Rz. 12

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG gilt als Gegenleistung bei der Enteignung die Entschädigung. Diese kann sowohl als Barentschädigung (z. B. § 99 BauGB) oder in Form einer Landentschädigung (z. B. §§ 9, 100 BauGB) gewährt werden. Auch andere Entschädigungsformen, wie z. B. die Begründung eines Rechts, sind denkbar.

Als Entschädigungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG sind nur solche Leistungen anzusehen, die aufgrund der Enteignung erbracht werden bzw. zu erbringen sind. An dem insoweit erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Enteignung mangelt es z. B. (teilweise), wenn mit der Entschädigung (auch) bereits vor der Enteignung verursachte bzw. bestehende Schäden abgedeckt werden sollen (vgl. BFH v. 2.6.2005, II R 6/04, BStBl II 2005, 651). Als Gegenleistung sind deshalb zunächst nur die unmittelbar für den Erwerb des enteigneten Grundstücks aufgewendeten Beträge anzusehen einschließlich etwaiger sonstiger Leistungen, die der Enteignungsberechtigte gegenüber dem Enteigneten erbringt (BFH v. 5.2.1975, II R 80/73, BStBl II 1975, 454). Teil der Bemessungsgrundlage sind auch die auf dem enteigneten Grundstück ruhenden und vom Enteignungsberechtigten übernommenen bzw. zu übernehmenden Grundstückslasten. Gegenleistung sind auch vom Enteignungsberechtigten entrichtete Entschädigungen für Aufwuchs und aufstehende Gebäude. Schließlich gehören zur Gegenleistung auch die Aufwendungen des Erwerbers für die Übernahme von Vermessungs- und Katasterkosten. Hiervon ausgenommen sind jedoch entsprechende Kosten, die wegen der erforderlichen Bezeichnung des zu enteignenden Grundstücks anfallen, weil diese ohnehin vom Enteignungsberechtigten zu tragen sind (vgl. BFH v. 5.2.1975, II R 80/73, BStBl II 1975, 454).

 

Rz. 12a

Wie sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 – 2. Halbs. – ergibt, werden von der Vorschrift auch freiwillige Veräußerungen von Grundstücken zur Vermeidung einer Enteignung erfasst. Eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung setzt voraus, dass bei Abschluss des entsprechenden Grundstückskaufvertrags die Enteignung des Grundstücks formell und materiell-rechtlich möglich war (vgl. BFH v. 30.1.1980, II R 44/77, BStBl II 1980, 362). Diese Voraussetzung ist stets erfüllt, wenn die zuständige Enteignungsbehörde bestätigt, dass die Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung erfolgt ist (vgl. bundeseinheitlich abgestimmte Ländererlasse zur Gegenleistung u. a. bei Grundstücksenteignungen und Grundstücksveräußerungen zur Vermeidung der Enteignung aus 2004, z. B. FinMin Baden-Württemberg v. 27.7.2004, 3 – S 4521/4, DStR 2004, 1609). Allerdings stellt eine solche Bestätigung der Enteignungsbehörde keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG dar (vgl. BFH v. 28.6.1989, II R 102/86, BStBl II 1989, 802).

 

Rz. 12b

Entschädigungsleistungen für Wertminderungen des nicht enteigneten Grundstücks gehören nach der ausdrücklichen Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 – 1. Halbs. – nicht zur Gegenleistung. Dies gilt nach S. 2 – 2. Halbs. – der Vorschrift auch dann, wenn ein Grundstück zur Vermeidung einer ernstlich drohenden Enteignung freiwillig veräußert wird. Diese Beschränkung wurde damit begründet, dass der Erwerber (Enteignungsberechtigte) für diese besondere Entschädigung keinen Gegenwert erhält. Nach früherer Rechtsauffassung sollten unter den Begriff der Wertminderung i. S. dieser Bestimmung auch Vermögensnachteile, wie z. B. Betriebseinschränkungen, hinsichtlich des Restgrundstücks zu subsumieren sein.

Dieser Rechtsauffassung ist der BFH aber nicht gefolgt. Danach ist die in § 9 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 GrEStG vorgegebene Nichtberücksichtigung von Entschädigungsleistungen ausschließlich auf Entgelte für Wertminderungen des Restgrundstücks beschränkt (vgl. BFH v. 2.6.2005, II R 6/04, BStBl II 2005, 651).

Hinsichtlich der Entschädigungen für Vermögensnachteile an anderen Wirtschafts- bzw. Vermögensgütern des Veräußerers gelten demzufolge die Grundsätze des allgemeinen Gegenleistungsbegriffs. Zur Gegenleistung gehören daher z. B. auch die vom Enteignungsberechtigten geleisteten Entschädigungen für eine Betriebseinschränkung bzw. -verlegung und etwaige weitere Folgekosten, wie z. B. für die Suche nach einem Ersatzstandort.

 

Rz. 12c

Nicht zur Gegenleistung gehören z. B. die nachfolgenden Entschädigungen bzw. Aufwendungen:

  • kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 9 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 GrEStG die besondere Entschädigung für eine Wertminderung des nicht enteigneten Grundstücks, soweit dieses zusammen mit dem enteigneten Grundstück eine wirtschaftliche Einheit bildet;
  • Entschädigungen für Zubehör (§ 97 BGB) oder Maschinen (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GrEStG), da mit ihnen nicht der Erwerb des Grundstücks entschädigt wird (vgl. BFH v. 2.6.2005, II R 6/04, BStBl II 2005, 651);
  • Entschädigungen durch vom Enteignungsberechtigten übernommene Ersatzvornahmen, wie z. B. Baumaßnahmen (vgl. bundeseinheitlich abgestimmte Ländererlasse zur Gegenleistung u. a. bei Grundstücksenteignungen u...

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