Leitsatz

Bei einem Betrieb gewerblicher Art in der Form des Regiebetriebs führen in 2001 erzielte Gewinne nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG, die der Kapitalertragsteuer unterliegen (Bestätigung des BFH-Urteils vom 11. Juli 2007, I R 105/05, BFHE 218, 327, BStBl II 2007, 841). Werden solche Gewinne in Rücklagen eingestellt, führt deren spätere Auflösung zu außerbetrieblichen Zwecken ebenfalls nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Nr. 6, § 44 Abs. 1 und Abs. 6, § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG, § 119 Abs. 1, § 164 Abs. 2, § 167 Abs. 1 Satz 1, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 4 AO, § 4, § 27 Abs. 1 und Abs. 7 KStG, § 20 UmwStG a.F.

 

Sachverhalt

Die Klägerin unterhielt im Streitjahr 2001 einen BgA in der Form des Regiebetriebs. Der BgA legte zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns für die Jahre 2001 und 2002 Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen vor, deren Positionen aus der kameralistischen Buchführung abgeleitet worden waren. Danach erzielte der BgA zum 31.12.2001 einen Jahresüberschuss, der als Kapitalrücklage ausgewiesen wurde. Für das Rumpfgeschäftsjahr 2002 (1. bis 6.1.2002) ergab sich unter Berücksichtigung einer nur handelsrechtlich zulässigen Instandhaltungsrückstellung gemäß § 249 Abs. 2 HGB ein Jahresüberschuss. Die ausgewiesene Kapitalrücklage blieb unverändert.

Für das Jahr 2002 meldete die Klägerin am 30.10.2002 unter Verweis auf die Zuführung des Jahresüberschusses 2001 zu den Rücklagen Kapitalerträge i.H.v. 0 EUR an. Für das Jahr 2003 meldete die Klägerin in 2003 den Jahresüberschuss 2002 zur Kapitalertragsteuer an. Daraus folgte eine Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag.

Mit notarieller Urkunde vom 7.1.2002 brachte die Klägerin den BgA gemäß § 20 UmwStG im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu Buchwerten in die F-GmbH ein. Einzige Gesellschafterin der F-GmbH war die Klägerin.

Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass mit der Einbringung des BgA in die F-GmbH dessen gesamtes Vermögen in den hoheitlichen Bereich übergegangen sei. Hinsichtlich des Jahresüberschusses 2001 habe die Einbringung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG zu einer Auflösung der aus diesem Jahresüberschuss gebildeten Neurücklage geführt. Der Jahresüberschuss 2002 habe entweder als laufender Gewinn des Jahres 2002 oder ebenfalls als mit der Einbringung aufgelöste Neurücklage die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG erfüllt. Das FA erließ daraufhin für den Anmeldungszeitraum 2002 einen auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer, mit dem es Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag festsetzte. In den Erläuterungen verwies es auf den Betriebsprüfungsbericht. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin schulde die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag gleichermaßen als Schuldnerin und Gläubigerin der Kapitalerträge. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der hiergegen erhobenen Klage teilweise statt (FG Münster, Urteil vom 14.11.2012, 10 K 3378/09 Kap, Haufe-Index 3598214, EFG 2013, 619).

 

Entscheidung

Der BFH hat sowohl die Revision der Klägerin als auch des FA als im Ergebnis unbegründet zurückgewiesen. Das FG hatte nach seiner Auffassung zu Recht entschieden, dass der angefochtene Nachforderungsbescheid rechtswidrig war, soweit darin Kapitalertragsteuer für einen anderen Sachverhalt als den laufenden Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres 2002 festgesetzt worden war.

 

Hinweis

1. Im vorliegenden Streitfall stellte sich die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG für die im Jahr 2001 erzielten Gewinne eines Betriebs gewerblicher Art (BgA). Die Regelung führt dazu, dass der BgA Rücklagen bilden kann, die bis zu ihrer Auflösung die Kapitalertragsteuer mindern.

Nach § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG auf Gewinne anwendbar, die nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres erzielt werden, für welches das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des StSenkG erstmals anzuwenden ist. Der körperschaftsteuerliche Systemwechsel des StSenkG ist zum 1.1.2001 eingetreten. Danach findet § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG erstmals auf die laufenden Gewinne ab dem Jahr 2002 Anwendung. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Dass die Kapitalertragsteuer nach § 44 Abs. 6 Satz 2 EStG erst ein Jahr später anzumelden ist, ist unerheblich.

2. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die im Jahr 2001 – zu Unrecht – gebildete Rücklage anlässlich der Einbringung wieder aufgelöst wurde. Gewinne des Jahres 2001, die wegen § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG steuerpflichtig gewesen wären, können auch im Fall einer – unzulässigen – Einstellung in die Rücklagen und deren spätere Au...

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