Leitsatz

1. Ein Unternehmer kann ein Investitionsgut, das er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke erwirbt, in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen.

2. Die Veräußerung eines Investitionsguts, das der Unternehmer in vollem Umfang seinem Unternehmensvermögen zugeführt hat und das er sowohl unternehmerisch als auch privat nutzt, unterliegt in vollem Umfang der Umsatzsteuer. Hat der Unternehmer nur den unternehmerisch genutzten Teil des Gegenstands dem Unternehmensvermögen zugeführt, unterliegt nur die Veräußerung dieses Teils der Umsatzsteuer. Der Umstand, dass der Unternehmer den Gegenstand gebraucht von einem Nichtunternehmer erworben hat und daher nicht die auf ihm lastende restliche Vorsteuer abziehen konnte, ist insoweit ohne Bedeutung. Entnimmt der Unternehmer jedoch einen solchen Gegenstand, der nicht zum Abzug der Umsatzsteuer berechtigt hat, aus seinem Unternehmen, so ist es daher unzulässig, die Entnahme zu besteuern. Wenn der Unternehmer den Gegenstand später veräußert, so ist diese Leistung seinem privaten Bereich zuzurechnen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 , § 15 Abs. 1 UStG 1980 , Art. 2 , Art. 4 , Art. 5 und , Art. 6 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger war Transportunternehmer und verwendete 1990 für sein Unternehmen einen Pkw, den er ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit von einem Privaten erworben hatte. Er nutze das Fahrzeug, das er seinem Privatvermögen zugeordnet wissen wollte, zu 70 % für unternehmerische Zwecke. Aus einer Reparaturrechnung für eine an dem Pkw durchgeführte Reparatur machte er den Vorsteuerabzug geltend. Noch in 1990 veräußerte er den Pkw, den Erlös unterwarf das FA der Umsatzsteuer.

 

Entscheidung

Auf Vorlage des BFH hat der EuGH dem Kläger ein umfassendes Zuordnungswahlrecht eingeräumt und ihm damit trotz der unternehmerischen Nutzung zu 70 % die Zuordnung insgesamt zum Privatvermögen gestattet. Damit war der spätere Verkauf nicht umsatzsteuerbar.

Gleichzeitig lehnte er alleine wegen des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs aus der Reparaturrechnung die zwingende Zuordnung des Pkws zum Unternehmensvermögen ab. Hätte er dagegen den Pkw ganz dem Unternehmensvermögen zugeordnet, wäre der spätere Verkauf insgesamt steuerpflichtig gewesen. Nur eine Entnahme hätte wegen des nicht gewährten Vorsteuerabzugs aus dem Erwerb die Umsatzsteuer verhindert. Ein dann später erfolgter Verkauf wäre wiederum ohne umsatzsteuerliche Folgen geblieben.

 

Hinweis

Gerade durch die Rechtsprechung des EuGH hat das sog. Zuordnungswahlrecht des Unternehmers Eingang in das deutsche Umsatzsteuerrecht gefunden. Nutzt ein Unternehmer danach einen Gegenstand sowohl unternehmerisch als auch privat und ist wegen § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG der Umfang der unternehmerischen Nutzung nicht kleiner als 10 %, so kann der Unternehmer grundsätzlich frei entscheiden, ob und mit welchem Anteil er den Gegenstand seinem Unternehmensvermögen zuordnen will. Für den Fall, dass er trotz einer unternehmerischen Nutzung den Gegenstand ganz seinem Privatvermögen zuordnen will, hat der BFH ernstliche Zweifel an einem so weitgehenden Zuordnungswahlrecht geäußert und dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt.

Nunmehr hat der EuGH für Klarheit gesorgt und ganz im Sinn einer praktikablen Handhabung dem Unternehmer ein auch insoweit zustehendes Wahlrecht eingeräumt. Jede andere Beurteilung hätte in der Praxis zu unübersehbaren Schwierigkeiten geführt und die Einführung einer Zwangseinlage begründet.

Darüber hinaus hat der EuGH der Auffassung der Verwaltung eine Absage erteilt, alleine der spätere Vorsteuerabzug bei Ausgaben im Zusammenhang mit dem Gegenstand, z.B. für Wartung, Reparatur und Pflege, begründe die Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmensvermögen. Diese Aufwendungen stellen nur Aufwendungen für den Gebrauch und den Erhalt des Gegenstands, nicht aber für die Lieferung des Investitionsguts selbst dar.

Hat der Unternehmer aber den Gegenstand insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordnet, dann führt ein späterer Verkauf insgesamt zur Umsatzsteuer. Hier gilt – insoweit ebenfalls vom EuGH ausdrücklich bestätigt: erst entnehmen, dann veräußern. Die Entnahme ist wegen des mangelnden Vorsteuerabzugs nicht steuerbar, § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG, der spätere Verkauf erfolgt in der Privatsphäre.

Achten Sie aber bitte darauf, dass eine Zuordnung zum Privatvermögen in der Regel bei einem gemischt genutzten Grundstück – im Unterschied vor allem zu Pkws – wenig Sinn macht. Hier wird bei einer späteren Nutzungsänderung die Möglichkeit einer Vorsteuerberichtigung ausgeschlossen, ein späterer Verkauf kann über die zulässige Teiloption erfolgsneutral abgewickelt werden.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 8.3.2001, Rs. C-415/98

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