergebe sich ein noch höherer Verlust als vom FG angesetzt, der aber im Verfahren über die vom FA erhobene Revision nicht zu berücksichtigen sei. Für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts sei der im Rahmen der Gewinnfeststellung ermittelte Verlust unverändert zu übernehmen. Dies gelte entgegen der Ansicht des FA auch für die gesamten Abschreibungen.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft drei Aspekte, von denen zwei auch Gegenstand anderer Urteile des BFH vom selben Tag waren. Auf diese Urteile verweist der BFH in der hier besprochenen Entscheidung. Es handelt sich um das Urteil IV R 15/09 (BFH/NV 2011, 1239, BFH/PR 2011, 298) zur Behandlung von Kosten bei der Auflegung eines Fonds als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Investitionsgegenstands sowie das Urteil IV R 46/09 (BFH/NV 20110, 1232, BFH/PR 2011, 300) zur Abschreibung von Windparks.

2. Eigenständige Bedeutung hat das hier besprochene Urteil in Bezug auf die Frage, ob Abschreibungen auch dann nach einkommensteuerlichen Maßstäben für die Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen sind, wenn die sachliche Gewerbesteuerpflicht nicht während des gesamten Gewinnermittlungszeitraums bestand, sondern erst später begonnen hat.

Der GewSt unterliegt ein Betrieb erst, wenn die werbende Tätigkeit aufgenommen worden ist; Vorbereitungshandlungen werden gewerbesteuerlich nicht berücksichtigt. Daraus hatte das FA geschlossen, dass für die GewSt eine einkommensteuerlich nicht streng pro rata temporis gewährte Abschreibung nur anteilig bezogen auf den Zeitraum nach gewerbesteuerlicher Betriebseröffnung anzuerkennen sei. Dies betraf im Urteilsfall noch die frühere Vereinfachungsregelung nach R 44 Abs. 2 S. 3 EStR, wonach AfA entweder für ein halbes oder ein ganzes Jahr zu gewähren war. Betroffen sind aber auch alle Sonderabschreibungen, die als Jahresbetrag gewährt werden.

Der BFH lehnt diese enge Auslegung der Finanzverwaltung ab. Wenn die einkommensteuerliche Abschreibung an die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts anknüpft und der dafür maßgebliche Zeitpunkt nicht früher liegt als der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht, ist die ertragsteuerliche Abschreibung auch vollständig bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen.

Keine Aussage enthält das Urteil zu der Frage, wie bei einer früher stattfindenden Investition zu verfahren ist. M.E. sind zumindest wahlweise gewährte Abschreibungen, die nicht zeitbezogen berechnet werden (insbesondere also Sonderabschreibungen), auch in einem solchen Fall gewerbesteuerlich voll abziehbar. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Gewinnminderung ist die Ausübung des Wahlrechts bei Aufstellung der Bilanz, also ein Zeitpunkt nach der gewerbesteuerlichen Betriebseröffnung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.04.2011 – IV R 52/09

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