Leitsatz

Auch wenn die E-Mail-Adresse des Finanzgerichts auf der Homepage des Gerichts zusammen mit dem Hinweis veröffentlicht ist, dass die Homepage zumindest derzeit nicht dazu gedacht sei, Klagen, Schriftsätze usw. an das Finanzgericht zu leiten, und dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Übersendung elektronischer Dokumente (i. S. d. § 52a FGO) noch nicht geschaffen seien, kann ein per E-Mail an diese Mailadresse übermittelter Datensatz, der im Anhang eine "unterzeichnete" Klageschrift im jpg-Format enthält, dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO genügen.

 

Sachverhalt

Im Streitfall sandte der Steuerpflichtige eine E-Mail an das Finanzgericht, in deren Anhang sich mehrere Bilddateien im "jpg"-Format befanden, wovon eine die vom Steuerpflichtigen unterschriebene und sodann eingescannte Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005 enthielt. Die E-Mail-Adresse des Finanzgerichts ist auf der Homepage des Finanzgerichts zusammen mit dem Hinweis veröffentlicht, dass die Homepage - zumindest derzeit - nicht dazu gedacht sei, Klagen, Schriftsätze o. ä. an das Finanzgericht zu leiten. Hierzu seien die rechtlichen Voraussetzungen noch nicht geschaffen. Der Steuerpflichtige hat beantragt, seine Klage als zulässig zu erachten, da er der Auffassung ist, die Klageerhebung sei nicht per E-Mail erfolgt, da das Gericht im E-Mail-Anhang eine Kopie der handschriftlich unterschriebene Klage erhalten habe. Diese Form sei der Übertragung per Telefax gleichgestellt.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Klage zulässig ist, der per E-Mail übermittelte Schriftsatz des Steuerpflichtigen dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO genügt und die Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO gewahrt wurde. Dabei bewirkte jedoch erst der vollständige Ausdruck des E-Mail-Anhangs mit der Bezeichnung "KL1 001.jpg" (Klageerhebung) eine formwirksame Klageerhebung. Denn die E-Mail stellt ein elektronisches Dokument dar, für welches § 52a FGO u. a. bestimmt, dass ein solches "nur" dann (wirksam) übermittelt werden kann, wenn dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder Landesregierung zugelassen wurde. Eine solche Rechtsverordnung war für den Zuständigkeitsbereich des Finanzgerichts (noch) nicht geschaffen. Die Klage war daher nicht gemäß § 52a Abs. 2 FGO zu dem Zeitpunkt eingegangen, als es von der für den Empfang bestimmten Einrichtung - dem Server mit dem eingerichteten E-Mail-Postfach - aufgezeichnet worden ist. Der in der Geschäftsstelle des Gerichts erzeugte Ausdruck des E-Mail-Anhangs genügte jedoch dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO. Denn dieser verkörpert die Klageerhebung, schließt mit einer Unterschrift ab und unterscheidet sich insofern nicht von einem Telefax.

 

Hinweis

Mit der Einrichtung einer E-Mail-Adresse hatte das Finanzgericht eine Möglichkeit geschaffen, die - elektronisch übermittelte - Klageerhebung in schriftlicher Form einzureichen. Anders als beim Telefax, bei dem der Übermittler davon ausgehen kann, dass die körperliche Urkunde unmittelbar bei oder nach der Übermittlung dem Gericht auch tatsächlich vorliegt, trägt der Absender bei der E-Mail-Übermittlung jedoch das Risiko dafür, dass die Urkunde fristgerecht ausgedruckt wird, denn allein die Aufzeichnung des E-Mail-Eingangs auf dem Server des Gerichts stellt noch keine wirksame Klageerhebung dar, wenn die Voraussetzungen des § 52a FGO nicht erfüllt sind.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, ob ein per E-Mail übermittelter Datensatz, der im Anhang eine "unterzeichnete" Klageschrift im "jpg"-Format enthält, dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO genügt oder ob die Wirksamkeit der Klageerhebung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 52a FGO abhängig ist.

 

Link zur Entscheidung

FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 09.10.2015, 2 K 1323/15

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